Bundesagentur: Arbeitsmarkt braucht immer mehr Zuwanderer
Die Arbeitslosigkeit ist wieder gestiegen – auch im Saarland. Aber das Arbeitskräftepotenzial im Inland kann die Bedürfnisse der Betriebe nicht befriedigen.
(dpa/SZ) Etwa 113 000 aus der Ukraine, 123 000 aus Indien, 567 000 aus der Türkei. Der deutsche Arbeitsmarkt würde ohne die Arbeitskräfte aus Drittstaaten längst zusammenbrechen. Im Jahr 2023 waren Menschen von außerhalb der Europäischen Union die größte Gruppe derer, die einen Job in Deutschland annahmen, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, am Mittwoch in Nürnberg. Trotzdem sind immer noch fast 700 000 Stellen unbesetzt. Allein aus der Ukraine kamen von Juni 2022 bis Juni 2023 insgesamt 53 000 Menschen hinzu, die in Deutschland eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben. Aus Indien waren es im selben Zeitraum 24 000. „Nach unserer Prognose wird das in Zukunft zunehmen“, sagte Nahles. Hintergrund sei schlichtweg die Demografie.
Im Januar hat sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht allzu viel getan. Die Zahl der Arbeitslosen ist saisonüblich auf 2,805 Millionen gestiegen. Das sind 169 000 mehr als im Dezember 2023 und 189 000 mehr als im Januar vorigen Jahres, wie die Bundesagentur mitteilte. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,4 Punkte auf 6,1 Prozent. Die Bundesagentur griff bei ihrer Januar-Statistik auf Datenmaterial zurück, das bis zum 15. des Monats vorlag.
Im Saarland waren im Januar 36 900 Frauen und Männer arbeitslos, 1700 oder 4,9 Prozent mehr als im Dezember, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in Saarbrücken mitteilte. Die Arbeitslosenquote lag im Januar bei 7,0 Prozent nach 6,7 Prozent im Dezember 2023. Im Vergleich zum Januar des Vorjahres wurden im Saarland 1500 oder 4,3 Prozent mehr Menschen ohne Job gezählt. Die Arbeitslosenquote lag nach Angaben der Regionaldirektion vor einem Jahr bei 6,7 Prozent.
„Der deutliche Anstieg der Arbeitslosigkeit im Januar folgt dem saisonüblichen Muster“, sagte Frank Thomé, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Saarland. Zwar sei der Zuwachs unter dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre geblieben. „Erhebliche Sorge bereitet aber, dass die Arbeitslosenzahl mit fast 37 000 wieder ein beachtliches Niveau erreicht hat. Daher dürfte 2024 ein schwieriges Jahr für den Saar-Arbeitsmarkt werden“, sagte Thomé. „Ursächlich hierfür sind der fortgesetzte Zustrom von Flüchtlingen sowie die spürbar gesunkene Einstellungsbereitschaft der Unternehmen infolge kontinuierlich steigender Kosten und Geschäftsrisiken. Insbesondere durch neue Bürokratielasten, wie etwa der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU oder das Lieferkettengesetz, werden die Betriebe weiter unter Druck gesetzt.“Damit die Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs einschwenken könne, brauche es jetzt „dringend wirtschaftspolitische Reformen, die ein starkes und verlässliches Signal des Aufbruchs und der Erneuerung aussenden. Nur dann wird es gelingen, die Arbeitslosigkeit wieder spürbar zu senken“, so Thomé.
Obwohl der Arbeitsmarkt in starkem Maße auf Zuwanderer angewiesen ist und die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit fast einer Million (960 000) noch immer deutlich höher ist als vor den Pandemiejahren, werden die Chancen für Arbeitslose, einen neuen Job zu finden, kleiner. Im Januar waren nach Angaben der Bundesagentur 699 000 Arbeitsstellen bundesweit als offen gemeldet. Das sind 66 000 weniger als vor einem Jahr.
Im Saarland seien im Januar 9700 offene Arbeitsstellen registriert worden, 1800 oder 15,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, berichtete Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion. Die meisten Stellen seien in der Zeitarbeit, im Verarbeitenden Gewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen, im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie im Handel gemeldet gewesen.
Nach wie vor schwierig bleibt die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Viele Lehrstellen, die von Betrieben angeboten werden, können nicht besetzt werden. In der sogenannten Nachvermittlungszeit waren den Angaben zufolge von Oktober 2023 bis Januar 2024 mit 64 000 gut 1000 junge Menschen mehr auf Ausbildungssuche als im Jahr zuvor. Dem standen 85 000 gemeldete Ausbildungsstellen in Betrieben gegenüber, knapp 4 000 mehr als im Vorjahr.