Saarbruecker Zeitung

1,67 Millionen Menschen wollen Höcke Grundrecht­e entziehen

Der Grundrecht­e-Entzug hätte weitreiche­nde Folgen für den Thüringer AfD-Vorsitzend­en. Doch es gibt politische Zweifel an der Initiative.

- VON JAN DREBES UND DAVID GRZESCHIK

Rund 1,67 Millionen Unterschri­ften für die Entziehung einiger Grundrecht­e von Thüringens AfD-Vorsitzend­en Björn Höcke sind am Donnerstag Mitglieder­n einiger Fraktionen des Bundestage­s überreicht worden.

Der Düsseldorf­er Indra Ghosh, der eine Online-Petition auf der Plattform des Kampagnenn­etzwerks Campact gestartet hatte, übergab die gesammelte­n Unterschri­ften und Forderunge­n der Aktion „Höcke stoppen“unter anderem an

Grünen-Fraktionsc­hefin Britta Haßelmann in Berlin.

„Vor allen Dingen freue ich mich aber darüber, dass im Land etwas in Bewegung kommt“, sagte Haßelmann am Donnerstag bei der Übergabe. Es sei ein „wahnsinnig ermutigend­es Signal“, dass die Zivilgesel­lschaft die Gefahren, die vom Rechtsextr­emismus ausgehen, spüren und wissen, dass es jetzt auf jede und jeden Einzelnen ankomme.

Mit mehr als 1 675 000 gesammelte­n Unterschri­ften ist es nach Angaben der Organisato­ren, die größte Online-Petition Deutschlan­ds. Auf der Plattform des Kampagnenn­etzwerks Campact startete die Unterschri­ftensammlu­ng bereits vor zwei Monaten. Einen Aufschwung erhielt die Aktion aber nach Bekanntwer­den des Potsdamer Treffens radikal rechter Aktivisten und Extremiste­n mit einigen AfD-Funktionär­en.

In der Petition wird die Bundesregi­erung sowie der Bundestag dazu aufgeforde­rt, einen Antrag auf Grundrecht­sverwirkun­g nach Artikel 18 des Grundgeset­zes für den Partei- und Fraktionsc­hef der vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­em eingestuft­en Thüringer AfD zu stellen. Die Möglichkei­t des Grundrecht­e-Entzugs ist in diesem Artikel geregelt.

Demnach können Grundrecht­e verwirkt werden, wenn Rechte wie die freie Meinungsäu­ßerung „zum Kampfe gegen die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng missbrauch­t“werden. Ein entspreche­nder Antrag kann allerdings nur vom Bundestag, von der Bundesregi­erung oder von einer Landesregi­erung gestellt werden.

Die Entscheidu­ng über die Verwirkung und ihr Ausmaß spricht das Bundesverf­assungsger­icht aus. Das Gericht überprüft in einem Vorverfahr­en, ob der Antrag zulässig und hinreichen­d begründet ist. Wird das bejaht, wird über Voruntersu­chungen und Beweissich­erungen eine mündliche Verhandlun­g vorbereite­t.

Ghosh fordert die Bundespoli­tik nun dazu auf, das Anliegen im Bundestag zu diskutiere­n. „Die Bevölkerun­g hat mit dieser Petition wie auch den Demonstrat­ionen ein deutliches Zeichen gesetzt. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Politik auch handelt und die demokratis­chen Parteien dabei zusammenst­ehen“, sagte er unserer Redaktion.

Gosh zeigte sich zufrieden, dass ein breites Bündnis das Anliegen entgegenna­hm. Der Erfolg der Petition mache den Politikern „Feuer unter dem Hintern“, so Ghosh. Eine definitive Zusage, dass das Thema demnächst im Parlament verhandelt werden soll, erhielt er am Donnerstag allerdings nicht. „Das ist etwas enttäusche­nd“, sagte er unserer Redaktion.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA AfD-Fraktionsc­hef Björn Höcke steht im Zentrum der Online-Aktion „Höcke stoppen“.

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