Merkel wird 70 und die CDU steckt in der Klemme
Die ehemalige Bundeskanzlerin wird im Juli 70 Jahre alt. Von ihrer Partei, der CDU, hat sie sich seit ihrem Amtsende immer weiter entfernt.
BERLIN Darüber sprechen möchte man in der Unionsspitze vorerst nicht mehr. Obwohl ein 70. Geburtstag ja etwas Schönes ist. Intern wird es auch für einen Fehler gehalten, dass sich zum anstehenden Ehrentag von Angela Merkel der eine oder andere kürzlich eingelassen hat – ein Geburtstag, den bis dahin wohl kaum einer auf dem Schirm gehabt hat. Nun ist das Thema da. Immer mal wieder. Und jeder weiß: Merkel und die Union, das passt nicht mehr. Merkel und Friedrich Merz auch nicht. Wie also umgehen mit dem 17. Juli 2024, an dem Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner, ehemalige CDU-Vorsitzende und laut weißem Schild an der Tür ihres Bundestagsbüros „Bundeskanzlerin a.D.“ihren 70. begeht? Ignorieren? Geht irgendwie nicht bei den Verdiensten, nach 16 Jahren Kanzlerschaft und 18 Jahren CDU-Vorsitz. Feiern? Wenn's sein muss – und sie will. Alles noch offen, heißt es aus der Partei.
Kürzlich wurde CDU-Chef Friedrich Merz aber gefragt, ob es stimme, dass die Union einen Festakt zu Ehren Merkels plane. „Das ist ein Angebot an Angela Merkel (...) und wenn sie möchte, feiern wir den Geburtstag“, sagte Merz im TV. „Wir feiern gerne runde Geburtstage“, witzelte er noch, wohl wissend, dass die Frage heikel ist. Merz und Merkel haben keinen Draht zueinander, ihr Verhältnis ist unterkühlt, aber einigermaßen geglättet. Das ist bekannt. Regelmäßige Kontakte gibt es nicht. Die Aufgabe, einen Festakt zu organisieren, käme Generalsekretär Carsten Linnemann zu. Der hatte schon öffentlich wissen lassen, dass er sich im Sommer mal mit Merkel getroffen habe.
Manch einer der alten Unions-Recken erinnert sich jetzt aber noch mit Schaudern daran, wie kompliziert es seinerzeit war, die runden Geburtstage von Helmut Kohl angemessen zu ehren. Weil das Verhältnis zwischen dem Altkanzler und der CDU zerrüttet gewesen ist. Es wurden Emissäre in Kohls Bungalow nach Oggersheim geschickt, erzählt einer, der dabei war. Zum 70. Geburtstag gab es nur ein Glückwunschschreiben von der damaligen Generalsekretärin Angela Merkel und dem Parteivorsitzenden Wolfgang Schäuble. Das war im Jahr 2000, also auf dem Höhepunkt der Spendenaffäre. Zum 80. dann doch noch ein großer Festakt für Kohl, an dem auch Merkel teilnahm. Als Kanzlerin. Vor allem aber: als Gast.
Dass die Angelegenheit bei Merkel ebenfalls schwierig ist, liegt auch daran, dass die Altkanzlerin offensichtlich dabei ist, ihre Drähte zur CDU zu kappen; kein Ehrenvorsitz, Rückzug aus der Konrad-Adenauer-Stiftung, keine Teilnahme an irgendwelchen Sitzungen, Veranstaltungen oder Parteitagen. Auch beim anstehenden Europaparteitag im Mai rechnet man nicht mit ihrem Kommen. Was in der CDU jedoch für richtig gehalten wird. Es heißt, es gehe schließlich auf dem Konvent um das neue Grundsatzprogramm. Und angesichts der Europawahl müsse die aktuelle Parteiführung um Friedrich Merz im Mittelpunkt stehen. Die stellt sich überdies zur Wiederwahl. Merkel, so wird betont, halte sich auch nur an das, was sie angekündigt habe – nicht mehr mitmischen zu wollen.
Eine, die die Altkanzlerin gut kennt, ist Anja Karliczek. Sie war im letzten Merkel-Kabinett Bildungsministerin. Karliczek sagt: „Sollte die Kanzlerin eine besondere Ehrung zu ihrem Geburtstag wünschen, wird sie Wege finden, dies in ihre CDU hinein zu kommunizieren.“Sie ergänzt: „Sollte sie aber auch zu ihrem Ehrentag Abstand und Ruhe wünschen, hätte ich dafür auch Verständnis.“An Merkels Vermächtnis und „meiner hohen Wertschätzung für ihre Lebensleistung ändert dies nicht“, so Karliczek zu unserer Redaktion. Sie vermisse jedenfalls Merkels „Beharrlichkeit, ihr außergewöhnliches politisches Geschick aktuell im Handeln der Bundesregierung auf fast allen zentralen politischen Feldern“.