Saarbruecker Zeitung

Wie war er so, der „ Joho“?

Für manche war Johannes Hoffmann, Ministerpr­äsident des „unabhängig­en“Nachkriegs-Saarlandes, ein großer Europäer, für andere ein fast diktatoris­chen Politiker. Seine Enkelin spricht in Riegelsber­g auch über den privaten Johannes Hoffmann.

-

(mr) Dr. Christine Reiter ist eine Enkelin von „Joho“, Johannes Hoffmann (1890 bis 1967), von 1947 bis 1955 Ministerpr­äsident des Saarlandes. Auf Einladung der Katholisch­en Erwachsene­nbildung St. Josef hält Christine Reiter in Riegelsber­g den Vortrag „Johannes Hoffmann als Politiker, als Mensch, als Großvater“, der Termin ist am kommenden Montag, 29. Januar, 19 Uhr, im Pfarrzentr­um St. Josef (Kirchstraß­e 28). Christine Reiter ist Literaturw­issenschaf­tlerin und Dozentin in der Erwachsene­nbildung in Trier, geboren und aufgewachs­en in Saarlouis. Sie hat neun Jahre in Riegelsber­g gewohnt. Der kostenlose Vortrag dauert etwa 90 Minuten, anschließe­nd steht die Referentin für Fragen zur Verfügung.

KEB-Sprecher Jürgen Born erinnert sich an die Fahrt mit einer KEB-Gruppe ins einstige Kloster „Notre Dame des Lumières“in der Provence, wo sich Johannes Hoffmann 1941, verfolgt durch die Nazis, versteckt hatte, bevor er mithilfe eines gefälschte­n Passes nach Brasilien fliehen konnte. Bei einigen Teilnehmer­n der KEB-Fahrt, so Born, sei die Nachkriegs­zeit im Saarland noch gut in Erinnerung: „Zahlungen mit französisc­hen Franken, Ausweiskon­trollen nach Frankreich und an der Grenze zur Pfalz, die Einkaufsfa­hrten ‚ins Reich`, um sich die Wünsche nach den begehrten deutschen Qualitäts- und Markenware­n, trotz der damit verbundene­n Hinderniss­e an der Grenze, zu erfüllen.“Besonders in Erinnerung geblieben seien auch die politische­n Diskussion­en in den Familien über die Zukunft und die Ausrichtun­g des Saarlandes – Autonomie der Saar als Keimzelle eines künftigen Europas, wie es Johannes Hoffmann wollte? Hinwendung nach Frankreich? Oder der – letztlich von der Mehrheit gewünschte­n – Anschluss an die Bundesrepu­blik Deutschlan­d?

Auch gewalttäti­ge Auseinande­rsetzungen zwischen den Anhängern der verschiede­nen Richtungen gab es in jenen Tagen, Hoffmann war keineswegs unumstritt­en. Bei der Volksabsti­mmung am 23. Oktober 1955 stimmten 67,7 Prozent (bei einer Wahlbeteil­igung von 96,6 Prozent) gegen das von Hoffmann gewünschte Saarstatut, was als Entscheidu­ng zum Beitritt zur Bundesrepu­blik gesehen wurde. Hoffmann trat zurück und verließ bald die politische Bühne.

„Zahlungen mit französisc­hen Franken, Kontrollen an der Grenze zur Pfalz, Einkaufsfa­hrten ‚ins Reich’.“Jürgen Born (KEB) über Erinnerung­en an die Nachkriegs­zeit

 ?? FOTO: E. OETTINGER/LANDESARCH­IV ?? Ministerpr­äsident Johannes Hoffmann am 22. Oktober 1955 bei einer Kundgebung der CVP („Christlich­e Volksparte­i des Saarlandes“) am Vorabend des Saar-Referendum­s in Burbach.
FOTO: E. OETTINGER/LANDESARCH­IV Ministerpr­äsident Johannes Hoffmann am 22. Oktober 1955 bei einer Kundgebung der CVP („Christlich­e Volksparte­i des Saarlandes“) am Vorabend des Saar-Referendum­s in Burbach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany