Einigung auf Milliarden-Programm für Brennpunkt-Schulen
Der Weg ist frei für das milliardenschwere Programm für Schulen in schwieriger sozialer Lage. Dafür gibt es Lob, zugleich Forderungen nach mehr.
BERLIN (dpa) Rund 4000 Schulen in schwieriger sozialer Lage bekommen in den kommenden Jahren eine staatliche Förderung. Nach monatelangen und schwierigen Verhandlungen einigten sich der Bund und die Länder am Freitag auf das milliardenschwere StartchancenProgramm.
Für Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ist es „das größte und langfristigste Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik“. Auch viele Landespolitiker lobten das Programm. Sie hoffen nun, dass auch die Gespräche über einen neuen Digitalpakt für die technische Ausstattung der Schulen im Mai in eine gemeinsame Vereinbarung mit dem Bund münden.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), sagte in Berlin, das Startchancen-Programm könne dazu beitragen, den bislang noch stark bestehenden Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg eines Schülers aufzubrechen.
Die Koordinatorin der unionsgeführten Länder in der KMK, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), sagte, auch in den Gesprächen für einen neuen Digitalpakt für Schulen seien „substanzielle Fortschritte“erreicht worden. Der erste Digitalpakt läuft im Frühjahr aus. Die Ampel hatte angekündigt, mit den Ländern einen Digitalpakt 2.0 für Schulen mit einer Laufzeit bis 2030 auf den Weg zu bringen. Vor allem Unionspolitiker haben kritisiert, dass die Verhandlungen bislang zu schleppend gelaufen seien.
Beim Startchancen-Programm gibt der Bund jährlich bis zu eine Milliarde Euro. Die Länder beteiligen sich in gleicher Höhe. Insgesamt sind dies dann rund 20 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Profitieren soll etwa eine Million Schülerinnen und Schüler. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es rund 40 000 Schulen mit knapp elf Millionen Schülern. Ausgewählt werden sollen die Schulen von den Ländern. Ziel ist es, die Kompetenzen von Schülern vor allem beim Lesen und Schreiben sowie in der Mathematik zu stärken.
Hintergrund ist die Erkenntnis, dass in Deutschland der Erfolg eines Kindes in der Schule weiterhin stark vom Elternhaus abhängt. Bildungsstudien zeigen zudem eine Abnahme der Kompetenzen. Viele Kinder scheitern in der Grundschule am Lesen, Schreiben, Rechnen, bleiben zurück und schaffen später dann keinen Abschluss.
Erst im Dezember hatten Ergebnisse einer neuen Pisa-Studie gezeigt, dass deutsche Schülerinnen und Schüler im Jahr 2022 so schlecht abschnitten, wie nie. Sowohl im Lesen als auch in Mathematik und Naturwissenschaften handelte es sich den Angaben zufolge um die niedrigsten Werte, die für Deutschland jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden. Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Florian Fabricius, sagte, das neue Programm könne ein „Gamechanger“sein, weil erstmals zielgerichtet Geld verteilt werde an Schulen, die dies besonders nötig hätten.
Er kritisierte aber, dass das Geld laut Programm nicht in ohnehin notwendige Sanierungs- und Instandsetzungen fließen darf. Kaputte Toiletten und tropfende Decken könnten damit also nicht repariert werden – das sei absurd, weil solche Reparaturen am nötigsten seien. Auch könne das Programm nichts ändern am Lehrermangel und an den Problemen mit der Digitalisierung an vielen Schulen.