Saarbruecker Zeitung

Sportfreun­de Stiller liefern für jeden etwas

Das Zwei-Stunden-Konzert in Kaiserslau­tern beinhaltet auch eine klare Ansage an Demokratie­feinde.

- VON ERIC KOLLING Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Isabelle Schmitt

„Vor ein paar Jahren hätten wir es fast verkackt. Wir drei konnten keine Kompromiss­e mehr machen“– es stand Spitz auf Knopf bei den Sportfreun­den Stiller, macht deren Sänger Peter Brugger beim Konzert in der Kammgarn in Kaiserslau­tern vergangene­n Freitag klar. Zum Glück habe man sich auf die Leute im Umfeld verlassen können – und als man es irgendwann im Tonstudio wieder probiert habe, sei dieses spezielle Band-Gefühl gleich wieder da gewesen. Bis zum neuen Album „Jeder nur ein X“war es da nicht mehr weit.

Und so ist nun auch nicht die Rede von einer Band, die nach knapp 16 Jahren im Streit auseinande­r ging. Sondern von einer, die gerade zum dritten Mal im Rahmen einer Riesen-Tour in der Kammgarn Station machte. Alle acht Jahre sei man dort, rechnete Brugger vor, dessen Tür zum heimischen Proberaum ein Bandfoto von einem früheren Auftritt dort ziert. Inzwischen vereine man drei Generation­en im Publikum, stellt er nach einem forschende­n Blick über die 1000 Zuschauer fest. Die haben die Musiker beim ersten Lied singend auf dem Weg zur Bühne einmal durchschri­tten. Ausverkauf­t war die Spielstätt­e kurz nach der Konzertank­ündigung. Per

Handzeiche­n geben sicher 80 Prozent an, noch nie bei einem SportisKon­zert gewesen zu sein. Die haben also auch seinen Sprung 2008 von der Empore dort ins Publikum verpasst.

Der Abend bietet genau das, was man sich erhoffen konnte: Drei gut aufgelegte Musiker, nahe der Verrückthe­it, sympathisc­hüberdreht, selbstiron­isch. Und in Feierstimm­ung. Sie ermögliche­n eine kleine Alltagsflu­cht. Alleine die Spieldauer von gut über zwei Stunden verdient ein Lob. Die Stimmung: außerorden­tlich gut. Am besten bei den Klassikern wie

„Das Kompliment“, „Applaus Applaus“oder „Wellenreit­en 54“. Ein Anspielfeh­ler und ein technische­r Hänger werden zur Freude des Publikums singend oder erzählend wegimprovi­siert.

Für jeden ist etwas dabei, der Auftritt familienfr­eundlich und eingängig. Die Mischung aus einprägsam­en, mitsingbar­en Tanzstücke­n („Alles roger“, „Wunderbare Jahre“, „Ich, Roque“) und leiseren Balladen („Wunder fragen nicht“, „Lass mich nie mehr los“, „Fast wie von selbst“) passt in Kaiserlaut­ern perfekt. Auch das Verhältnis von Oldies aus beinahe einem Vierteljah­rhundert und

Songs vom jüngsten Album. Das übrigens trotz der Band-Auszeit durchgängi­g stark daherkommt und mit „Ibrahimovi­c“oder „I'm alright“kaum noch wegzudenke­nde Sportis-Lieder liefert.

Dass mancher der Band nachsagt, weder singen noch sinnvoll texten zu können, haben Brugger und seine Kollegen Rüdiger Linhof (Rüde) und Florian Weber (Flo) längst mit dem ihnen eigenen Humor in ihren Liedern aufgegriff­en: „Jetzt zum allerletzt­en Mal: Wir waren nie die erste Wahl, nur durch Tricks und Gaunerei sind wir vorne mit dabei“, heißt es da etwa. Zur Weißglut kann man die Münchner aber auch treiben: Demokratie­feinde schaffen das besonders gut. Gegen sie müsse man sich wehren. Schnell denkt man da an die AfD. „Nazis fuck off“nimmt Rüde – frenetisch bejubelt - eine Zeile aus dem Lied „Du bist eine Bank“vorweg.

„Feiert euch noch die Seele aus dem Leib, oder geht ins Betti. Bis in acht Jahren oder früher!“schließt Brugger die Show nach der zweiten Zugabe. Und damit einen Abend, an dem die treue Fangemeind­e nicht enttäuscht – aber sicher vergrößert wurde.

 ?? FOTO: ERIC KOLLING ?? Die Sportfreun­de Stiller, von links Flo Weber (Schlagzeug), Peter Brugger (Sänger) und Rüde Linhof (Bass) in der Kammgarn in Kaiserslau­tern.
FOTO: ERIC KOLLING Die Sportfreun­de Stiller, von links Flo Weber (Schlagzeug), Peter Brugger (Sänger) und Rüde Linhof (Bass) in der Kammgarn in Kaiserslau­tern.

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