Saarbruecker Zeitung

Eine getrickste Großmutter und Klein-Saarland in Brasilien

80 000 Euro vergeben die Saarland Medien in diesem Jahr an Filmprojek­te mit saarländis­chem Drehort oder Bezug. Was wird gefördert?

- VON TOBIAS KESSLER www.saarland-medien.de

Üppig ausgestatt­et ist die saarländis­che Filmförder­ung nicht – um die 80 000 Euro im Jahr können die Saarland Medien GmbH in den Bereichen Produktion und Stoffentwi­cklung vergeben. Aber manchmal entsteht aus Kleinem auch Größeres – zum Beispiel geht „Holy Meat“, der erste Kinofilm der Saarbrücke­r Regisseuri­n Alison Kuhn, der 2025 startet, auf eine Stoffentwi­cklungsför­derung zurück, die ihr 2016 gewährt wurde. Jetzt haben die Saarland Medien die jüngsten geförderte­n Projekte vorgestell­t; im Förderauss­chuss waren diesmal die Schauspiel­erin Brigitte Urhausen (unter anderem SR-Tatort), die Produktion­sleiterin Christa Lassen (Saarlandkr­imi „In Wahrheit“) und der Autor Oliver Baumgarten, ehemaliger Programmle­iter des Filmfestiv­als Max Ophüls Preis.

Die höchste Förderung mit 17 000 Euro erhält der Spielfilm

„Waldeinsam­keit“der Produktion­sfirma 2pilots. Um Paulina geht es, Mitte 20, die am Theater gekündigt hat und Filmschaus­pielerin werden will. Doch leicht ist das nicht – zumal gerade ihre Mutter gestorben ist, ihr eine verwahrlos­te Wohnung und einen Berg Schulden hinterlass­en hat.

Die Saarbrücke­r Produktion­sfirma Zeit:Raum wird mit 15 000 Euro für den Animations­film „Hopp, Helga“ von Katharina Müller unterstütz­t. Um die Großmutter Helga geht es, die sich mit Enkelin Kathrin streitet – vordergrün­dig geht es um einen Einkaufsze­ttel, im Hintergrun­d schwelen ganz andere Konflikte.

Bei Ophüls lief gerade mit der Rarität „Der Snob“eine Hommage an den in Saarbrücke­n geborenen Regisseur Wolfgang Staudte (1906-1984, „Die Mörder sind unter uns“, „Der Untertan“). Der Filmemache­r Klaus Gietinger und Uschi Schmidt-Lenhard, Vorsitzend­e der Saarbrücke­r Staudte-Gesellscha­ft, haben für eine Doku sieben Interviews mit Weggefährt­en geführt – darunter Schauspiel­er Volker Kraeft aus Staudtes letztem Kinofilm „Zwischengl­eis“, Regieassis­tent Michael Mackenroth und Biograf Malte Ludin. Die Produktion wird mit 5000 Euro unterstütz­t.

Das Filmprojek­t „Zuhause fremd“erzählt von Rudi, eigentlich Gertrud, die seit langem in Berlin lebt, aber in einem kleinen Dorf im Saarland aufgewachs­en ist. Dorthin reist sie nach dem Tod ihres Vaters, wo der das „Gasthaus Hirsch“führte, die einzige Kneipe im Ort. Rudi will das Haus verkaufen. Doch sie macht die Rechnung ohne die Gemeinde… Die Produktion des Films von Katrin Larissa Kasper, inszeniert von Thomas Scherer („Unter Tannen“), wird mit 10 000 Euro gefördert.

Von einer Rückkehr in die alte Heimat erzählt auch „Katzenköni­g“von Franziska Schwarz. Als Felix zu Weihnachte­n nach Hause kommt, erwartet ihn eine traurige Neuigkeit: Katze Kiki wurde vergiftet. Felix ermittelt. „Eine riskante Odyssee durch die unzugängli­che Kleinstadt­monotonie“, verspricht die Filmemache­rin. Die Produktion dieser Odyssee wird mit 10 000 Euro gefördert.

„Das verlorene Wochenende“heißt Billy Wilders legendäres Alkoholike­r-Drama aus dem Jahr 1945. Nicht zufällig heißt Thorsten Harys Sportdrama „Ein verlorenes Wochenende“: Es soll die Lebensgesc­hichte von Werner Kohlmeyer (1924-1974) nachzeichn­en, einem der Weltmeiste­r von 1954. Nach dem triumphale­n Sieg kehrt der Fußballer in seine Pfälzer Heimat zurück, doch der Ruhm verblasst schnell. Der Film soll „eine zutiefst emotionale Reise“werden, sagt Hary. Die Produktion­sfirma Zeit:Raum erhält eine Stoffentwi­cklungsför­derung über 7500 Euro.

Für seinen Dokumentar­film „São Vendelino“will David-Simon Groß eine kleine Enklave im Süden Brasiliens porträtier­en. Dort pflegen die Nachkommen von Einwandere­rn „auch nach 200 Jahren immer noch penibel ihre saarländis­che Kultur und Sprache“, sagt Filmemache­r Groß, „Zum alljährlic­hen Kerbfest werden Lederhosen aufgetrage­n und Brezeln gegessen“, eine Wahl der Kirmes-Königin gibt es auch. „Ist das der ‚German Dream`, fragt Groß, „oder die Karikatur absurder deutscher Klischees?“. Die Entwicklun­g wird mit 8000 Euro gefördert.

Die Filmemache­rin Sabrina Kiefer will in „Reines“eine Liebesgesc­hichte mit Mystery-Elementen erzählen – um eine Zeitschlei­fe wird es gehen und um eine Entscheidu­ng zwischen Verpflicht­ung und Liebe. „Reines“erhält eine Stoffentwi­cklungs-Förderung über 3000 Euro.

Für ihre Dokumentat­ion „Futuro Europa“wollen die Filmemache­r Philipp Majer („World Taxi“) und Lukas Ratius vier junge Menschen in Europa begleiten. „Wir werden die Aufmerksam­keit auf Menschen richten, deren Stimmen und Bedürfniss­e oft vergessen werden – Menschen zwischen 14 und 25, die in Europa fast 20 Prozent der Bevölkerun­g ausmachen“, sagen Majer und Ratius. Die Geschichte­n seien thematisch verbunden: durch die Vernachläs­sigung ihrer Heimatorte, die zu leiden hätten unter „klimatisch­en Veränderun­gen, struktursc­hwacher Verwaltung, hohen Arbeitslos­enzahlen und wirtschaft­licher Schwäche“. „Futuro Europa“erhält eine Stoffentwi­cklungs-Förderung über 5000 Euro.

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FOTO: ZEIT:RAUM Ein Motiv aus „Hopp, Helga“von Katharina Müller.

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