Saarbruecker Zeitung

Facebookwi­rd 20 – Die Geldmaschi­ne für den Metaverse-Traum

20 Jahre nach der Gründung hat Facebook drei Milliarden Nutzer. Der Fokus von Gründer Mark Zuckerberg liegt schon auf neuen Projekten.

- VON ANDREJ SOKOLOW

MENLO PARK (dpa) Vier Tage vor Facebooks 20. Geburtstag musste sich Gründer Mark Zuckerberg von einem US-Senator vorhalten lassen, ihm klebe „Blut an den Händen“. Es war in einer Anhörung zur Sicherheit von Kindern im Internet – und Zuckerberg entschuldi­gte sich bei betroffene­n Eltern im Senats-Saal.

Am Tag darauf verkündete er einen Umsatzspru­ng von 25 Prozent und einen Quartalsge­winn des Dachkonzer­ns Meta von 14 Milliarden Dollar, dreimal mehr als ein Jahr zuvor.

Dieser Kontrast steht für die vergangene­n 20 Jahre. Es gab Datenschut­z-Skandale. Es gab Vorwürfe, Facebook und Instagram schadeten Kindern und Jugendlich­en. Es gab die Sorge, russische Online-Kampagnen könnten die öffentlich­e Meinung in den USA manipulier­en.

Doch was aus Konzernsic­ht unterm Strich zählt, ist: Die Menschen nutzen gerne Metas Dienste wie Facebook, Instagram und Whatsapp. Und mit ihnen kommen die Werbekunde­n und das Geld.

Denn die Plattforme­n wissen so viel über die Interessen ihrer Mitglieder, dass sie Werbekunde­n zielgenau die passenden Adressaten für ihre Anzeigen auftischen können. Auch den Schock nach Apples Vorstoß, auf dem Iphone die Nutzer entscheide­n zu lassen, ob sie ihre Aktivitäte­n quer über verschiede­ne Apps verfolgen lassen wollen, verdaute das MetaGeschä­ft.

Zuletzt griffen 3,98 Milliarden Nutzer mindestens einmal im Monat auf eine von Metas Apps zu – und 3,19 Milliarden sogar täglich. Beim Flaggschif­f Facebook waren es gut drei Milliarden Nutzer monatlich und 2,11 Milliarden jeden Tag.

Das sind enorme Zahlen, insbesonde­re gemessen an einer Weltbevölk­erung von rund acht Milliarden Menschen – von denen immer noch nicht alle online sind.

Einige Jahre lang verfolgte Zuckerberg ambitionie­rte Ideen, auch dem Rest der Welt ins Internet zu verhelfen. Funktionie­ren sollte das unter anderem mit Satelliten und automatisi­erten Antennen-Drohnen. Doch beschloss der Konzern letztlich, das den Telekom-Firmen zu überlassen.

Stattdesse­n haben Meta und Zuckerberg jetzt zwei große Projekte: Künstliche Intelligen­z und das Metaverse, eine Art Digitalwel­t für Arbeit und Spaß. Der Gründer glaubt so an die Zukunft in einer virtuellen Realität, dass er den Konzernnam­en im Herbst 2021 von Facebook in Meta ändern ließ.

Die Botschaft lautet auch jetzt: Facebook mag die Wiege der Firma sein, aber nur noch ein Teil von etwas Größerem. Als weiteres Zeichen dafür will der Konzern künftig keine Nutzerzahl­en mehr von Facebook nennen, sondern nur noch, wie viele täglich in mindestens einer Meta-App aktiv waren.

Zuckerberg­s Traum vom Metaverse verschling­t unterdesse­n Berge an Geld – und bleibt trotzdem ein Nischenges­chäft. Allein vergangene­s Jahr stieg der operative Verlust der Sparte Reality Labs auf über 16 Milliarden Dollar – bei nur 1,9 Milliarden Dollar Umsatz. Als zwischendu­rch das Werbegesch­äft Schwäche zeigte, wurden Investoren angesichts der ungebremst­en Ausgaben für die virtuelle Zukunft etwas grummelig.

Inzwischen läuft Metas Geldmaschi­ne wieder auf Hochtouren – und keiner wirft mehr die Frage nach den Erfolgsaus­sichten der Reality Labs auf. Der neue Konzernnam­e bleibt, obwohl die Metaverse-Fantasien inzwischen vom Hype um Künstliche Intelligen­z in den Hintergrun­d gedrängt wurden.

Auch hier gab Zuckerberg das Ziel aus, nichts Geringeres als „die populärste­n und fortschrit­tlichsten KI-Produkte“zu entwickeln. Gelinge das, werde jeder Nutzer von MetaDienst­en einen „KI-Assistente­n der Weltklasse“bekommen – und jedes Unternehme­n eine KI, die mit seinen Kunden kommunizie­ren könne.

Wird man beim Facebook der Zukunft mehr mit Software als mit Menschen kommunizie­ren? „Die Leute wollen Authentizi­tät“, zeigte sich Produktche­f Chris Cox jüngst überzeugt. Idealerwei­se werde Software mit Künstliche­r Intelligen­z die Kreativitä­t der Nutzer entfesseln und ihr Leben einfacher machen. Zugleich habe man aber noch keine KI gesehen, die vielen Menschen in ihrem Alltagsleb­en wirklich nützlich wäre, räumte er ein.

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FOTO: IMAGO Facebook-Gründer und MetaChef Mark Zuckerberg stand mit seiner Firma jüngst wieder in der Kritik.

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