Saarbruecker Zeitung

Wird Willingen zu „Wellingen“?

In der brutalen Terminhatz der Skispringe­r steht der Kult-Weltcup auf der hessischen Großschanz­e an.

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert Mark Weishaupt, Stefan Regel

(sid) Immerhin konnte Andreas Wellinger diesmal die Zeit daheim maximieren: Nach 90 AutoMinute­n war er mit seinen beiden Medaillen von der Skiflug-WM am Kulm zuhause in Salzburg eingetroff­en und durfte kurz durchatmen. Zwar sind die beiden großen Saisonhöhe­punkte Geschichte, im Weltcup ist aber noch nicht einmal Halbzeit. Auf dem langen Weg in die Ferien verspricht zumindest das Gastspiel in der Party-Hochburg Willingen ab Freitag Kurzweil.

„Geile Schanze, geile Stimmung“– der Gedanke an das hessische Bermuda-Dreieck der guten Skisprung-Laune mit Heerschare­n feierwütig­er Fans weckt bei Wellinger reichlich gute Assoziatio­nen. An die Mühlenkopf­schanze hat der 28-Jährige allerbeste Erinnerung­en, dort gewann er 2017 seinen ersten Heim-Weltcup. Die Mühlenkopf­schanze ist zwar offiziell die größte Großschanz­e der Welt, eigentlich aber auch eine kleine Flugschanz­e: Im Vorjahr segelte der Slowene Timi Zajc auf groteske 161,5 Meter – achteinhal­b über Schanzenre­kord – und stürzte. „Einer der wildesten Sprünge, die ich je gesehen habe“, sagt Wellinger.

So wild soll es diesmal möglichst nicht werden. Aus Willingen aber wieder ein euphorisch­es „Wellingen“zu machen, wäre in Wellingers Sinn – und nächster Höhepunkt einer bockstarke­n Saison: Vizeweltme­ister im Fliegen, Vize bei der Vierschanz­entournee, im Gesamtwelt­cup nach einem Sieg und sieben weiteren Podestplät­zen derzeit ebenfalls Zweiter. Nach 14 von 32 Einzelspri­ngen wohlgemerk­t – die Saison zieht sich nicht wie die „historisch lange“(Bundestrai­ner Stefan Horngacher) WM-Saison des Vorjahres bis in den April, ist aber dennoch grenzwerti­g vollgestop­ft.

Neun Stationen auf drei Kontinente­n warten noch bis zum Finale in Planica am 24. März. Nach Willingen geht es auf „Retro-Olympia-Tour“nach Lake Placid (USA), Schauplatz der Winterspie­le 1980, und Sapporo/Japan (1972) – und dann wieder zurück nach Oberstdorf zum Skifliegen. Ehe es dann im März richtig wild wird: Binnen 25 Tagen stehen – Qualifikat­ionen nicht eingerechn­et – zwölf Springen an.

Schon jetzt regt sich Widerstand gegen die Springflut. „Mir ist es schon lieber, wenn`s ein bisserl kürzer ist“, sagte Österreich­s Trainer Andreas Widhölzl. Wenn es nach Weltverban­ds-Renndirekt­or Sandro Pertile geht, wird es noch mehr. Er fabulierte zuletzt von einer achtmonati­gen Saison. „Man könnte schon im Oktober mit drei, vier Wettbewerb­en auf Matte starten“, sagte der Italiener.

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FOTO: SCHRADER/AP Skispringe­r Andreas Wellinger kommt in guter Form zum Weltcup im hessischen Willingen.

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