Saarbruecker Zeitung

Neue Betreiber wagen „Kufa“-Neustart

Über viele Jahre war die Saarbrücke­r Kulturfabr­ik die Party-Hochburg schlechthi­n in der Region. Zuletzt war es um sie still geworden. Jetzt gibt es neue Betreiber – und die präsentier­en diese Woche einen Skandal-Rapper.

- VON THOMAS SCHÄFER

Es gab Zeiten, Mitte und Ende der 1990er-Jahre, da kamen Horden pickliger Abiturient­en und Azubis vom Land in die große Stadt, um die große Welt kennenzule­rnen – die fasziniere­nde Welt der Partynächt­e, die seinerzeit im Saarland nirgendwo sonst so geballt zu erleben war wie in der „Kufa“in Saarbrücke­n.

Die riesige „Kulturfabr­ik“in der alten Lagerhalle der Neufang-Brauerei war 1993 nach einem Mega-Umbau von mindestens neun Millionen D-Mark eröffnet worden, um genau das zu sein: ein Ort, der vor allem für die Jugend fasziniere­nden Erlebnisse bieten sollte, Kultur im weiten Sinne, Disco, Konzerte. In der Eröffnungs­woche spielte ernsthaft die damals erfolgreic­hste Rock-Band Deutschlan­ds, die „Scorpions“. 1500 Fans waren da.

Abertausen­de junger Menschen sollten folgen. Für gewöhnlich freitags und samstags kamen sie aus Lebach, Auersmache­r, Wadern oder Wellesweil­er angefahren, um für neun DM Eintritt zu tanzen, zu trinken, zu knutschen und in der Dudweiler Landstraße einfach eine gute Zeit zu haben.

Die „Kufa“hatte lange Jahre gute Zeiten, als Partyplatz aber ist sie seit Längerem nicht mehr bekannt gewesen. Zuletzt war dort ein „Selfie-Museum“zu Hause, ab und an konnte man auch Second-HandKlamot­ten kaufen. Jetzt soll sich das aber wieder ändern. Und teilweise ist das schon geschehen. Eine der ersten Veranstalt­ungen der neuen „Kufa“-Betreiber war die SaarlandAu­sgabe der erfolgreic­hen Party-Serie „Old School Vibes“mit Hip Hop und RnB alter Schule, die auch in SB die Massen anzog – ausverkauf­tes Haus! Auf einem Handyvideo, das ein Autofahrer im Vorbeifahr­en gedreht hat, sieht man eine wirklich lange Schlange vor der Tür. Teilweise wurde die „Kufa“als so voll empfunden, dass es im Netz heftige Beschwerde­n gab.

Raffaele De Giorgio aus Saarbrücke­n, einer der neuen Macher, räumt ein: „Wir wussten, dass viele kommen werden, aber nicht so viele. Das war schon extrem.“Er verspricht, sich die Kritik zu Herzen zu nehmen und Dinge zu ändern, so mache man es immer, wenn berechtigt­e Kritik kommt. Zwei Garderoben soll es bald geben, insgesamt drei Eingänge, auch werde man den Zugang künftig noch stärker begrenzen.

Tatsächlic­h stehen die nächsten Großereign­isse in der „Kufa“bereits vor der Tür. An diesem Freitag tritt der Hamburger Skandal-Rapper Gzuz auf, der fast das gesamte Jahr 2023 im Gefängnis verbracht hat und schon mehrfach wegen Drogen und Gewalt im Konflikt mit dem Gesetz war. Fast alle verfügbare­n Karten für das Konzert sind schon verkauft, wenige gibt es noch. Weiter geht es mit der Faschingsp­arty „Saarneval“am 10. Februar, wenn sechs DJs auflegen werden, einer Italien-Party am 9. März und einem Auftritt des Musikers Sido, dem Skandale ebenfalls nicht fremd sind, am 16. März. Am 28. März steht eine Mallorca-Party an, Anfang Mai ist dann auch eine Neuauflage der „Old School Vibes“geplant.

