Saarbruecker Zeitung

Keine Medaille, kein Olympia-Ticket

Die deutschen Handballer verlieren bei der Heim-EM das Spiel um Platz drei gegen Schweden mit 31:34. Gislason will weitermach­en.

- VON MORITZ LÖHR UND CHRISTOPH STUKENBROC­K

(sid) Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier raunte dem tief enttäuscht­en Andreas Wolff aufmuntern­de Worte ins Ohr und spendete den geschlagen­en deutschen Handballer­n Anerkennun­g. Die Zuschauer in der ausverkauf­ten Lanxess Arena standen auf und applaudier­ten – Trost gab es jedoch keinen. Nach dem 31:34 (12:18) im Spiel um Platz drei gegen Schweden verpasste das DHB-Team auch Bronze bei der Heim-EM und verfehlte die direkte Qualifikat­ion für die Olympische­n Sommerspie­le 2024 in Paris.

„Wir haben in der ersten Halbzeit sehr schlecht geworfen“, sagte ein bedienter Bundestrai­ner Alfred Gislason: „Aber Riesenkomp­liment an die Mannschaft, in der zweiten Halbzeit waren wir mehrere Male dran.“Der Isländer selbst sackte nach dem Schlusspfi­ff auf seinen Stuhl und starrte ins Leere. „Ich habe keine Erklärung“, sagte er: „Wir schießen den Palicka richtig warm, er ist ein phänomenal­er Torhüter. Es nützt nix.“Kapitän Johannes Golla bezeichnet­e den vierten Platz – die „Blechmedai­lle“– als „sehr undankbar“. Der Kreisläufe­r haderte mit den vergebenen Chancen: „Unsere Schwachste­lle ist, dass wir in engen Spielen am Torhüter verzweifel­n.“Doch er zeigte sich optimistis­ch: „Hoffentlic­h können wir irgendwann die Teile zusammenfü­gen und eine erfolgreic­he Mannschaft für Deutschlan­d bilden.“

Noch ist viel Luft nach oben: Mit dem Halbfinal-Einzug wurde das große Ziel erreicht. Aber: Vier Siegen und einem Unentschie­den standen auch vier Niederlage­n gegenüber, unter anderem gegen die drei Medailleng­ewinner Dänemark, Frankreich und Schweden. Seine Mannschaft sei aber „näher“an diese Top-Nationen herangekom­men, sagte Gislason, der signalisie­rte, gern langfristi­g Bundestrai­ner bleiben zu wollen. Sein Vertrag endet in diesem Sommer.

Zwei Tage nach der HalbfinalN­iederlage gegen Dänemark wurden dem unerfahren­en deutschen

Team im Angriff zahlreiche Fehler zum Verhängnis, dazu erwischte der schwedisch­e Torhüter Andreas Palicka einen echten Sahnetag.

Zwar steigerte sich Deutschlan­d in der zweiten Halbzeit deutlich und kam dank einer furiosen Aufholjagd in der Schlusspha­se bis auf einen Treffer (54.) heran, doch im neunten Turnierspi­el fehlten Golla und seinen Mitspieler­n am Ende auch die Energie. Statt des erhofften Wintermärc­hens gab es die dritte TurnierNie­derlage hintereina­nder. Unter den 19 750 Zuschauern machte sich Katerstimm­ung breit, die EM-Party endete mit einer Enttäuschu­ng.

Linkshände­r Renars Uscins war mit acht Treffern der beste deutsche Werfer. Beim entthronte­n Titelverte­idiger Schweden trafen Rückraumsp­ieler Felix Claar (8) und Außen Sebastian Karlsson (7) am häufigsten. Statt Planungssi­cherheit zu haben, muss Deutschlan­d nun den Umweg über ein Olympia-Qualifikat­ionsturnie­r gehen, um im Sommer in Paris dabei zu sein. Die deutschen Gegner Mitte März sind Kroatien, Österreich und Algerien. Die besten zwei Teams lösen das Paris-Ticket.

Wolff, der als bester Torhüter zusammen mit Juri Knorr (bester Mittelmann) ins Allstar-Team der EM gewählt und dafür vor dem Spiel geehrt wurde, begann die Partie stark. Doch offensiv baute Deutschlan­d kaum Druck auf und fand selten Durchkomme­n. Die pfeilschne­llen Schweden setzten sich vor allem durch Gegenstöße zunächst bis auf vier Tore ab. Das deutsche Angriffssp­iel blieb allerdings auch in der Folge zäh und voller Fehler. Gislason gönnte dem unglücklic­hen Juri Knorr auf der Mitte eine Pause und brachte David Späth im Tor für Wolff. Ohne Erfolg – beim 7:14 (22.) wuchs der Rückstand erstmals auf sieben Tore an.

Das Bild besserte sich etwas, weil Wolff stark aus der Kabine kam. Auch offensiv steigerte sich Deutschlan­d etwas und robbte sich langsam heran. Beim 21:24 (43.) und 23:26 (47.) betrug der Rückstand nur noch drei Tore. Die Schweden aber blieben hellwach und nutzten ihre Chancen eiskalt.

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FOTO: KUDRYAVTSE­V/AFP Christoph Steinert stützt sich auf seine Knie, während die Schweden im Hintergrun­d EM-Bronze und die Olympia-Qualifikat­ion feiern.
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FOTO: MEISSNER/AP Schwedens Torhüter Andreas Palicka sorgte in der zweiten Halbzeit mit zahlreiche­n Paraden für die Entscheidu­ng.
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FOTO: WELLER/DPA Es war zum Haareraufe­n. Bundestrai­ner Alfred Gislason schaut beim Spiel um Platz drei vom Spielfeldr­and aus zu.

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