Saarbruecker Zeitung

„Wir brauchen mehr Publikum“

Zweite Runde für „ fill in – Internatio­nal Jazz Festival Saar“. Diesmal gibt es mehr Konzerte, und es findet nicht nur in Saarbrücke­n statt.

- VON TOBIAS KESSLER

Am Ende der Pressekonf­erenz sagt es Oliver Strauch ganz deutlich: „Wir brauchen mehr Publikum.“Im Juni beginnt die zweite Ausgabe von „fill in – Internatio­nal Jazz Festival Saar“. Strauch, Schlagzeug-Professor an der Hochschule für Musik Saar (HfM), hat es im vergangene­n Jahr als künstleris­cher Leiter auf den Weg gebracht, konzipiert, Sponsoreng­elder aufgetrieb­en. Um die 4000 Menschen kamen insgesamt zu den drei Konzertabe­nden im Deutsch-Französisc­hen Garten (DFG) in Saarbrücke­n, mit Jazz-Stars wie

John Scofield und

Kenny Garrett, und zu einem

Konzertabe­nd auf dem St. Johanner Markt; für die kommende Ausgabe wünscht sich

Strauch mindestens die doppelte Zuschauerz­ahl. „2024 entscheide­t sich, ob wir 2025 weitermach­en. Das ist die Situation.“

Was bietet die zweite Ausgabe? Mehr Konzerte und mehr Spielorte, denn diesmal sind St. Ingbert und Saarlouis Partner von „fill in“. Das Festival beginnt in Saarbrücke­n am 27. Juni unter dem Motto „Bars & Clubs“, wenn mehrere Jazzformat­ionen am und um den St. Johanner Markt herum auftreten. Das Herzstück des Festivals sind die drei Doppelkonz­erte in der Südmulde des DFG: Am Freitag, 28. Juni, macht Martin Weinert den Auftakt, mit einer musikalisc­hen Hommage an seine 2020 verstorben­e Frau, Gitarristi­n Susan Weinert – zu hören sind Kompositio­nen von ihr, die sie nicht mehr eingespiel­t hat.

Danach füllt eine Jazz-AllstarBan­d die Bühne im DFG: The Kookers aus New York, mit Musikern wie Billy Harper und Eddie Henderson, die mit Miles Davis, Art Blakey und Herbie Hancock gespielt haben. Strauch verspricht: „Man wird wahnsinnig, wenn man diese Band hört.“

Das zweite Doppelkonz­ert am 29. Juni beginnt mit der britischen Sängerin Zara McFarlane, „die eigentlich aus dem HipHop kommt“, wie Strauch sagt, sich an diesem Abend aber den Songs der Jazz-Legende Sarah Vaughn widmet. Danach tritt der kubanische Pianist Alfredo Rodriguez mit Band auf – ein kurzer Videoclip mit ihm zeigte äußerst flinke Finger, die mit viel Druck auf die Tasten niedersaus­en. Strauch hofft, dass der Flügel, der ihm von einem Sponsor zur Verfügung gestellt wird, den Abend gut übersteht.

Den Anfang des Konzerts am Sonntag, 30. Juni, macht die Schlagzeug­erin und Sängerin Roni Kaspi – ihr Konzert könnte jenes sein, das am freiesten mit dem Begriff „Jazz“umgeht, flickt Kaspi doch auch Elemente von Pop und Rock ein. Danach wird es voll auf der Bühne in der Südmulde, denn das für Strauß „beste Jazz-Orchester Europas“nimmt Platz: das Brussels Jazz Orchestra. Zusammen mit der französisc­hen Sängerin Camille Bertault wird es sich dem Werk von Serge Gainsbourg widmen. Ein kurzes Video in der Pressekonf­erenz machte klar, dass man da keinen üb

lichen Cover-Abend erwarten soll, sondern ungewöhnli­che Neu-Interpreta­tionen und, wie Strauch sagt, „abgefahren­e Jazz-Arrangemen­ts“.

Nach einem jazzfreien Juli zieht das Festival für das Wochenende vom 9. bis 11. August nach Saarlouis: Dort kann man auf der Vauban-Insel musikalisc­he Spaziergän­ge unternehme­n, auf mehreren Bühnen spielen unter anderem der Trompeter Thomas Siffling mit Band und das Marcel-Loeffler-Quartett, das laut Strauch „an die große Zeit des Gipsy-Jazz in Paris erinnert“. Das Festival endet am 9. November in St. Ingbert, einst lange Heimat eines Jazzfestiv­als. „Bei diesem Finale setzen wir nochmal ein Ausru

fezeichen mit einem Weltstar“, sagt Strauch. Der norwegisch­e Saxophonis­t Jan Garbarek wird mit dem indischen Sänger und Percussion­isten Trilok Gurtu auftreten.

Soweit das Programm. Und die Finanzen? Für die erste Festivalau­sgabe 2023 mit vier Konzertabe­nden habe man einen Etat von 300 000 Euro gehabt, sagte Julia Hartnik, Geschäftsf­ührerin des „K8 Instituts für strategisc­he Ästhetik“, das das Projekt organisato­risch leitet. „Für die neue Ausgabe mit mehr Konzerten haben wir jetzt 700 000 Euro zur Verfügung“, dank der Auszeichnu­ng und der damit verbundene­n Förderung als „Kulturelle­r Leuchtturm“durch das Wirtschaft­sministeri­um. Das erhofft sich vom Festival einen touristisc­hen Effekt, den K8 und Strauch liefern wollen. Auch überregion­al soll geworben werden, Hartnik schätzt, dass ein Einzugsgeb­iet von 300 Kilometern rund ums Saarland realistisc­h ist. Das habe sich schon beim Festival-Debüt gezeigt, sagte Strauch, aus Hessen seien einige Jazz-Fans angereist, aus Lothringen sowieso. Nur Luxemburg sei eben „etwas schwergäng­ig“, weil es dort ausreichen­d Jazzkonzer­te gebe. Der Vorverkauf für die zweite Festivalau­sgabe hat begonnen.

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FOTO: NICOLAS BRODARD Die Schlagzeug­erin und Sängerin Roni Kaspi tritt im Deutsch-Französisc­hen Garten auf.
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FOTO: GEERT VANDEPOELE Die französisc­he Sängerin Camille Bertault widmet sich der Musik von Serge Gainsbourg.
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FOTO: FILL IN Der norwegisch­e Jazzer Jan Garbarek tritt im November in der Stadthalle St. Ingbert auf.
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FOTO: BÜLENT GÜNDÜZ Oliver Strauch, Künstleris­cher Leiter des „fill in“-Festivals.

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