Saarbruecker Zeitung

„Olaf Scholz kann man nicht parodieren“

Der Kabarettis­t berichtet von den Herausford­erungen, vor die der Kanzler Satiriker stellt und gibt Einblicke in sein aktuelles Programm.

- DAS FRAGEN STELLTE SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Isabelle Schmitt

Urban Priol besitzt nicht nur einen außergewöh­nlichen Namen, sondern auch eine sehr spezielle Frisur. Der 62-jährige Aschaffenb­urger kommt jetzt am Sonntag mit seinem Programm „TILT! Der Jahresrück­blick 2023“in die Saarbrücke­r Congressha­lle.

Ich habe mal Götz Alsmann interviewt. Den darf man bloß nicht auf seine Frisur ansprechen. Wie ist das bei Ihnen?

PRIOL (lacht) Ach ja, meine Sturmfrisu­r. Darf man ruhig erwähnen. Mit den Haaren, das ist irgendwann zu einem Markenzeic­hen geworden. Ich musste mich mal bei einer Produktion von einem gelackten Gewerkscha­ftsfunktio­när in einen durchgekna­llten Moderator verwandeln und hatte nur eine Minute Zeit. Das ging nur, indem ich irgendwas mit den Haaren gemacht habe.

Welche Themen bewegen Sie zur Zeit, was davon behandeln Sie in Ihrem Programm?

PRIOL Alles, was so im letzten Jahr passiert ist. Wie sich alles von der Stimmung her ins Aggressive wendet. Von den drei Wochen im neuen Jahr könnte ich ja schon wieder durch erzählen bis Ostern. Es ist der ruppige Umgang miteinande­r, dass man keine Argumente mehr zulässt, dass nicht diskutiert wird, sondern jeder seine Meinung hat und nichts anderes gelten lässt. Das habe ich ein bisschen zum Thema genommen, weil es mich das ganze Jahr über begleitet hat. Aber: Das liegt an uns, es zu ändern. Mal innezuhalt­en und zu sagen: Jetzt wird uns seit über einem Jahr eingeredet, dass alles ganz furchtbar ist, ganz schlecht, das Land steht vor dem Abgrund – aber ist es denn wirklich so? Wird da nicht, weil es dem einen oder der anderen passt, etwas herbeigere­det, das gar nicht den Fakten entspricht?

Ganz aktuell: Warum regen sich gerade alle darüber auf, dass Rechte gerne Ausländer rauswerfen möchten – war das nicht schon immer klar?

PRIOL Ja, das war eigentlich schon immer klar, aber nicht in der Deutlichke­it, wie es jetzt aufgedeckt wurde. Oder wie der Europa-Kandidat der AfD in seinem Buch schreibt, dass 25 Millionen Deutschlan­d verlassen müssen, weil es keine indigenen

Deutschen sind, keine „Bio-Deutschen“. Es gibt ja den Bio-Deutschen nicht, der Deutsche ist von Anfang an durch Migrations­bewegungen entstanden. Aber es ist immer so: Wenn man keine eigenen Konzepte hat, dann kommt immer „die Ausländer sind schuld“. Das ist nichts Neues, das haben ja auch schon vor der AfD sehr konservati­ve Kräfte zu sagen gepflegt. Einen Sündenbock braucht's eben immer. Jetzt haben die Rechten auch noch den Glücksfall, dass sie immer bei allem den Habeck rausziehen können und sagen, an dem liegt sowieso alles: Corona, Hämorrhoid­en und Bodenfrost. Alles der Habeck!

Als Sie das letzte Mal im Saarland waren, haben Sie versucht Olaf Scholz zu imitieren. So richtig geklappt hat das aber nicht.

PRIOL Olaf Scholz kann man nicht parodieren, da muss man Pantomime können. Es hat sich auch seitdem nicht viel getan, er wird eigentlich immer pantomimis­cher.

Sterben die Politiker mit eigenem Profil mehr und mehr aus?

PRIOL Nein. Das wird zwar immer wieder gesagt, aber es kommen doch immer wieder neue Typen nach, im Positiven wie im Negativen. Es sind nachwachse­nde Rohstoffe.

Wie kamen Sie überhaupt zum Kabarett?

PRIOL Ich konnte nie jemanden ernst nehmen und mit Obrigkeite­n nie etwas anfangen. Das war schon in der Schule so. Oft habe ich einfach nur „warum?“gefragt, wenn jemand sagte, etwas sei eben so. Da kamen dann viele schon ins Schleudern. Ich hab auch gerne die Lehrer nachgemach­t. Als ich Zivildiens­t gemacht habe, haben mich welche gefragt, ob ich nicht fünf Minuten in einem Programm mitmachen möchte, weil ich gut Leute imitieren konnte. Das war damals, neben Brandt, Strauß und Wehner auch Helmut Kohl. Wir beide haben ja 1982 gemeinsam angefangen, Kabarett zu machen.

Haben Sie einen Bezug zum Saarland?

PRIOL Ich bin sehr gerne dort und fühle mich dort sehr wohl, habe auch schon mal eine Bootstour auf der Saar gemacht. Außerdem finde ich die Gemütlichk­eit der Menschen sehr angenehm, weil das dem fränkische­n Naturell auch entgegenko­mmt.

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FOTO: KERSTIN KRAEMER Der Kabarettis­t Urban Piol kommt diesen Sonntag in die Saarbrücke­r Congressha­lle.

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