„Letzte Chance“für Lösung auf Zypern
An diesem Montag trifft die neue Zypern-Beauftragte der Uno ein, um in den kommenden sechs Monaten Griechen und Türken wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
Am Grenzübergang Kermia in Nikosia stauen sich die Autos in beiden Richtungen. Griechische Zyprer fahren von ihrem Teil der Hauptstadt in den türkischen Sektor der Insel, um billig zu tanken; türkische Zyprer kommen in den griechischen Süden, um zu arbeiten. Die Teilung der Insel ist längst Alltag auf Zypern, alle Bemühungen um eine Wiedervereinigung sind bisher gescheitert. Jetzt starten die Vereinten Nationen einen neuen Anlauf: An diesem Montag nimmt die neue UN-Gesandte Maria Angela Holguin Cuellar auf der Insel Gespräche auf, um Türken und Griechen wieder an den Verhandlungstisch zu bekommen. Ihre Mission sei „die letzte Chance für eine Lösung unter dem Dach der Uno“, kommentiert die Zeitung „Cyprus Mail“.
In der ehemaligen britischen Kolonie Zypern brach schon kurz nach der Unabhängigkeit von 1960 ein Bürgerkrieg zwischen der griechischen Bevölkerungsmehrheit und der türkischen Minderheit aus. Die seit 1964 auf der Insel stationierten UN-Friedenstruppen konnten die
Gewalt nicht stoppen. Als griechische Nationalisten 1974 putschten, um den Anschluss Zyperns an Griechenland durchzusetzen, schickte die Türkei als Schutzmacht der türkischen Zyprer ihre Soldaten auf die Insel. Seitdem ist Zypern geteilt.
Die türkischen Zyprer riefen 1983 ihre eigene Republik aus, die aber nur von der Türkei anerkannt wird und einem internationalen Embargo unterliegt. Im Jahr 2004 lehnte die griechische Inselrepublik kurz vor ihrer Aufnahme in die EU einen UN-Einigungsplan ab. Der vorerst letzte Einigungsversuch scheiterte im Jahr 2017 im schweizerischen Crans-Montana. In den vergangenen Jahren stritten sich Griechen und Türken um die Rechte an Erdgasvorräten unter dem Mittelmeer bei Zypern. „Es ist gut, dass wieder etwas
„Es ist gut, dass wieder etwas in Bewegung kommt.“Harry Tzimitras Direktor der Denkfabrik Prio in Nikosia
in Bewegung kommt“, sagt Harry Tzimitras, Direktor der Denkfabrik Prio in Nikosia, über den Antrittsbesuch der neuen UN-Gesandten. Allerdings stünden sich die Positionen von Griechen und Türken auf der Insel „diametral gegenüber“, sagte Tzimitras. Cuellar müsse nun herausfinden, ob sich trotzdem neue Verhandlungen über die Substanz des Konflikts lohnen würden.
Die Bürger beider Sektoren der Insel haben sich mit der Teilung arrangiert. Seit 20 Jahren können sie den jeweils anderen Inselteil besuchen; türkische Zyprer erhalten EU-Pässe der griechischen Inselrepublik und können damit reisen. Kurz vor Cuel
lars Ankunft verkündete die griechische Seite weitere Erleichterungen für den Zugang der türkischen Zyprer zu staatlichen Leistungen.
Wegen der vielen ergebnislosen Verhandlungen zögerte UN-Generalsekretär Antonio Guterres lange mit der Ernennung einer neuen Zypern-Beauftragten; der Posten war mehr als zwei Jahre lang verwaist. Die 60-jährige Cuellar, eine ehemalige UN-Botschafterin und Außenministerin Kolumbiens, hat viel Erfahrung auf dem internationalen diplomatischen Parkett. Als Persönliche Gesandte von Guterres will sie in den kommenden Tagen mit dem griechisch-zyprischen Präsidenten
Nikos Christodoulides und dem türkisch-zyprischen Volksgruppenführer Ersin Tatar sprechen.
Guterres warnte kürzlich in einem Bericht, die Hoffnung auf eine für beide Seiten annehmbare Lösung auf Zypern schwinde. Im vergangenen Jahr hatte es Zusammenstöße zwischen türkischen Zyprern und UN-Soldaten in der Pufferzone zwischen beiden Inselteilen gegeben. Der UN-Generalsekretär ließ Zweifel daran durchblicken, ob das Mandat der UN-Friedenstruppen auf Zypern weiterhin Jahr für Jahr erneuert werden könne, ohne dass es politische Fortschritte gibt.
Bisherige Vermittlungsversuche
zielten auf die Gründung eines so genannten bizonalen Staates mit weitgehend voneinander unabhängigen griechischen und türkischen Sektoren. Allerdings wurde dieses Modell 2004 von den Griechen in einem Referendum abgelehnt und scheiterte auch bei den Verhandlungen in der Schweiz 2017.
Von “letzter Chance” will Tzimitras trotzdem nicht sprechen. „Das haben wir schon Dutzende Mal gehört“, sagte er. Allerdings könne Cuellars Mission die letzte Gelegenheit sein, über die Gründung einer bizonalen Föderation auf Zypern zu sprechen, sagt Tzimitras. Von der kolumbianischen Diplomatin hängt viel ab.