Sie wurde einst als Klosterkirche erbaut
Die Blieskasteler Schlosskirche heißt korrekt Pfarrkirche St. Anna und St. Philipp. Geplant hat sie ein Schüler von Friedrich Joachim Stengel.
Wer einen Artikel über die Schlosskirche in Blieskastel schreiben will, begegnet zunächst mal einem echten Mönch. Der Pfarrer der Großpfarrei Heiliger Franz von Assisi, Pater Hieronim Jopek, der aus Polen stammt, trat 1996 in den Orden der Franziskaner-Minoriten ein. Womit wir schon bei den Ursprüngen der Schlosskirche wären: Sie wurde nämlich als Klosterkirche für die hier ansässigen Franziskaner erbaut.
Um genauer zu sein, handelte es sich damals, also am Ende des 18. Jahrhunderts, um die Rekollekten, eine Abspaltung des Franziskaner-Ordens. Franz Carl von der Leyen hatte sie zur Gründung eines Klosters in Blieskastel gewinnen können. Den Kirchenbau von 1776 bis 1778 erlebte der Graf allerdings nicht mehr. Seine Witwe Marianne betreute den Bau – die sterblichen Überreste beider Eheleute befinden sich heute in der Krypta unter der Kirche.
Die Baupläne erstellte Peter Reheis, ein Schüler des berühmten Architekten Friedrich Joachim Stengel. Auch wenn sich über die Jahre die Bezeichnung Schlosskirche eingebürgert hat, war das Gotteshaus eigentlich als Franziskaner-Klosterkirche geplant und wurde zu Ehren der Heiligen Mutter Anna und des Apostels Philipp geweiht. Ihr offizieller Name lautet daher Pfarrkirche St. Anna und St. Philipp. Die Architektur ist jene einer typischen Bettelordenkirche, also ein Saalbau ohne richtige Türme. Stattdessen besitzt die Schlosskirche zwei Dachreiter, in denen früher tatsächlich Glocken untergebracht waren. Erst 1929 beschloss man, einen separaten Glockenturm neben der Kirche zu errichten. Die beiden
Dachreiter bilden aber ein Markenzeichen der Silhouette Blieskastels. Und gar nicht bettelarm kommt die Schmuckfassade daher. Sie enthält toskanische Säulen, Porträts des Grafen von der Leyen und dessen Sohn sowie ganz oben eine Statue des Heiligen Sebastian. Dieser ist Schutzpatron der Pfarrei sowie der Stadt Blieskastel. Leider, so erzählt Pater Hieronim, sei von der ursprünglichen Ausstattung nicht viel übrig geblieben. Denn 1793, im Zuge des Ersten Koalitionskrieges, wurde die Kirche geplündert und profaniert. In den Wirren der Französischen Revolution wurde auch das Kloster aufgelöst und die Klosterkirche an die Blieskasteler Kirchengemeinde übergeben.
1811 kam die erste von insgesamt fünf Orgeln in die Kirche; zuletzt, im Jahr 2018, wurde die Mayer-Orgel von 1972 durch die Orgelbaufirma Klais grundlegend umgebaut. Laut Pater Hieronim habe das etwa 300 000 Euro gekostet, von denen etwa 80 Prozent die Dr. Hans Feith und Dr. Elisabeth Feith-Stiftung übernommen habe. Das neue Instrument erfreut sich eines so tollen Klangs, dass dieses Jahr im August zum zweiten Mal auf ihm der internationale Feith-Orgelwettbewerb ausgetragen wird. Beim ersten Mal vor zwei Jahren hatten Musiker aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, den Niederlanden und den USA teilgenommen.
Im reichhaltig ausgestatteten Innenraum der Kirche fällt zunächst der vergoldete Hochaltar ins Auge. Er ist im Rokoko-Stil gehalten. Der sarkophagartige Unterbau stammt von 1911. Die dahinter stehende Kreuzigungsgruppe kam erst 1960 von der Schweiz in die Kirche, wiewohl sie schon über 300 Jahre alt ist. Zwei Barockengel, die 2015 aus der Kirche gestohlen wurden, konnten sechs Jahre später von der Polizei ausfindig gemacht werden und stehen nun wieder an ihrem angestammten Platz.
Schaut man zur Decke, sieht man das riesige Gemälde des Münchner Malers Richard Holzner, das unter anderem das Martyrium des Heiligen Sebastian zeigt. Die Seitenaltäre sind eben diesem Heiligen und der Muttergottes gewidmet. Beide wurden vom Franziskanerpater Petrus Hoeller gestiftet und 1816 aufgestellt. Auffällig ist auch die marmorierte Kanzel mit ihren vergoldeten Ornamenten. Sie stammt vom Beginn des 18. Jahrhunderts.
Wer mehr über die Kirche erfahren und auch die Krypta besichtigen möchte, kann das bei Führungen erleben, die über die Webseite der Stadt Blieskastel angeboten werden („Klassische Stadtführung“). https://www.blieskastel.de/ entdecken/freizeit-undgemeinschaft/ stadtfuehrungen
Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor.
Produktion dieser Seite: Michaela Heinze
Oliver Spettel