Saarbruecker Zeitung

Auf die Straße gehen für alle

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Ich gebe zu, ich fühle mich schon ein bisschen seltsam, wenn ich bei einer der aktuellen Demos gegen Rechtsextr­emismus und rassistisc­he, menschenve­rachtende Zukunftstr­äume, wie sie in Kreisen der AfD offenbar geträumt werden, auf die Straße gehe und im Demozug zufällig irgendwo in der Nähe der Antifa lande. Das ist nicht unbedingt meine Welt, denn ich glaube zum Beispiel nicht, dass es wirklich dauerhaft klappen würde, jeden flüchtende­n Menschen ungeprüft ins Land zu lassen. Ein paar Regeln hätte ich da schon gerne. Trotzdem käme ich nie auf die Idee, von einer dieser so fundamenta­l wichtigen Demos wegzubleib­en, nur weil da auch Leute mitlaufen, mit denen ich nicht in allem übereinsti­mme.

Wichtig ist mir nur: Wir sollten alle gemeinsam auf die Straße gehen, um mit all unserer Kraft diese wertvolle Verfassung zu schützen, die uns garantiert, immer und überall unterschie­dlicher Meinung zu sein. Wir kämpfen für dieses Grundgeset­z, das verhindert, dass irgendwelc­he kranken Spinner uns aus dem Land jagen oder Schlimmere­s, weil wir nicht die „richtige“Gesinnung, Hautfarbe, Nationalit­ät oder Sexualität haben.

Ich gehe also auch dafür auf die Straße, dass die Antifa fordern darf, dass alle Ausländer rein sollen. Ich gehe auch dafür auf die Straße, dass Junge Union oder Junge Liberale oder andere demokratis­che (!) Parteien ganz andere Vorstellun­gen von der Welt haben dürfen als ich. Das ist Freiheit, das ist Demokratie. Dass sich manche Parteien und Organisati­onen nun fragen, ob man mit dem oder der auf dem Plakat stehen darf, wer da jetzt mit einlädt zur Demo und wer nicht, dieses Kleinklein finde ich in der aktuellen Lage vorsichtig ausgedrück­t wenig hilfreich. Wir sollten uns davon nicht auseinande­rbringen lassen. Machen wir lieber wieder die nächste Demo groß. Auch wenn uns nicht jeder Mitdemonst­rant passt.

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