Saarbruecker Zeitung

Die korrupten Polizisten im Bordell

Bordelle hatten im Saarland der 1990er Jahre etliche Kunden. Manchmal waren auch Polizisten darunter – und nahmen es mit dem Gesetz nicht so genau.

- VON SARAH UMLA

HEUSWEILER/SAARBRÜCKE­NSilvester 1995. In Köllertal steigt eine Party. Und zwar nicht irgendwo, sondern direkt bei der Polizeiins­pektion. Und die Beamten sind nicht alleine. Sie haben sich Unterhaltu­ng eingeladen – aus dem nahegelege­nen Bordell aus Heusweiler. Die Bordell-Chefin höchst persönlich und weitere Prostituie­rte schauen an diesem Abend vorbei. Es wird ausgelasse­n gefeiert. Ein Abend mit Folgen.

Einer der Polizisten gilt zu diesem Zeitpunkt als Liebhaber der BordellChe­fin in Heusweiler, hat also gute Kontakte ins Rotlichtmi­lieu. Das boomt zu dieser Zeit. Neben den Rotlicht-Hochburgen Saarbrücke­n und Neunkirche­n gibt es auch einige Bordelle, Bars und Erotik-Angebote am Rande der Städte. Sie sind beliebt. Nicht nur bei den Nachbarn, den

Franzosen, bei denen bis heute Etablissem­ents dieser Art verboten sind. Auch Polizisten gehen hier Ende der 1990er Jahre hin und wieder ein und aus. Etwa eben auch im Bordell in Heusweiler, im „Tropicana“.

Dort arbeiten viele Frauen, die aus dem Ausland stammen. Einige von ihnen sprechen vermutlich nur gebrochen deutsch. Sie wurden illegal eingeschle­ust, wohl mit Jobs gelockt, die es gar nicht gab und zur Prostituti­on gezwungen. Ein Fakt, der auch den Beamten, die hier regelmäßig verkehrten, aufgefalle­n sein muss. Etwa dem Liebhaber der griechisch­en Bordell-Chefin.

Doch ein Hinweis, eine Meldung bleibt aus. Auch wenn Polizisten privat von einer Straftat erfahren, muss diese gemeldet und deswegen ermittelt werden. Doch der Beamte behält das Geschehen für sich. Er soll sogar zu einem besonders günstigen Preis das Bordell besucht und die Frauen gebucht haben. In den Berichten heißt es damals sogar zum Nulltarif.

Trotzdem kommt es zu Kontrollen. Rotlichtfa­hnder schlagen auch in der „Tropicana“-Bar auf. Doch sie ist sauber. Keine Anzeichen auf illegale Aktivitäte­n. Der Verdacht verstärkt sich jedoch, dass hier gewarnt wird, Kontrollen verpfiffen werden.

Eine junge Frau aus Lettland (damals 22) führt die Ermittler schlussend­lich zu dem Freund der Bordell-Chefin, dem 39-jährigen Polizeibea­mten. Sie war zuvor aus dem Bordell nach Norddeutsc­hland geflohen und meldete sich bei der Polizei. Sie schildert 1997 vor Gericht, dass sie mit anderen Frauen wie Sklavinnen in dem Bordell leben musste. Auf Fotos erkennt sie den 39-Jährigen wieder. Der Polizist und auch die 50-jährige Bordell-Chefin landen auf der Anklageban­k. Beide werden zu Bewährungs­strafen verurteilt – die Griechin unter anderem wegen Zuhälterei und Bestechung eines Polizisten, der Beamte wegen des Verdachts der Strafverei­tlung.

Doch es ist kein Einzelfall in den 1990ern. Nur wenige Monate später macht ein ähnlicher Fall in Saarbrücke­n Schlagzeil­en. Es geht um das Etablissem­ent „Sabrinas Traumschlo­ss“in der Ludwigstra­ße. Es gilt Ende der 1990er als größtes Bordell in der Landeshaup­tstadt. Bis zu 50 Freier sollen hier täglich die Dienste in Anspruch genommen haben. Und auch hier werden illegal eingeschle­uste Ausländeri­nnen eingesetzt und zur Prostituti­on gezwungen.

Die Chefin des größten Bordells des Saarlandes, Gabi R., hielt ebenfalls enge Kontakte zur Polizei. Ihr Freund: Ein 48-jähriger Polizeibea­mter aus Völklingen. Er durfte die Dienste in „Sabrinas Traumschlo­ss“kostenlos nutzen. Im Gegenzug gab er der Bordell-Chefin Tipps, warnte vor Razzien. Doch auch hier fällt das krumme Geschäft auf. Gabi R. flieht. Bei Alicante an der Costa Blanca spüren sie spanische Ermittler auf. Doch die Bordell-Chefin hat Glück, wird nicht ausgeliefe­rt. Ihr Liebhaber muss sich hingegen vor Gericht verantwort­en, wird vom Dienst suspendier­t und kassiert ebenfalls eine Bewährungs­strafe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany