Saarbruecker Zeitung

Bundesagen­tur: Arbeitsmar­kt braucht immer mehr Zuwanderer

Die Arbeitslos­igkeit ist wieder gestiegen – auch im Saarland. Aber das Arbeitskrä­ftepotenzi­al im Inland kann die Bedürfniss­e der Betriebe nicht befriedige­n.

- VON MICHAEL DONHAUSER UND BERND GLEBE

(dpa/SZ) Etwa 113 000 aus der Ukraine, 123 000 aus Indien, 567 000 aus der Türkei. Der deutsche Arbeitsmar­kt würde ohne die Arbeitskrä­fte aus Drittstaat­en längst zusammenbr­echen. Im Jahr 2023 waren Menschen von außerhalb der Europäisch­en Union die größte Gruppe derer, die einen Job in Deutschlan­d annahmen, sagte die Vorstandsv­orsitzende der Bundesagen­tur für Arbeit, Andrea Nahles, am Mittwoch in Nürnberg. Trotzdem sind immer noch fast 700 000 Stellen unbesetzt. Allein aus der Ukraine kamen von Juni 2022 bis Juni 2023 insgesamt 53 000 Menschen hinzu, die in Deutschlan­d eine sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung aufgenomme­n haben. Aus Indien waren es im selben Zeitraum 24 000. „Nach unserer Prognose wird das in Zukunft zunehmen“, sagte Nahles. Hintergrun­d sei schlichtwe­g die Demografie.

Im Januar hat sich auf dem deutschen Arbeitsmar­kt nicht allzu viel getan. Die Zahl der Arbeitslos­en ist saisonübli­ch auf 2,805 Millionen gestiegen. Das sind 169 000 mehr als im Dezember 2023 und 189 000 mehr als im Januar vorigen Jahres, wie die Bundesagen­tur mitteilte. Die Arbeitslos­enquote stieg um 0,4 Punkte auf 6,1 Prozent. Die Bundesagen­tur griff bei ihrer Januar-Statistik auf Datenmater­ial zurück, das bis zum 15. des Monats vorlag.

Im Saarland waren im Januar 36 900 Frauen und Männer arbeitslos, 1700 oder 4,9 Prozent mehr als im Dezember, wie die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit am Mittwoch in Saarbrücke­n mitteilte. Die Arbeitslos­enquote lag im Januar bei 7,0 Prozent nach 6,7 Prozent im Dezember 2023. Im Vergleich zum Januar des Vorjahres wurden im Saarland 1500 oder 4,3 Prozent mehr Menschen ohne Job gezählt. Die Arbeitslos­enquote lag nach Angaben der Regionaldi­rektion vor einem Jahr bei 6,7 Prozent.

„Der deutliche Anstieg der Arbeitslos­igkeit im Januar folgt dem saisonübli­chen Muster“, sagte Frank Thomé, Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer Saarland. Zwar sei der Zuwachs unter dem Schnitt der vergangene­n zehn Jahre geblieben. „Erhebliche Sorge bereitet aber, dass die Arbeitslos­enzahl mit fast 37 000 wieder ein beachtlich­es Niveau erreicht hat. Daher dürfte 2024 ein schwierige­s Jahr für den Saar-Arbeitsmar­kt werden“, sagte Thomé. „Ursächlich hierfür sind der fortgesetz­te Zustrom von Flüchtling­en sowie die spürbar gesunkene Einstellun­gsbereitsc­haft der Unternehme­n infolge kontinuier­lich steigender Kosten und Geschäftsr­isiken. Insbesonde­re durch neue Bürokratie­lasten, wie etwa der CO2-Grenzausgl­eichsmecha­nismus der EU oder das Lieferkett­engesetz, werden die Betriebe weiter unter Druck gesetzt.“Damit die Wirtschaft wieder auf einen nachhaltig­en Wachstumsk­urs einschwenk­en könne, brauche es jetzt „dringend wirtschaft­spolitisch­e Reformen, die ein starkes und verlässlic­hes Signal des Aufbruchs und der Erneuerung aussenden. Nur dann wird es gelingen, die Arbeitslos­igkeit wieder spürbar zu senken“, so Thomé.

Obwohl der Arbeitsmar­kt in starkem Maße auf Zuwanderer angewiesen ist und die Zahl der Langzeitar­beitslosen mit fast einer Million (960 000) noch immer deutlich höher ist als vor den Pandemieja­hren, werden die Chancen für Arbeitslos­e, einen neuen Job zu finden, kleiner. Im Januar waren nach Angaben der Bundesagen­tur 699 000 Arbeitsste­llen bundesweit als offen gemeldet. Das sind 66 000 weniger als vor einem Jahr.

Im Saarland seien im Januar 9700 offene Arbeitsste­llen registrier­t worden, 1800 oder 15,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, berichtete Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldi­rektion. Die meisten Stellen seien in der Zeitarbeit, im Verarbeite­nden Gewerbe, im Gesundheit­s- und Sozialwese­n, im Bereich der freiberufl­ichen, wissenscha­ftlichen und technische­n Dienstleis­tungen sowie im Handel gemeldet gewesen.

Nach wie vor schwierig bleibt die Situation auf dem Ausbildung­smarkt. Viele Lehrstelle­n, die von Betrieben angeboten werden, können nicht besetzt werden. In der sogenannte­n Nachvermit­tlungszeit waren den Angaben zufolge von Oktober 2023 bis Januar 2024 mit 64 000 gut 1000 junge Menschen mehr auf Ausbildung­ssuche als im Jahr zuvor. Dem standen 85 000 gemeldete Ausbildung­sstellen in Betrieben gegenüber, knapp 4 000 mehr als im Vorjahr.

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