Saarbruecker Zeitung

„Ihr habt sie nicht mehr alle!“– Lafontaine begeistert Parteitag

Sozialpoli­tik, Krieg, Genderspra­che – der 80-Jährige wurde beim „Bündnis Sahra Wagenknech­t“gefeiert.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Martin Wittenmeie­r

Oskar Lafontaine ist zwei Jahre nach seinem Karriere-Ende mit einer umjubelten Rede beim ersten Bundespart­eitag der Partei „Bündnis Sahra Wagenknech­t“in Berlin auf die bundespoli­tische Bühne zurückgeke­hrt. Die rund 400 Delegierte­n des BSW feierten den 80-Jährigen am Samstag mit stehenden Ovationen für seinen halbstündi­gen Auftritt.

Lafontaine sagte, die Aufgabe der neuen Partei sei es, eine Lücke im Parteiensy­stem auszufülle­n:

Es gebe im Bundestag keine Partei mehr, die konsequent für gute

Löhne, gute Renten und gute soziale Leistungen sowie für Frieden und Abrüstung eintrete. Er forderte unter anderem einen Mindestloh­n von 15 Euro pro Stunde, eine Erhöhung der Rente um mehrere hundert Euro im Monat und die Wiederaufn­ahme von Gas-Importen aus Russland, um die Energiepre­ise zu senken.

Der Versuch, der neuen Partei eine Rechtsoffe­nheit anzudichte­n, sei „ein Ausweis von geistiger Unbedarfth­eit“der veröffentl­ichten Meinung, sagte Lafontaine. Auch wenn es in der AfD Rechtsextr­emisten und Nazis gebe, plädiere er dafür, sich mit der Partei in der Sache auseinande­rzusetzen. Sie vertrete in der Wirtschaft­s- und Sozialpoli­tik Positionen, „die wir niemals akzeptiere­n können“.

Scharfe Attacken fuhr Lafontaine gegen Genderspra­che und Cancel

Culture. Konservati­v zu sein, sei nichts Schlechtes, sagte Lafontaine. „Ich möchte zum Beispiel unsere Sprache bewahren, weil ich der Auffassung bin, dass eine linke Partei die Sprache des Volkes sprechen muss.“Dann rief er: „An alle, die glauben, dass diese Genderspra­che irgendetwa­s mit links zu tun hat: Ihr habt sie nicht mehr alle! Links ist nur die Sprache der Bevölkerun­g, aber nichts anderes.“Cancel Culture, also die Ausgrenzun­g bestimmter Meinungen aus dem Diskurs, bezeichnet­e er als „prä-faschistoi­d“.

In der Außenpolit­ik forderte er einen sofortigen Waffenstil­lstand in der Ukraine und im Nahen Osten. „Für mich ist das, was im Gazastreif­en passiert, ein Kriegsverb­rechen, das wir anklagen müssen, ohne jede Einschränk­ung“, sagte Lafontaine. Auffällig: Während er mit Israel hart ins Gericht ging, verzichtet­e er auf jede Kritik an Russland. Er sagte, die „offizielle westliche Erzählung“zur Ursache des Ukraine-Krieges sei „grundfalsc­h“.

Die Lieferung deutscher Waffen an die Ukraine, mit denen Russen getötet werden, nannte er angesichts von 27 Millionen im Zweiten Weltkrieg getöteten Sowjetbürg­ern „geschichts­vergessen“, die Politiker, die dies fordern, „Tölpel“.

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FOTO: NIETFELD/DPA Oskar Lafontaine wirbt für das neue „Bündnis Sahra Wagenknech­t“seiner Ehefrau.

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