Linke und BSW im Bundestag verärgert über Fragerecht
Seit Dezember gibt es die Linksfraktion im Bundestag nicht mehr. Am Freitag sollen eine Linke- Gruppe und eine für das BSW anerkannt werden.
Sie werden wohl weit hinten sitzen und dürfen weniger Fragen stellen: Am Freitag soll im Bundestag über die künftigen Rechte der Abgeordneten abgestimmt werden, die bis Dezember der Linksfraktion angehört haben. Laut den Antragsentwürfen, die unserer Redaktion vorliegen, bilden künftig 28 Abgeordnete eine Gruppe mit dem Namen „Die Linke“. Zehn weitere Abgeordnete, die inzwischen dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angehören, schließen sich unter dem Namen „Gruppe BSW“zusammen. Heute befasst sich der Ältestenrat mit den
Anträgen auf Gruppenanerkennung. Unter den Abgeordneten von Linke und BSW sorgen dabei vor allem die Pläne zur Deckelung der Zahl der Anfragen für Unmut. Unserer Redaktion sagt Linke-Vorsitzende Janine Wissler: „Die Koalition will die Kontrollrechte der Opposition drastisch einschränken, insbesondere in Bezug auf das parlamentarische Fragerecht.“Mit dem Fragerecht würden Informationen ans Licht gebracht, die „die Regierung und Behörden lieber unter Verschluss halten würden“. Wissler betont: „Immer wieder haben wir hier den Finger in die Wunde gelegt. Daran will die Ampel uns nun offenbar hindern.“
Parlamentarierin Sevim Dagdelen, die der BSW-Gruppe angehören wird, sagt: „Eine Beschränkung des essenziellen Rechts, Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen und zu kontrollieren, droht die demokratische Kultur in unserem Land weiter zu beschädigen.“So seien Minderheitenrechte ein Wesensmerkmal der Demokratie und das Fragerecht ein „Kernelement“der parlamentarischen Arbeit.
Mit großen und kleinen Anfragen fordern Abgeordnete offizielle Auskünfte der Regierung. Künftig sollen beiden Gruppen jeweils zehn Anfragen pro Monat zugestanden werden. Das wäre eine Halbierung: Abgeordnete der Linksfraktion haben in dieser Legislatur, von Ende 2021 bis Ende 2023 insgesamt 966 kleine Anfragen gestellt, etwa zu sozialen Themen, zu Rechtsextremismus, Überwachung und zu Rüstungsexporten.
Abgeordnete der Ampel-Koalition verteidigen gegenüber unserer Redaktion die Pläne. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, sagt: „Der Unionsfraktion gehen die gefundenen Regelungen zu weit, den Gruppen selber wohl nicht weit genug; auch das veranschaulicht meines Erachtens, dass die Regierungsfraktionen einen sehr ausgewogenen Vorschlag vertreten.“
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst, sagt: „Beide Gruppen werden natürlich weniger Rechte als eine Fraktion erhalten, aber deutlich mehr als fraktionslose Abgeordnete.“Dabei orientierten sich die Koalitionsfraktionen an früheren Gruppenbildungen im Bundestag. Nach der deutschen Wiedervereinigung bildete etwa die PDS zunächst eine Gruppe.
Zur Auflösung der Bundestagsfraktion der Linken kam es vor zwei Monaten, als zehn Abgeordnete um die frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht aus der Partei austraten. Denn eine Fraktion muss aktuell mindestens 37 Mitglieder haben.
Welche weiteren Rechte sollen die neuen Gruppen nun bekommen? Sie dürfen etwa Mitglieder in die Fachausschüsse entsenden und in den Ältestenrat. Sie bekommen finanzielle Unterstützung und können Gesetzentwürfe, Anträge und Entschließungsanträge einbringen. Die Linke-Gruppe kann zwei Aktuelle Stunden pro Jahr verlangen, die BSW-Gruppe eine. Ihre Redezeit richtet sich nach ihrer Stärke. Unklar ist noch die Sitzordnung. Im Moment sieht es danach aus, dass die Abgeordneten beider Gruppen künftig hinten sitzen, auf Plätzen ohne Tisch zum Arbeiten.