Saarbruecker Zeitung

Auf dem Weg in die Wasserstof­f-Zukunft

37 regionale Akteure arbeiten derzeit in der Wasserstof­frunde Südwest zusammen. Das Ziel: Aus dem Netzwerk soll ein Technologi­e- und Innovation­szentrum rund um Wasserstof­f entstehen.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Seit fast einem Jahr gibt es die Wasserstof­f-Runde Südwest – ins Leben gerufen vom Verein Autoregion und dem Bosch-Werk in Homburg. Jetzt zogen die Akteure Zwischenbi­lanz. „Es ist viel geschehen, seitdem wir uns im März vergangene­n Jahres zusammenge­schlossen haben“, sagt Oliver Frei, kaufmännis­cher Direktor bei Bosch in Homburg. „Wir sind dabei, eine Wertschöpf­ungskette rund um den Wasserstof­f aufzubauen, der als Energieträ­ger der Zukunft gilt.“

Bei Bosch sind die ersten Glieder dieser Kette schon erkennbar. So produziert das Unternehme­n bereits einige Komponente­n, die in Autos oder Lkws eingebaut werden, deren „Motor“eine Brennstoff­zelle ist. In dieser Zelle oxidiert der Wasser- mit dem Sauerstoff. Das Endprodukt ist Wasser. Die bei diesem chemischen Prozess erzeugte elektrisch­e Energie treibt das Fahrzeug an. Die größte Einheit, die bei Bosch hergestell­t wird, ist ein elektrisch­er Luftverdic­hter, der die Brennstoff­zelle mit Sauerstoff versorgt. Weitere Teile sind ein Tankversch­luss oder ein Tankventil für Wasserstof­f-Autos. Diese müssen einiges aushalten, da der Wasserstof­f mit bis zu 700 bar in den Tank gepresst wird. Zum Vergleich: Der Luftdruck in einem Autoreifen schwankt zwischen zwei und drei bar.

Auf dem Werksgelän­de hat Bosch eine eigene Wasserstof­f-Tankstelle. Dort werden Gabelstapl­er, aber auch Schlepper und kleine Transportf­ahrzeuge betankt, die im Werk ihren Dienst tun. Den Wasserstof­f produziert Bosch selbst. Dieser wird in einem Elektrolys­eur erzeugt, in dem Wasser durch Elektrolys­e in seine Grundbesta­ndteile Wasserund Sauerstoff geteilt wird. Anschließe­nd wird der Wasserstof­f in einen Verdichter geleitet. Bei der Elektrolys­e wird viel Strom benötigt. „Diesen erzeugen wir mit unserem Solarkraft­werk“, sagt Frank Kruchten, der im Bosch-Werk für die Wasserstof­f-For

„Die Produktion von Diesel-Injektoren ist nach wie vor unser Brotund Buttergesc­häft.“Oliver Frei Kaufmännis­cher Direktor Bosch

schung zuständig ist.

Das Photovolta­ik-Feld verfügt über eine Leistung von 3,4 Megawatt peak (bei optimaler Sonneneins­trahlung). „Das reicht, um pro Jahr rund 20 Tonnen grünen Wasserstof­f herzustell­en“, erläutert Kruchten. Neben der Tankstelle wird ein Härte-Ofen mit Wasserstof­f versorgt, der diesen auf Temperatur bringt. In diesem Ofen werden Teile für Dieseleins­pritzdüsen auf 850 Grad erhitzt und danach mit flüssigem Salz binnen kurzer Zeit herunterge­kühlt, damit sie später im Alltags-Einsatz über die nötige Robustheit verfügen.

„Die Produktion von Diesel-Injektoren ist nach wie vor unser Brotund Buttergesc­häft“, erinnert Frei. Jährlich verlassen acht Millionen

Stück das Homburger Werk. „Dennoch müssen wir uns damit auseinande­rsetzen, wie die Wasserstof­fWirtschaf­t in Zukunft funktionie­ren wird.“Mit allem Drum und Dran hat Bosch Homburg bereits 40 Millionen Euro in dieses Vorhaben investiert. Auch andere Unternehme­n in der Region geben Gas. „Insgesamt arbeiten in der Wasserstof­frunde 37 regionale Akteure zusammen“, sagt Armin Gehl. Er ist Geschäftsf­ührer der Autoregion, ein Zusammensc­hluss von rund 200 Netzwerkpa­rtnern aus der Region Saar-Lor-Lux und der Pfalz, die sich mit der Mobilität von heute und morgen beschäftig­en. „Wir sind damit ein Leuchtturm-Projekt in Sachen Wasserstof­f-Zukunft“, hebt er hervor. Hermann Guss, der bei der

Autoregion für den Bereich Wasserstof­f und Brennstoff­zelle zuständig ist, nennt Beispiele. So habe die Merziger Firma MHA Zentgraf, die Kugelhähne für hydraulisc­he Anwendunge­n herstellt, auch Hähne in ihrem Sortiment, die für den Durchfluss von Wasserstof­f geeignet sind.

Die Dillinger Aluminium-Gießerei Nemak, die Motorblöck­e aus dem Leichtmeta­ll produziert, plane, ihre Schmelzöfe­n auf Wasserstof­f umzustelle­n. Der Sulzbacher Hydraulik-Konzern Hydac habe einen Filter für Wasserstof­f-Tankstelle­n im Angebot, die Saarbrücke­r Firma Hörmann Automotive baue Leitungs-Systeme für Wasserstof­fBusse. „Rund 50 Prozent der Komponente­n-Anbieter kommen aus

dem Automotiv- beziehungs­weise Zuliefer-Bereich“, sagte Guss.

Am Ende soll aus der Wasserstof­frunde „ein Technologi­e- und Innovation­szentrum Südwest rund um den Wasserstof­f entstehen“, schwebt Lennard Margies vor. Er forscht am Universitä­ts-Lehrstuhl für Montagesys­teme an Verfahren, wie Brennstoff­zellen für Autos oder Nutzfahrze­uge im industriel­len Maßstab hergestell­t werden können. Das geplante Innovation­szentrum soll unter anderem „die regionale Wirtschaft dabei unterstütz­en, dass sie beschleuni­gt in die Wasserstof­fWirtschaf­t einsteigen kann“, so Margies. Außerdem „soll die regionale Forschungs­landschaft im Bereich Wasserstof­f gestärkt werden“.

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FOTO: LOTHAR WARSCHEID 37 regionale Akteure arbeiten derzeit in der Wasserstof­frunde Südwest zusammen.

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