Streik traf die Buskunden der Saarbahn am härtesten
Der Fuhrpark des größten saarländischen Verkehrsunternehmens blieb überwiegend im Depot. Das zwang Pendler zum Improvisieren.
SAARBRÜCKEN Ob am Landwehrplatz, am Rabbiner-Rülf-Platz oder am Rathaus: Vielerorts blieben in Saarbrücken am Freitagmorgen die Bushaltestellen verwaist. Grund war ein bundesweiter Streik im öffentlichen Personennahverkehr. Aufgrund der stockenden Tarifverhandlungen hatte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ( Verdi) zum Warnstreik aufgerufen. Der Ausstand dauerte von Donnerstagabend bis zum Schichtende am Freitag an. Es kam zu massiven Einschränkungen im Busverkehr.
Im Regionalverband fielen vor allem die Busse der Saarbahn aus. Ulrike Reimann, Sprecherin der Saarbahn GmbH, erklärt auf SZ-Nachfrage: „Normalerweise sind im Berufsverkehr 160 Busse unterwegs, heute Morgen um 7 Uhr waren es nur 13.“Die Saarbahn soll vom Streik nicht betroffen gewesen sein.
Von klassischen Streikbrechern, also von Arbeitnehmern, die entgegen des gewerkschaftlichen Beschlusses nicht am Streik teilnehmen, kann laut Reimann nicht die Rede sein: „Die kommunalen Busunternehmen werden bestreikt. Da gibt es auch keine Streikbrecher. Das ist absoluter Unsinn. Es kann sein, dass einzelne Busse unterwegs sind – aber das sind private Subunternehmer, die allerdings von uns beauftragt werden.“Die meisten Busse blieben jedoch im Depot.
Zum Warnstreik waren allerdings nicht nur die Fahrer der kommunalen Busunternehmen, sondern eben auch jene der privaten Subunternehmer aufgerufen. „Die Fahrer der privaten Unternehmen haben sich nicht alle am Streik beteiligt“, berichtete Markus Morsing, Betriebsratsvorsitzender der Saarbahn GmbH und Verdi-Tarifkommissionsmitglied. So kam es, dass beispielsweise Busse der Linien 102, 107 und 111 fuhren. Der
Grund? „Viele fürchten wahrscheinlich Repressalien“, glaubt Morsing. Dadurch sei die Geschlossenheit natürlich nicht so groß wie bei den kommunalen Verbänden. „Dennoch: Die Linien in unserem Auftrag sind weitestgehend nicht befahren worden“, betonte Morsing.
Einer ähnlichen Meinung ist Christian Umlauf, stellvertretender Geschäftsführer im Verdi-Bezirk Region Saar-Trier: „Grundsätzlich fahren die (privaten Subunternehmen, Anm.d.Red.) unter einem anderen Tarifvertrag. Das heißt, die haben mit unserem Kampf nicht unbedingt etwas zu tun“, sagte er. Dennoch wurde dazu aufgerufen, aus Solidarität mit zu streiken. „Und da haben einige mitgemacht. In Neunkirchen ist zum Beispiel niemand gefahren, in Saarbrücken sind auch einige nicht gefahren.“Aus dem kommunalen Verband sei am Freitag ebenfalls kein Bus gefahren. „Wir können sehr zufrieden sein“, sagte Umlauf.
Viele Berufspendler nahmen stattdessen die Saarbahn oder griffen auf einen Leih-Elektroroller oder E-Bikes der Firma Tier zurück, so auch Devid Hero (33). Er arbeitet als Chemielaborant an der Universität des Saarlandes und pendelt täglich von Merzig nach Saarbrücken: „Der Streik war ja angekündigt. Ich habe mich vorher schlau gemacht und überlegt, wie ich zur Arbeit komme. Deswegen fahre ich mit einem der Miet-E-Bikes“, erzählte er.
Den Gedanken scheinen auch viele andere gehabt zu haben. Zumindest wirkte die Anzahl der verfügbaren grünen Leih-Elektroroller und E-Bikes am Saarbrücker Hauptbahnhof deutlich geringer als üblich. Auf Daten über eine erhöhte Nutzung kann Tier allerdings nicht zurückgreifen, wie ein Sprecher des Unternehmens auf SZ-Nachfrage mitteilte.
Die Gewerkschaft Verdi fordert unter anderem eine Monatslohnerhöhung von 500 Euro, wobei Auszubildende mit 200 Euro mehr pro Monat vergütet werden sollen. Zusätzlich soll der Arbeitgeber die Kosten für den Führerschein übernehmen und die Beschäftigten zudem einen Samstagszuschlag von 30 Prozent erhalten. Gleichzeitig wird die Einführung eines Urlaubsgeldes gefordert, das bei allen Beschäftigten, einschließlich Auszubildenden, 50 Prozent des Monatslohnes beträgt. Verdi verlangt außerdem eine Nachtzulage von 50 Prozent für Arbeitszeiten zwischen 20 und sechs Uhr.
Während der Busverkehr nicht nur im Saarland ruhte, machten sich viele Fahrer und Gewerkschaftler am Freitag auf den Weg zu einer Großdemonstration mit anschließender Kundgebung in Mainz.