„Es hat sich gelohnt“– Finanzminister verteidigt Haushalt 2024
Spät will der Bundestag diese Woche den Haushalt 2024 beschließen. Um Sparideen wurde hart gerungen, doch Christian Lindner ist am Ende zufrieden.
Irgendwie ist im Haushalt 2024 der Wurm drin. Vor dem Jahreswechsel konnte er nicht mehr verabschiedet werden, weil das Bundesverfassungsgericht mit einem wegweisenden Urteil der Ampel-Koalition die Einbringung im Bundestag verhagelte. Nun, Ende Januar 2024 ist es endlich soweit. Doch die lang verzögerte Haushaltswoche beginnt mit einem technischen Defekt des Rednerpultes. Das hat es so bislang noch nicht gegeben. Also vergehen noch einige Minuten, bis Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Sitzung endlich eröffnen kann.
Einer ist an diesem Tag besonders gefragt: Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzender Christian Lindner. Er beginnt schwungvoll: „Diese Koalition hat einen Gestaltungsehrgeiz. Ich spreche daher nicht von einem Sparhaushalt, sondern von einem Gestaltungshaushalt“, sagt Lindner. Selten sei ein Bundeshaushalt so intensiv beraten worden wie dieser, fügt er leicht schmunzelnd hinzu. „Aber es hat sich gelohnt.“Lindner weiß, wovon er spricht, hat er doch selbst unzählige Stunden und viele Nächte in das Zahlenwerk investiert. Eigentlich hätte der Haushalt 2024 schon
Ende November verabschiedet werden sollen. Wegen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts musste er aber teilweise auf eine neue Grundlage gestellt werden. Um eine Finanzlücke im zweistelligen Milliardenbereich zu schließen, schnürte die Ampel-Koalition ein Paket aus Einsparungen und Subventionskürzungen. Der Finanzminister verhandelte mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unter sechs Augen tageund nächtelang. Am Ende stand ein umstrittenes Sparpaket, dessen genaue Ausgestaltung zunächst nicht detailliert vorlag. Darunter war auch die schrittweise Streichung der Vergünstigungen für Landwirte, gegen die es massive Proteste der Bauern gab und die im Verlauf der Debatte dann wieder abgeschwächt worden waren.
Man merkt Lindner am Dienstag im Bundestag nun ein wenig den Stolz an, es trotz aller Widerstände unter den Koalitionspartnern selbst geschafft zu haben. Bei Ausgaben von knapp 477Milliarden Euro soll die Neuverschuldung im laufenden Jahr auf 39Milliarden Euro begrenzt und damit die Schuldenbremse erstmals seit Antritt der Ampelkoalition wieder eingehalten werden. Dies gelingt allerdings nur, indem die sogenannte Asyl-Rücklage des Bundes, die noch die Vorgängerregierung gebildet hatte, stärker genutzt wird als von Lindner bisher vorgesehen.
Lindner verteidigt das Einhalten der Schuldenbremse. Die Schuldenquote im Haushalt sei von 69 Prozent im Jahr 2021 auf 64 Prozent gesunken. „Und nicht nur, weil es ein Gebot der Verfassung ist, sondern auch, weil es angesichts der Zinskosten, die wir haben, ein Gebot der Vernunft ist, so zu handeln“, sagt der FDP-Politiker. Allein für Zinsen seien Ausgaben in Höhe von 36 Milliarden Euro vorgesehen. Der Minister hebt die auf 12,3 Prozent gestiegene Investitionsquote und veranschlagte Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds hervor. „Man kann also mit Fug und Recht sagen: Diese Bundesregierung und die sie tragende Koalition investiert in Schiene, Straße und digitale Netze auf Rekordniveau“, sagt Lindner. Außerdem seien hohe Investitionen in Bildung und Steuerentlastungen für die „arbeitende Mitte“vorgesehen.
Als sich Lindner wieder setzt, bekommt er Beifall aus den Reihen der Koalition. Bei SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich jedoch regt sich zunächst keine Hand. Denn beim Thema Schuldenbremse liegen SPD-Fraktion und Finanzminister auf verschiedenen Seiten, die Debatte darüber verstummt mit der Verabschiedung des Haushalts nicht. Warum? Bereits 2025 – im Jahr der nächsten Bundestagswahl – steht keine Rücklage für das Stopfen eines bereits jetzt absehbaren neuen Haushaltslochs in zweistelliger Milliardenhöhe zur Verfügung.
Die Ampel steht damit weiter unter Druck – und die kontroversen Haushaltsdiskussionen setzen sich weiter fort. SPD und Grüne dürften noch mehr als bisher auf die Lockerung der Schuldenbremse drängen, die FDP umso mehr dagegen halten. Die Notlage zu erklären und die Schuldenbremse 2024 doch noch auszusetzen, weil sich etwa die Lage im Ukraine-Krieg weiter zuspitzt, sei für ihn „kein Automatismus“, sagte Lindner am Montag unserer Redaktion.
Die Unionsfraktion im Bundestag kritisiert, davon abgesehen, den
Haushaltsplan scharf. „Ihr Haushalt ist weit von einem Sparhaushalt entfernt“, kritisiert Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) zu Beginn der Debatte.