Saarbruecker Zeitung

Lange Haftstrafe für St. Wendler Tresorräub­er

- VON MICHAEL KIPP

SAARBRÜCKE­N Auch das SnapchatFo­to auf dem beschlagna­hmten Handy des Angeklagte­n Önder Y verhindert­e dessen Verurteilu­ng nicht. Sechs Jahre und neun Monate Haft lautete das Urteil von Richterin Alexandra Schepke-Benyoucef. Sie schickte den 25-Jährigen wegen erpresseri­schen Menschenra­ubes, schweren Raubs, Sachbeschä­digung und Körperverl­etzung ins Gefängnis. Das Foto zeigt ihn mit einem kleinen Mädchen, aufgenomme­n am 22. Dezember 2022, mittags in der Nähe von Neustadt/Weinstraße. Önder Y. dachte, das Foto könne ihn entlasten, daher hat er sogar den Ermittlern das Passwort für seinen Snapchat-Account gegeben. Doch „die abscheulic­he Tat“, wie sie Y. selbst in seinem Schlusswor­t vor dem Saarbrücke­r Landgerich­t am Donnerstag nannte – die hätte er dennoch begehen könne. Die Tat fand abends des 22. Dezember nur 100 Kilometer weiter gegen 20 Uhr in St. Wendel statt. Das Foto half nicht. Dennoch beteuerte Y.: „Ich war es nicht.“

Richterin Alexandra Schepke-Benyoucef glaubte ihm nicht. Zur Haftstrafe muss Y. den Opfern 100 000 Euro Wertersatz zahlen. Önder Y. war nicht der einzige Täter. Vier Mittäter hatte das Landgerich­t bereits im Juli 2023 verurteilt. Den Tipp zu Y. als Täter fünf lieferte ein Angeklagte­r im ersten Prozess: Nuridin S. Er erklärte der Polizei damals, dass er Önder Y. „zu 100 Prozent“auf einer Wahllichtb­ildvorlage erkannt habe. Keine

Zweifel habe er gehabt: Önder Y. und er hätten die Familie in St. Wendel an der Haustüre überfallen. Das hat Nuridin S. im Juni 2023 der Polizei und dem Gericht erzählt.

In der Wohnung hätte er mit Önder Y. mit Waffen den Tresor im Keller der Familie leer geräumt und sich so Schmuck im Wert von über 200 000 Euro erpresst. Die anderen drei hätten in Fluchtauto­s gewartet. Die bis heute verschwund­ene Beute hätten sie durch fünf geteilt. Y. sitzt seit der Aussage von Nuridin S. in U-Haft. S. bekam für den Verrat damals Strafminde­rung, anstatt der geforderte­n neun Jahre brummte ihm das Gericht nur sieben Jahre Haft auf.

S. sagte nun als Hauptbelas­tungszeuge im Prozess gegen Önder Y. aus. Und da erklärte er plötzlich, dass er sich wohl geirrt habe. Auch die anderen Mittäter wollten Y. vor Gericht nicht als fünften Mann identifizi­eren. Für Oberstaats­anwalt Christian Nassiry wollte eher auf die Aussagen des Zeugens bei der Polizei vertrauen. Deren Glaubwürdi­gkeit bestätigte­n auch Polizisten vor Gericht. Dazu gab es im Prozess aus Sicht des Staatsanwa­ltes weitere Indizien zulasten des Angeklagte­n.

Die Indizien sah dessen Verteidige­r Sebastian Göthlich in seinem Plädoyer als sehr schwach an. Er sei daher frei zu sprechen. Das sah Richterin Alexandra Schepke-Benyoucef anders. Auch sie wertete die Aussage von Nuridin S. bei der Polizei als glaubhaft, seinen Widerruf vor Gericht. Dessen Verteidige­r Sebastian Göthlich kündigte Revision an.

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