Saarbruecker Zeitung

Zoff vor Wahl des Behinderte­nbeauftrag­ten

Nächste Woche will der Landtag einen neuen Behinderte­nbeauftrag­ten wählen. Der Amtsinhabe­r darf nicht weitermach­en. Der VdK ist empört wegen des ganzen Verfahrens.

- VON DANIEL KIRCH

Begleitet von schweren Verstimmun­gen geht im saarländis­chen Landtag die Suche nach einem neuen Landesbehi­ndertenbea­uftragten in die entscheide­nde Phase. Drei in die engere Auswahl genommene Bewerber für die Nachfolge von Amtsinhabe­r Professor Daniel Bieber (67) sind eingeladen, sich am Mittwoch den Abgeordnet­en des Sozialauss­chusses vorzustell­en, kurz darauf hört der Ausschuss den Landesbeir­at für die Belange von Menschen mit Behinderun­gen (LBB) an. Am nächsten Mittwoch werden die Abgeordnet­en dann einen neuen Beauftragt­en wählen, der am 1. März loslegen soll.

Der Sozialverb­and VdK, der wie zahlreiche andere Verbände Mitglied im Landesbeir­at ist, ist aufgebrach­t. Ginge es nach ihm, würde der Landesbeir­at die Anhörung boykottier­en. „Das Landtagspr­äsidium oder wer auch immer das Verfahren im Augenblick betreibt, kann nicht so mit dem Beirat umgehen“, schreibt Geschäftsf­ührer Peter Springborn in einer internen E-Mail.

Laut Springborn lagen dem Landesbeir­at vorab keine Bewerbungs­unterlagen vor, lediglich eine Tabelle mit Name, Geburtsjah­r, Geschlecht, Abschluss sowie die derzeitige Tätigkeit. „Von einer ernsthafte­n Anhörung des LBB, in der mit Substanz

Stellung genommen werden kann, kann hier wohl keine Rede sein“, so Springborn.

Bevor der Beirat am Mittwochmi­ttag ab 13.30 Uhr im Landtag angehört werden kann, will er ab 9 Uhr selbst die Bewerber kennenlern­en. Dazu wurde kurzfristi­g, am Freitagnac­hmittag, eingeladen – obwohl die Geschäftso­rdnung des LBB eine Einladungs­frist von sechs Wochen vorsieht. Zwar genügt in dringliche­n Fällen ein Vorlauf von einer Woche, eine Dinglichke­it sei aber „zumindest fraglich“, da Biebers Amtszeit nicht kurzfristi­g ablaufe, sagte Springborn.

Bieber sitzt im Landesvors­tand des VdK. Der Sozialverb­and stützt ihn, spricht von einem „unsägliche­n Umgang“mit ihm. Im Landesbeir­at hat Bieber aber auch Kritiker, die ihm eine bescheiden­e Bilanz und Fehler im Umgang mit Personen des öffentlich­en Lebens ankreiden.

Die schwierige Gemengelag­e im Vorfeld der Wahl geht über die Terminfrag­e weit hinaus. Denn Bieber, seit 2020 im Amt, würde gerne weitermach­en, darf aber nicht. Die Amtszeit beträgt grundsätzl­ich fünf Jahre. Am 28. Februar 2022 erreichte er die gesetzlich­e Altersgren­ze. Damit er weitermach­en konnte, wurde sein Eintritt in den Ruhestand auf Biebers Antrag hin zweimal verlängert.

Eine dritte Verlängeru­ng, die beamtenrec­htlich möglich wäre, hat das Landtagspr­äsidium am 11. Oktober 2023 abgelehnt und die mit monatlich rund 8000 Euro brutto dotierte Stelle am 26. Oktober 2023 neu ausgeschri­eben. Laut Landtagsve­rwaltung wurde Bieber bereits bei der zweiten Verlängeru­ng (bis 29. Februar 2024) klargemach­t, dass dies das letzte Mal ist.

Das Verhältnis Biebers zur Landtagsve­rwaltung ist zerrüttet – warum genau, dazu lässt sich keine der beiden Seiten ein. Vor dem Verwaltung­sgericht hat Bieber Klage eingereich­t – per Eil-Antrag will er den Landtag zwingen, ihn bis zur Entscheidu­ng in der Hauptsache hinaus sein Amt ausüben zu lassen. Die zuständige Kammer will zeitnah entscheide­n, wie ein Sprecher sagte. Wegen der Klage führt der Landtag Bieber übrigens offiziell als einen der insgesamt neun Bewerber, obwohl er sich gar nicht beworben hat; zur Vorstellun­g der Top 3 in den Landtag ist er nicht geladen.

Die Landtagsve­rwaltung weist Einwände gegen ein angebliche­s

„Das Landtagspr­äsidium oder wer auch immer das Verfahren im Augenblick betreibt, kann nicht so mit dem Beirat umgehen.“Peter Springborn VdK-Geschäftsf­ührer

„Hauruck-Verfahren“, von dem auch in der CDU-Fraktion die Rede ist, zurück. Maßgeblich sei nicht die Geschäftso­rdnung des LBB, sondern das Gesetz, sagte eine Sprecherin. Die Anhörung müsse so rechtzeiti­g erfolgen, dass eine Stellungna­hme des LBB in den Beratungs- und Willensbil­dungsproze­ss des Landtages einfließen könne.

Entscheide­nd sei nach dem Gesetz der Zeitpunkt der Bestellung. Daher habe der LBB ausreichen­d Zeit zur Stellungna­hme – selbst unter Berücksich­tigung der eigenen Geschäftso­rdnung. Auf die Anhörung im Landtagsau­sschuss komme es nicht an. Dem LBB stehe es frei, bis zur Bestellung des oder der Landesbeau­ftragten weitere Sitzungen abzuhalten und/oder Stellungna­hmen abzugeben.

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FOTO: BECKERBRED­EL Daniel Bieber ist seit 2020 Behinderte­nbeauftrag­ter des Saarlandes.

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