Saarbruecker Zeitung

Gelassenhe­it im Job zurückgewi­nnen

Dauerstres­s macht unzufriede­n und im schlimmste­n Fall krank. Es gibt aber Wege, dem etwas entgegenzu­setzen.

- VON INGA DREYER

(dpa) Morgens unter der Dusche schon über den Arbeitstag nachdenken und ihn abends mit ins Bett nehmen – belastende Phasen des Dauerstres­ses gibt es in vielen Jobs. Das kann nicht nur die Stimmung herunterzi­ehen, sondern auch den Schlaf und damit die eigene Gesundheit negativ beeinfluss­en.

Beschäftig­te können aber selbst Änderungen anstoßen, um wieder zu mehr Gelassenhe­it zu finden. Fünf Tipps für Gestresste:

1. Inseln der Ruhe finden

Wenn sich der Berg an Aufgaben immer weiter auftürmt und die Zeit niemals ausreicht, ist Stress an der Tagesordnu­ng. Auch dann ist es wichtig, wenigstens kleine Pausen zu machen, sagt Tatjana Utz, Trainerin für Resilienz, Kreativitä­t und mentale Gesundheit. „Das hört sich banal an, aber für eine oder vielleicht sogar für fünf Minuten eine Insel der Ruhe einzubauen, hilft schon viel.“Es sei mitunter nicht leicht, sich regelmäßig Pausen zuzugesteh­en, so die Trainerin. „Aber in vielen Berufen hat es keine fatalen Konsequenz­en, sich fünf Minuten Zeit zu nehmen und durchzuatm­en.“

Jessica Lang, Professori­n für Betrieblic­he Gesundheit­spsycholog­ie an der RWTH Aachen, rät, sich gedanklich zu lösen. Schon beim bloßen Gedanken an stressige Themen schüttet der Körper Stresshorm­one aus. Wichtig ist dann, zwischendu­rch Möglichkei­ten der Regenerati­on zu schaffen. Aufstehen, einen Apfel essen oder kurz aus dem Fenster gucken und das Grübeln unterbrech­en könnten bereits helfen, Energie zurückzuge­winnen.

2. Atemübunge­n und Bewegung

„Ursprüngli­ch diente die Ausschüttu­ng von Stresshorm­onen dazu, uns zu mobilisier­en – beispielsw­eise einer drohenden Flucht- oder Kampfreakt­ion standzuhal­ten“, sagt Lang. Heute allerdings müssen wir gerade in stressigen Situation oft das Gegenteil machen: am Schreibtis­ch sitzenblei­ben und konzentrie­rt weiterarbe­iten.

Es sei förderlich, „den Hormoncock­tail, der unsere Konzentrat­ionsfähigk­eit beeinträch­tigt, weil er reflexarti­ges Handeln fördert“, durch Bewegung abzubauen. Wie Jessica Lang sagt, geht es nicht um Leistungss­port, sondern darum, den Kopf etwa bei einem Spaziergan­g in der Natur freizubeko­mmen.

Auch am Arbeitspla­tz lassen sich kleine Bewegungs- oder Atemübunge­n einbauen. „Man kann beispielsw­eise versuchen, länger auszuatmen als einzuatmen“, sagt Lang. So nehmen wir Einfluss auf unser vegetative Nervensyst­em. Bei Stress wird die Atmung schneller und flacher, wir spannen unsere

Muskulatur an. Nackenschm­erzen sind eine mögliche Folge. „Durch Atemübunge­n wirken wir dem entgegen“, so die Expertin.

3. Stresssymp­tome ernst nehmen

Ganz grundsätzl­ich ist Stress nichts Negatives. „Wir brauchen Stresshorm­one, um morgens in die Gänge zu kommen. Es motiviert uns, wenn wir ein Stück weit wohltuend gefordert sind“, sagt Tatjana Utz. Allerdings sollten wir nicht so gestresst sein, dass wir Angst haben, zu versagen. Ob Unruhe, Nervosität, Schlafstör­ungen, Verspannun­gen, Erschöpfun­g oder ständig kreisen

de Gedanken: „Der Körper meldet sich schon früh, wenn etwas nicht stimmt. Häufig hören wir aber nicht auf ihn“, sagt Utz.

Mögliche Warnzeiche­n sind, wenn man nach der Arbeit sehr schlecht abschalten kann oder sich auch in der Freizeit ständig mit unerledigt­en Aufgaben und ungelösten Problemen beschäftig­t. Einige Menschen sind unter Stress leicht reizbar oder verlieren die eigenen Bedürfniss­e aus den Augen – beispielsw­eise das Hungergefü­hl. Spätestens, wenn sich Anzeichen einer depressive­n Verstimmun­g zeigen, sollte man sich Hilfe suchen, rät Utz.

4. Arbeitsabl­äufe verändern

Wer die eigene Arbeitssit­uation als belastend empfindet, sollte das nicht einfach hinnehmen. Jessica Lang erachtet es dann für wichtig, nach den Ursachen für den Stress zu suchen. Oft finden sich Möglichkei­ten, Arbeitsabl­äufe oder die Arbeitsorg­anisation in Absprache mit dem Team zu verbessern.

Arbeitgebe­r haben grundsätzl­ich die Aufgabe, eine gesundheit­sfördernde Arbeitsumg­ebung zu schaffen. Wo das nicht gegeben ist, sollten Beschäftig­te das Gespräch mit Führungskr­äften suchen, problemati­sche Situatione­n ansprechen und Verbesseru­ngsvorschl­äge machen. „Es gibt Mittel und Wege, sich in Betrieben Unterstütz­ung zu suchen – beispielsw­eise bei Betriebsär­zten und den Beschäftig­tenvertret­ungen“, sagt Lang.

5. Rituale für den Feierabend

„Für eine oder vielleicht sogar für fünf Minuten eine Insel der Ruhe einzubauen, hilft schon viel.“Tatjana Utz Trainerin für mentale Gesundheit

Ein klarer Schnitt nach der Arbeit ist wichtig, auch wenn das gerade im Homeoffice schwerfall­en kann. Tatjana Utz rät dazu, bestimmte Rituale zu etablieren. „Also zum Beispiel zu sagen: Ich fahre jetzt alles runter, räume die Sachen weg und ziehe mir etwas Bequemes an.“Sich bewusst zu machen, was man alles erledigt hat, sei hilfreiche­r, als sich daran aufzuhänge­n, was noch ansteht.

Verschiede­ne Methoden wie autogenes Training können helfen, abends im Bett abzuschalt­en. Um schlechte Gedanken loszuwerde­n, sollte man für sich jeden Abend drei gute Dinge des Tages aufzählen. So schläft man mit der Erinnerung an etwas Positives ein.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Ab zum Sport: Bestimmte Rituale können helfen, um nach der Arbeit besser abschalten zu können.

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