Und sonst? Was haben die neuen Macher vor mit dem weit über 1000 Quadratmet­er großen Tempel der Nacht, in dem einst auch mal der 1. FC Saarbrücke­n eine rauschende Aufstiegsp­arty feierte oder der damalige FDP-Chef Guido Westerwell­e, der inzwischen verstorben ist, mehrfach Wahlkampf machte?

De Giorgio, 26, ein cooler Typ mir Bart, der zusammen mit Ge

schäftspar­tnern auch für den Club „Seven“in der Futterstra­ße verantwort­lich ist, spricht von einer „Hybrid-Eventhalle“. Es soll viele Partys und Konzerte geben, man kann die neue „Kufa“aber auch für Veranstalt­ungen mieten. Es gebe schon jetzt „jede Menge“Anfragen, zum Beispiel für mehrere Abi-Bälle und Weihnachts­feiern von Firmen.

De Giorgio und seine Leute wol

len ansonsten die „Kufa“drei bis vier Mal im Monat öffnen, „mit besonderen Events, mit was Coolem, was man nicht jede Woche machen kann. Wir wollen den Leuten was bieten!“Man sei gut vernetzt, könne große Künstler in die Stadt holen, auch Public Viewing während der anstehende­n Fußball-Europameis­terschaft oder mal ein Oktoberfes­t seien denkbar bis wahrschein­lich.

Jedes Wochenende Clubmusik und Tanzen, das schränkt De Giorgio (gewiss zum Leidwesen vieler) ein, werde es allerdings in der Kulturfabr­ik absehbar nicht geben. Großraumdi­scos seien zu schwierig geworden: „Es gibt einfach nicht mehr genügend Leute, die rausgehen.“Wer 25 oder 30 sei, gehe nicht mehr wie früher jeden Freitag oder Samstag feiern, eher alle zwei Monate mal.

Corona und Netflix hätten diesen Trend verstärkt, gerade bei den noch Jüngeren.

Bei unserem Besuch am Dienstag sah es in der „Kufa“noch etwas wüst aus. Mitten im Raum stand ein Gabelstapl­er, die Bühne wurde umgebaut für das Konzert am Freitag. Auch danach soll sich noch manches verändern, vor allem in Licht und Ton werde man noch Geld investiere­n, mit Malerarbei­ten hat man schon begonnen. Als die Anfrage kam im vergangene­n November, so erzählt De Giorgio, habe man nicht lange überlegen müssen, ob man sich die Legende „Kufa“zutraut. Schon nach wenigen Stunden Bedenkzeit habe man zugesagt. Ob die „Kufa“wirklich an alte Zeiten anknüpfen kann, wird sich zeigen. Einer der sich mit dem Thema besser auskennen dürfte als jeder andere, hat ein gutes Gefühl. Joachim „Cassius“Clemens, der bekanntest­e Disco-Betreiber des Saarlandes, jüngst 70 geworden, lange Chef auch der „Kufa“und sogar schon 1993 bei der Eröffnung dabei, sagt: „Nach vielem Hin und Her gibt es jetzt die richtigen Leute, die das langfristi­g vernünftig betreiben können.“

 ?? FOTO: KUFA ?? Die ersten großen Partys wurden in der Saarbrücke­r Kulturfabr­ik im neuen Jahr schon gefeiert.
FOTO: KUFA Die ersten großen Partys wurden in der Saarbrücke­r Kulturfabr­ik im neuen Jahr schon gefeiert.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Legenden des 1. FC Saarbrücke­n: Stürmer Sambo Choji mit Begleitung und Trainer Klaus Toppmöller feierten 2000 in der „Kufa“.
FOTO: BECKERBRED­EL Legenden des 1. FC Saarbrücke­n: Stürmer Sambo Choji mit Begleitung und Trainer Klaus Toppmöller feierten 2000 in der „Kufa“.
 ?? FOTO: THOMAS SCHÄFER ?? Legendärer Bau in der Dudweiler Landstraße: Hier in der Kulturfabr­ik wird seit 30 Jahren groß gefeiert.
FOTO: THOMAS SCHÄFER Legendärer Bau in der Dudweiler Landstraße: Hier in der Kulturfabr­ik wird seit 30 Jahren groß gefeiert.

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