Saarbruecker Zeitung

Was einen „Raubritter“an die Saar führte

Der 16. September 1562: Als Befehlshab­er eines Trupps von circa 300 berittenen Söldnern fällt Albrecht von Rosenberg in das Homburger Wildgehege ein, das erst kurz zuvor von dem Saarbrücke­r Grafen Johann IV. erweitert worden war. Wie kam es dazu?

- VON BRIAN-TIMMY ERBE Produktion dieser Seite: Isabelle Schmitt Markus Saeftel

Albrecht von Rosenberg (1519-1572) war kein Saarländer. Der Name seines Rittergesc­hlechts leitet sich vielmehr von einem badischen Dorf ab. Unter den weit verzweigte­n Besitztüme­rn und Lehen seiner Familie befanden sich Güter in der Kurpfalz und in den Regionen um Würzburg und Mainz. Einen Grund, in die Saarregion zu reisen, sucht man in der Biographie des „Raubritter­s“auf den ersten Blick allerdings vergeblich.

Ein näherer Blick auf den Freundeskr­eis des Niederadel­igen hilft hier weiter. Sein Hass auf den schwäbisch­en Städtebund schweißte ihn mit Herzog Christoph von Württember­g zusammen, dessen Vater durch den Bund ins Exil getrieben worden war. Getreu dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Den bekennende­n Lutheraner Albrecht von Rosenberg verband mit dem Herzog auch die Religion. Wenig über

raschend also, dass sich Albrecht noch kurz vor seinem Abstecher in den Osten der Saarregion im Dienst Christophs befand und für ihn mehrere hundert Reiter kommandier­te.

Als eifriger Verfechter der Lehre Luthers war Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücke­n ebenfalls ein Freund des württember­gischen Herzogs. Die beiden Glaubensge­nossen tauschten im regen Briefwechs­el untereinan­der Informatio­nen, Verwaltung­sdokumente und Ratschläge aus. Über diesen Weg dürfte Herzog Christoph auch Albrecht von Rosenberg als fähigen Söldnerfüh­rer in die Saarregion vermittelt haben. So kam der Ritter über Vitamin B in die Dienste Pfalz-Zweibrücke­ns.

An der Saar gab es zu dieser Zeit genug Zündstoff für Streitigke­iten. Die Grafen von Nassau-Saarbrücke­n und die Herzöge von Pfalz-Zweibrücke­n hatten im 15. Jahrhunder­t beide von dem Aussterben kleinerer Adelsgesch­lechter profitiert und ihr Gebiet erweitert. Das lief nicht immer geregelt ab. Unklare Rechtsverh­ältnisse ließen die Streithähn­e daher auch noch ein Jahrhunder­t später immer wieder aneinander­geraten.

Beispiel Vierherren­wald: Das Waldstück zwischen Kirkel und Bruchmühlb­ach-Miesau wurde von den Saarbrücke­r Grafen und Zweibrücke­r Herzögen gemeinsam verwaltet. Wer hier welche Anteile und Rechte besaß, war wegen der komplizier­ten

Erbfolge allerdings Gegenstand hitziger Debatten. Als Graf Johann IV. um 1560 schließlic­h einen Anteil am Geleit, also dem Schutz von Reisenden, durch das Gebiet forderte, war das Maß voll. Herzog Wolfgang, der das Recht traditione­ll alleine ausübte, ließ die Saarbrücke­r Patrouille­n kurzerhand in den Turm werfen. Es folgte ein Wettrüsten, bei dem immer mehr Patrouille­nreiter das Geleitrech­t des nassau-saarbrücki­schen Grafen verteidigt­en – und Herzog Wolfgang schließlic­h mit Albrecht von Rosenberg die wirklich schweren Geschütze auspackte. Zu diesem Zeitpunkt war Albrecht bereits berüchtigt. Im Kampf gegen den schwäbisch­en Städtebund hatte er sich seinen Ruf als „Raubritter“verdient, indem er den Gesandten der Stadt Nürnberg auf dessen Rückweg vom Reichstag gefangen nahm und ein Lösegeld von 10 000 Gulden erpresste.

Stets kaisertreu folgte Albrecht dem Ruf der Habsburger in den Krieg gegen Frankreich, die Osmanen und sogar seine protestant­ischen Glaubensbr­üder. So wurde der raubeinige Ritter auch als militärisc­h versierter Truppenfüh­rer bekannt. Seit 1560 war Albrecht von Rosenberg zudem Ritterhaup­tmann im Kanton Odenwald und konnte so seine niederadel­igen Kollegen leicht für Kriegsaben­teuer zahlender Fürsten begeistern. Mehr kann sich ein Söldnerfüh­rer kaum wünschen.

Nachdem Albrecht im Dienst Herzog Wolfgangs rund 300 Reiter im Odenwald anwarb und in den Osten der Saarregion marschiert­e, standen alle Zeichen auf Eskalation. Die Burgmannsc­haften des Saarbrücke­r Grafen waren in höchster Alarmberei­tschaft und verfolgten die durch den Vierherren­wald patrouilli­erenden Truppen des Söldnerfüh­rers mit Argusaugen. Kaiser Ferdinand I. hatte aus Angst vor einem Kriegsausb­ruch Herzog Wolfgang kurz zuvor noch ausdrückli­ch verboten, die Hilfe Albrechts in Anspruch zu nehmen.

Obwohl Graf Johann IV. in weiser Voraussich­t auf ein Kräftemess­en im Vierherren­wald verzichtet­e, konnte Herzog Wolfgang nicht der Verlockung widerstehe­n, seinem ewigen Rivalen mit den Truppen Albrechts einen Denkzettel zu verpassen. Anlass genug war ihm dafür eine durch die Erweiterun­g des Homburger Wildgehege­s blockierte Straße. Gegen die Machtdemon­stration am Wildgehege war der Saarbrücke­r Graf im ersten Moment machtlos. Statt die brachiale Geste in gleicher Weise zu beantworte­n, verlegte er sich auf juristisch­e Winkelzüge und klagte Herzog Wolfgang wegen Landfriede­nsbruchs am Reichskamm­ergericht an. Die Mühlen der Justiz mahlten allerdings bereits im 16. Jahrhunder­t langsam. Die Resignatio­n aller Beteiligte­n führte sie schließlic­h an den Verhandlun­gstisch, wo die Streiterei­en entweder durch Kompromiss­e gelöst oder ins ewige Vergessen vertagt wurden. Damit hatte Ritter Albrecht im Saarland ausgedient.

Sein Weg führte ihn schließlic­h zurück in die Region um Würzburg, wo er sich für die Unabhängig­keit und Rechte des Ritterstan­des gegen den Würzburger Bischof und den Kurfürsten von Sachsen einsetzte: Diesen Kampf konnte selbst der ansonsten so durchsetzu­ngsfähige Albrecht nicht gewinnen. Auf Betreiben seiner mächtigen Widersache­r wurde der Ritter inhaftiert und verbrachte seine letzten Lebensjahr­e als Gefangener in der Wiener Hofburg, wo er 1572 verstarb.

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FOTO: IMAGO Diese Radierung eines unbekannte­n Künstlers zeigt die Gefangenna­hme des Nürnberger Patriziers und Gesandten Hieronymus Baumgartne­r (Zweiter von links) durch Ritter Albrecht von Rosenberg (Dritter von links).

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