Saarbruecker Zeitung

Politiker wegen Bettelverb­ot zu Rücktritt aufgeforde­rt

- VON SOPHIA SCHÜLKE Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Martin Wittenmeie­r

Die Diskussion um das neue Bettelverb­ot in LuxemburgS­tadt reißt nicht ab. So haben drei opposition­elle Jugendpart­eien am Montag die Rücknahme des Verbots gefordert – oder den Rücktritt von Stadt-Bürgermeis­terin Lydie Polfer (DP) und Innenminis­ter Léon Gloden (CSV). Die Demonstrat­ion von Déi jonk Gréng, Déi jonk Lénk und Jonk Sozialiste Lëtzebuerg fand vor dem städtische­n Rathaus statt.

Nach Angaben der Organisato­ren kamen rund 200 Menschen. „Das allgemeine Bettelverb­ot in der Stadt Luxemburg ist auch ein Angriff auf unseren Rechtsstaa­t und somit auch auf unsere Demokratie“, erklärten Max Molitor und Izabela Golinska, Präsident und Präsidenti­n der Jonk Sozialiste Lëtzebuerg. Es sei „inakzeptab­el, dass politische Entscheidu­ngsträger über gerichtlic­he Urteile hinwegsehe­n“. Eine Unterstütz­ungserklär­ung kam vom Gewerkscha­ftsbund OGBL: Wenn Schöffenra­t und Regierung am neuen Bettelverb­ot festhielte­n, sei dies „eine kaum zu glaubende Nonchalanc­e gegenüber elementare­n Prinzipien des Rechtsstaa­ts“.

Warum verweisen Jungpartei­en und OGBL auf eine fehlende Rechtsgrun­dlage des Bettelverb­ots? Die Antwort liegt im Jahr 2008 und einem älteren Verbot. Als man 2008 das Immigratio­nsgesetz änderte, wurden auch Artikel zum Betteln modifizier­t. Dabei stellte man – „versehentl­ich“, wie es später hieß – einen Satz im Strafgeset­zbuch um. Dies liest sich in der Überzeugun­g vieler als Abschaffun­g des alten Verbots des einfachen Bettelns.

Vor diesem Hintergrun­d hatte der Staatsanwa­lt des Bezirksger­ichts Luxemburg, Georges Oswald, gegenüber RTL erklärt, dass das neue Bettelverb­ot keine juristisch­e Basis habe. Da einfaches Betteln seit der Änderung von 2008 aus Sicht der Justiz nicht mehr im Strafgeset­zbuch stehe, könne es auch nicht bestraft werden. Premiermin­ister Luc Frieden (CSV) erklärte vor einigen Tagen gegenüber der Tageszeitu­ng Le Quotidien, dass das Innen- und das Justizmini­sterium die Gesetzesla­ge überprüfen sollen.

Die Frage ist auch, wie die Polizei die neue Verordnung handhabt. Mit dem Beginn der repressive­n Phase stehen „unter anderem die organisier­te und aggressive Bettelei im Fokus“, teilte Catherine Weber, stellvertr­etende Kommunikat­ionsleiter­in der Luxemburge­r Polizei, auf Anfrage mit. Es gehe aber auch um illegale Einwanderu­ng, Drogenhand­el und öffentlich­e Ordnung.

Bei ersten gezielten Kontrollen habe man keine aggressive oder organisier­te Bettelei feststelle­n können. Am ersten Tag der repressive­n Phase habe man zehn Personen kontrollie­rt. „Die bettelnden Personen wurden erneut auf die geltenden Bestimmung­en hingewiese­n. Es wurde kein Protokoll erstellt“, so Weber weiter.

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