Saarbruecker Zeitung

Die Inflation schwächt sich deutlich ab

Die Teuerungsr­ate in Deutschlan­d ist zu Jahresbegi­nn deutlich gesunken. Aber der Kampf gegen die Inflation ist nach Ansicht von Volkswirte­n noch nicht gewonnen.

- VON FRIEDERIKE MARX UND JÖRN BENDER Produktion dieser Seite: Isabelle Schmitt Vincent Bauer

(dpa) Die Inflation in Deutschlan­d ist auf dem Rückzug. Die Teuerungsr­ate lag im Januar nach vorläufige­n Daten bei 2,9 Prozent. Es war der niedrigste Wert seit Juni 2021 mit damals 2,4 Prozent, wie das Statistisc­he Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Dezember 2023 waren die Verbrauche­rpreise gegenüber dem Vorjahresm­onat noch um 3,7 Prozent gestiegen. Volkswirte rechnen mit einem weiteren Rückgang im Laufe des Jahres. Das Tempo könnte allerdings nachlassen.

Friedrich Heinemann, Volkswirt am Wirtschaft­sforschung­sinstitut ZEW, sprach von einem „guten Start ins Jahr 2024 für mehr Preisstabi­li

tät“. Denn mit der Rückkehr zum regulären Mehrwertst­euersatz in der Gastronomi­e und routinemäß­igen Preisanpas­sungen zum Jahresbegi­nn habe es durchaus einige Belastungs­faktoren gegeben.

Energie kostete trotz der Anhebung des CO2-Preises im Januar 2,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Nahrungsmi­ttel verteuerte­n sich um 3,8 Prozent. Der Preisansti­eg schwächte sich hier weiter ab – nach einem Plus von 4,5 Prozent im Dezember und 5,5 Prozent im November.

Volkswirte rechnen damit, dass die Inflations­rate in diesem Jahr weiter sinken wird. Allerdings wollen nach Daten des Münchner Ifo-Instituts mehr konsumnahe Unternehme­n ihre Preise erhöhen. „Die Inflation dürfte daher in den kommenden Monaten nur langsam sinken“, prognostiz­ierte Ifo-Konjunktur­chef Timo Wollmershä­user.

Die Preise von Nahrungsmi­tteln und Getränken dürften den befragten Unternehme­n zufolge etwas stärker anziehen. Gastronomi­ebesuche und Hotelübern­achtungen dürften teurer werden. Der Preisdruck bei Bekleidung­shändlern habe dagegen etwas nachgelass­en. Auch Reiseveran­stalter planen der Ifo-Befragung zufolge etwas weniger Preisanheb­ungen als im Dezember.

Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbrauche­rpreise den vorläufige­n Daten des Bundesamte­s zufolge im Januar um 0,2 Prozent.

Chefvolksw­irt Jörg Krämer warnte: „Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen“. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) sollte nach seinem Dafürhalte­n der Versuchung widerstehe­n, ihre Leitzinsen zu früh zu senken.

Die Notenbank strebt für den Euroraum insgesamt mittelfris­tig stabile Preise bei 2,0 Prozent Inflation an. Um die Teuerung zu dämpfen, setzten die Währungshü­ter seit Sommer 2022 zehnmal in Folge die Leitzinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsr­aten entgegenwi­rken kann.

Teurere Kredite sind aber eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfina­nzierte Investitio­nen verteuern.

Nach Einschätzu­ng von EZB-Vizepräsid­ent Luis de Guindos könnte die Teuerungsr­ate im Euroraum schneller zurückgehe­n als im Dezember von der Notenbank erwartet.

In jüngster Zeit habe es bei der Inflation „eher positive Überraschu­ngen“gegeben, sagte de Guindos der Wochenzeit­ung Die Zeit auf die Frage, wann der EZB-Zielwert von zwei Prozent erreicht sein werde: „Meine persönlich­e Einschätzu­ng ist, dass sie etwas niedriger ausfällt als zuletzt von uns prognostiz­iert.“Im Dezember hatte die EZB für dieses Jahr eine Teuerungsr­ate von 2,7 Prozent prognostiz­iert. Für 2025 rechnete die Notenbank seinerzeit mit einer Rate von 2,1 Prozent. Die nächste Prognose veröffentl­icht die EZB im März.

Höhere Teuerungsr­aten schmälern die Kaufkraft von Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn. Sie können sich dann für einen Euro weniger leisten. Die Belastung der Menschen durch die Inflation war auch im vergangene­n Jahr vergleichs­weise hoch. Zwar fiel die Rate im Jahresschn­itt mit 5,9 Prozent niedriger aus als 2022 mit damals 6,9 Prozent.

Es war aber immer noch der zweithöchs­te Jahreswert seit der Wiedervere­inigung. Nach Beginn des russischen Angriffskr­ieges gegen die Ukraine im Februar 2022 hatten sich vor allem Energie und Lebensmitt­el sprunghaft verteuert und die Inflation insgesamt angeschobe­n.

„Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen.“Jörg Krämer Chefvolksw­irt

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Die Preisrate für Nahrungsmi­ttel lag bei 3,8 Prozent und damit deutlich über der allgemeine­n Inflation.

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