Lokomotivführer überziehen
Der längste Bahnstreik in der Geschichte der Republik ging zwar früher als angekündigt zu Ende, doch der Schaden und der Ärger, den er verursacht hat, bleiben enorm. Die Bahn, deren Reputation in Sachen Qualität und Pünktlichkeit schon jetzt erheblich ramponiert ist, wird weiter heruntergewirtschaftet, weil die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) 15 Prozent mehr Geld und eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich fordert. Das kann sich die Bahn nicht leisten, selbst wenn die Tarifparteien einen Kompromiss finden. Schon jetzt drücken Netto-Schulden von mehr als 21 Milliarden Euro den Staatskonzern. Diese Verbindlichkeiten werden weiter wachsen und den Spielraum für dringend benötigte Investitionen erheblich einengen. Doch das hielt GdLChef Claus Weselsky nicht von seinem Ego-Trip ab, den er zur höchsten Eskalationsstufe trieb. Auch wenn öffentlich hier und da geheuchelt wurde, dass die Republik den Arbeitskampf mit stoischer Ruhe ertrug. Wer mittendrin steckte, hörte anderes.
Das Streikrecht ist ein hohes
Gut – ohne Frage. Denn der Streik ist das einzige Druckmittel von Gewerkschaften, um berechtigte Forderungen durchzusetzen. Doch es gibt auch andere Rechtsgüter. Die Rechte der Bahnpassagiere, die um ihre bezahlte Fahrt betrogen wurden und die Rechte von Unternehmen, die wegen nicht gelieferter Waren erheblichen Schaden erlitten.
Dass das Tarifeinheitsgesetz ( TEG) bei der Bahn nicht gilt, ist ein Skandal. Es wurde 2015 verabschiedet, um zu verhindern, dass kleine Gewerkschaften ganze Wirtschaftszweige lahmlegen können. Das TEG muss reformiert werden, sodass es auch für die Bahn gilt. Sonst kann man die Mobilitätswende komplett vergessen, da das Image der Bahn noch weiter unter die Räder kommt.