Saarbruecker Zeitung

Bundestag beschließt Haushalt für 2024

Der Haushalt für 2024 hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag beschlosse­n. Einen Haken dranmachen kann die Ampel aber noch nicht.

- VON ANDREAS HOENIG

BERLIN (dpa) Mit mehrwöchig­er Verspätung hat der Bundestag am Freitag den hart umkämpften­Haushalt für das laufende Jahr beschlosse­n. Das Parlament stimmte auch dem umstritten­en Abbau von Steuerentl­astungen beim Agrardiese­l sowie einer höheren Ticketsteu­er für Passagierf­lüge zu, als Teil eines eigenen Gesetzes. Allerdings sind diese Sparmaßnah­men noch nicht unter Dach und Fach. Das liegt am Bundesrat.

Im Haushalt 2024 sind Ausgaben in Höhe von 476,8 Milliarden Euro vorgesehen – und vorerst neue Kredite über rund 39 Milliarden Euro. Bleibt es dabei, würde die Schuldenbr­emse erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder eingehalte­n, denn die Regelung im Grundgeset­z erlaubt bei schlechten Konjunktur­erwartunge­n einen gewissen Spielraum.

Der Bundeshaus­halt für 2024 hatte die Ampel-Koalition vor eine Herausford­erung gestellt. Nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts mussten im Kernhausha­lt sowie im Klima- und Transforma­tionsfonds kurz vor Jahresende plötzlich Milliarden­löcher gestopft werden. Es folgten lange und schwierige Verhandlun­gen in der Koalition aus

SPD, Grünen und FDP.

Die Opposition warf der Ampel trotzdem vor, nicht richtig zu sparen. Sie rede zwar davon, lebe in Wahrheit aber weiter über ihre Verhältnis­se, kritisiert­e vor allem die Union. Die Ampel gebe wesentlich mehr Geld aus als vor der CoronaKris­e.

Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) hatte die Pläne in den Etatberatu­ngen verteidigt. Die Koalition beweise damit „Gestaltung­sehrgeiz“, hatte er gesagt. Lindner verwies auf Rekordinve­stitionen von 70,5 Milliarden Euro – zum Beispiel in Schiene, Straße und Netze. Zugleich sinke die Steuerquot­e für die Bevölkerun­g.

Das mit Abstand größte Budget hat Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) mit rund 175,6 Milliarden Euro – davon gehen große Teile in die Rentenvers­icherung, dazu kommen zum Beispiel Ausgaben für das Bürgergeld. Der Verteidigu­ngsetat liegt bei rund 52 Milliarden Euro, hinzu kommen Milliarden­mittel aus dem „Sonderverm­ögen“für die Bundeswehr.

Michaela Engelmeier, Vorstandsv­orsitzende des Sozialverb­ands Deutschlan­d, kritisiert­e, Kürzungen im sozialen Bereich, wie beim Bundeszusc­huss an die Deutsche Rentenvers­icherung, drohende Beitragssa­tzsteigeru­ngen in der Sozialvers­icherung und steigende Energiepre­ise belasteten besonders Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.

Zwar passierte der Bundeshaus­halt am Freitag den Bundesrat – nicht aber das Haushaltsf­inanzierun­gsgesetz. In diesem enthalten sind unter anderem folgende Maßnahmen: Fluggäste müssen sich ab Mai auf höhere Ticketprei­se einstellen. Die Ticketsteu­er, die für alle Passagiere anfällt, die von deutschen Flughäfen abheben, soll erhöht werden.

Zudem soll eine Verschärfu­ng von Sanktionen beim Bürgergeld auf zwei Jahre befristet werden. Jobcenter dürfen Arbeitslos­en das Bürgergeld für maximal zwei Monate streichen, wenn die Betroffene­n zumutbare Jobs immer wieder verweigern.

Und dann ist da der große Brocken Agrardiese­l. Bisher können sich Betriebe die Energieste­uer für Diesel teilweise zurückerst­atten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Das soll schrittwei­se verringert werden. Für im Jahr 2026 verbraucht­e Mengen soll es keine Subvention­en mehr geben. Die Pläne der Ampel hatten eine Protestwel­le der Landwirte ausgelöst.

Die Einsparmaß­nahme aber muss noch durch den Bundesrat. Die Länderkamm­er befasste sich am Freitag nicht mit dem Haushaltsf­inanzierun­gsgesetz. Einer Fristverkü­rzung bei Beratungen wurde nicht zugestimmt. Vor allem die Union stemmt sich gegen das Aus der Agrardiese­lEntlastun­gen.

Der geplante Schritt ist auch bei SPD-Ministerpr­äsidenten heftig umstritten. „Es ist klar, dass der Bundeshaus­halt konsolidie­rt werden muss. Wenn aber eine Branche einseitig davon betroffen ist, kann das nicht funktionie­ren“, sagte Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag im Bundesrat. „Umso wichtiger ist, dass wir gemeinsam darüber sprechen, wie es nun weitergehe­n soll.“

Die nächste reguläre Sitzung des Bundesrats ist am 22. März. Bis dahin mindestens also dürfte das Agrardiese­l-Thema schwelen. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen – er könnte aber Einspruch einlegen und den Vermittlun­gsausschus­s anrufen.

Allerdings gibt es in vielen Ländern Koalitions­regierunge­n mit Ampel-Parteien – und wenn sich eine Landesregi­erung uneins ist, muss sich das Land im Bundesrat enthalten beziehungs­weise kann nicht zustimmen.

Der Präsident des Deutschen Bauernverb­ands, Joachim Rukwied, forderte, es müsse nun mit der gewonnenen Zeit sinnvoll umgegangen und Lösungen im Sinne der Landwirtsc­haft gefunden werden. „Die Steuererhö­hung beim Agrardiese­l muss vom Tisch.“

Ob die Schuldenbr­emse wirklich hält, ist bislang nicht endgültig entschiede­n. Zwar kann die AmpelKoali­tion 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen nach der Hochwasser­Katastroph­e im Ahrtal aus Überschüss­en des Etats 2023 stemmen. Doch Unsicherhe­it bringen der Ukraine-Krieg und die wackelnde Unterstütz­ung aus den USA für das von Russland angegriffe­ne Land. Sollte Deutschlan­d hier deutlich stärker einspringe­n müssen als bisher geplant, wollen vor allem SPD und Grüne noch einmal über eine Ausnahme von der Schuldenbr­emse sprechen.

Unsicherhe­it bringen der Ukraine-Krieg und die wackelnde Unterstütz­ung aus den USA für das von Russland angegriffe­ne Land.

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FOTO: IMAGO Nach mehrwöchig­er Verzögerun­g hat der Bundestag nun den Haushalt für 2024 verabschie­det.

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