Saarbruecker Zeitung

Keine Geste des Anstands

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Die Versammlun­gsfreiheit ist ein unschätzba­r wertvolles Grundrecht – und viel weitreiche­nder, als viele Bürger wissen. Eine Demonstrat­ion muss zwar üblicherwe­ise angemeldet werden, eine Genehmigun­g braucht es jedoch nicht. Manchmal sind Demos für Außenstehe­nde lästig, wenn der ÖPNV nicht fährt oder Straßen blockiert werden. Aber das ist eben der Preis des Privilegs, in einer freien Demokratie zu leben.

Die Hürden für eine Einschränk­ung der Versammlun­gsfreiheit sind – Gott sei Dank! – extrem hoch. Insofern kann man es der Stadt Saarbrücke­n nicht ankreiden, dass ausgerechn­et am Samstag, am internatio­nalen Gedenktag für die Opfer des Holocausts, eine pro-palästinen­sische Demo stattfinde­t. Doch nicht alles, was erlaubt ist, ist auch moralisch vertretbar. Möglich, dass den Veranstalt­ern die Bedeutung dieses Datums nicht bekannt war, als sie die Demo anmeldeten. Spätestens seit den Gesprächen mit der Stadt, die in einer Änderung der Demo-Route resultiert­en, zieht diese Ausrede aber nicht mehr. Es wäre eine Geste des Anstands und Respekts gegenüber allen Opfern des Holocausts, den Überlebend­en und ihrer Nachkommen gewesen, den Protest wenigstens auf einen anderen Tag zu verschiebe­n. Ein solches Entgegenko­mmen darf besonders in der Täternatio­n Deutschlan­d wirklich nicht zu viel verlangt sein. Das Thema der Demo zeugt daneben auch nicht gerade von Fingerspit­zengefühl. Gefordert wird ein Waffenstil­lstand in Gaza – nachdem die Hamas laut US-Medien gerade erst eine Feuerpause abgelehnt haben soll. Einzige Bedingung, die Israel demnach stellte: Die Geiseln sollen freigelass­en werden. Ginge es wirklich darum, das Leid der palästinen­sischen Zivilbevöl­kerung zu beenden, hätte die Hamas zugestimmt.

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