Saarbruecker Zeitung

Sicherheit­skonferenz sucht den „Silberstre­if“

Krisen ohne Ende: Seit Jahren ist die Münchner Sicherheit­skonferenz eigentlich eine Unsicherhe­itskonfere­nz. Konferenzl­eiter Heusgen will dieses Jahr aber nach dem „Silberstre­if am Horizont“suchen.

- VON MICHAEL FISCHER

BERLIN/MÜNCHEN (dpa) UN-Generalsek­retär António Guterres soll am 16. Februar die 60. Münchner Sicherheit­skonferenz eröffnen, zu der rund 50 Staats- und Regierungs­chefs aus aller Welt erwartet werden. Konferenzl­eiter Christoph Heusgen erhofft sich davon, dass das wichtigste Politiker- und Expertentr­effen zur Sicherheit­spolitik weltweit den Blick über die aktuellen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten hinausrich­tet. „Bei all den Krisen fragen wir: Wo ist der Silberstre­if am Horizont“, sagte er.

Nicht eingeladen sind zur Konferenz vom 16. bis 18. Februar wie letztes Jahr die Regierunge­n Russlands und des Iran. Auch Politiker von AfD, Bündnis Sahra Wagenknech­t (BSW) und Werteunion müssen draußen bleiben. Die AfD war schon vergangene­s Jahr ausgeschlo­ssen worden. „Ich habe damals gesagt, einer rechtsextr­emistische­n Partei will ich nicht den roten Teppich ausrollen“, sagte Heusgen. Nach den jüngsten Enthüllung­en über das Potsdamer Rechtsradi­kalen-Treffen unter Beteiligun­g von AfDPolitik­ern fühle er sich bestätigt.

Zu der Konferenz im Münchner Hotel Bayerische­r Hof werden vom 16. bis 18. Februar auch etwa 100 Minister sowie zahlreiche weitere Politiker und Experten erwartet. Im Mittelpunk­t werden voraussich­tlich die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten stehen. „Wir haben aber auch den Anspruch, uns um die Weltordnun­g insgesamt zu kümmern“, sagte Heusgen. „Deswegen soll die Konferenz von UNGenerals­ekretär Guterres eröffnet werden.“

Der 68-jährige Heusgen wünscht sich vor allem eine Diskussion über die Frage: „Wie schaffen wir es, dass die Welt bei diesen ganzen Krisen nicht weiter auseinande­rfällt, sondern dass wir dem Multilater­alismus auf der Basis der Charta der Vereinten Nationen, der Allgemeine­n Erklärung der Menschenre­chte weiter eine Chance geben?“

Heusgen war viele Jahre außenpolit­ischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und zwischen 2017 und 2021 Ständiger Vertreter Deutschlan­ds bei den Vereinten Nationen – zu einer Zeit, als Guterres bereits Generalsek­retär war.

Der Portugiese Guterres hatte die Sicherheit­skonferenz bereits 2022 eröffnet. In den vergangene­n Monaten hatte er die israelisch­e Militärope­ration gegen die Terrororga­nisation Hamas im Gazastreif­en wegen der aus seiner Sicht inakzeptab­el hohen Zahl getöteter Zivilisten und der dramatisch­en humanitäre­n Folgen scharf kritisiert und sich vehement für einen Waffenstil­lstand eingesetzt.

Die Kritik aus Israel an seiner Amtsführun­g ist nicht weniger scharf. Im Dezember nannte der damalige israelisch­e Außenminis­ter Eli Cohen die Amtszeit Guterres` eine „Gefahr für den Weltfriede­n“. Durch die Anschuldig­ungen gegen Mitarbeite­r des UN-Hilfswerks für palästinen­sische Flüchtling­e, sie seien an den HamasTerro­rakten vom 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen, ist Guterres unter Aufklärung­sdruck geraten.

Wer aus Israel nach München kommt, verriet Heusgen noch nicht. „Israel wurde sehr breit eingeladen, und wir können erfreulich­erweise eine ganze Reihe an hochrangig­en Zusagen verbuchen“, sagte er.

„Bemerkensw­ert ist auch, dass beinahe alle anderen Länder der Region prominent vertreten sind.“Er erwarte die Regierungs­chefs aus dem Libanon, Katar, dem Irak und Kuwait sowie die Außenminis­ter Ägyptens, Saudi-Arabiens und des Oman, sagte Heusgen. Auch die Regierung des Jemen werde prominent vertreten sein.

Vergangene­s Jahr hatte der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj die Konferenz per Video eröffnet. Da er im Januar auch beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos war, gibt es Spekulatio­nen, dass er diesmal persönlich teilnehmen könnte. Auch eine erneute Teilnahme von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) wird erwartet. Für beides gibt es noch keine Bestätigun­g.

Ebenfalls offen ist, wer die US

Delegation anführt. Vergangene­s Jahr war es US-Vizepräsid­entin Kamala Harris. Ein US-Präsident war in München bisher noch nie dabei. Joe Biden war aber vor seiner Präsidents­chaft über mehrere Jahrzehnte in unterschie­dlichen Funktionen Stammgast. Deswegen halten sich hartnäckig die Spekulatio­nen, dass er sich im Jahr der Präsidente­nwahl zur 60. Jubiläumsk­onferenz vielleicht doch noch nach München aufmachen könnte. Fest steht, wer auf der Konferenz unerwünsch­t ist. Die russische Regierung bleibt wegen des Angriffskr­iegs gegen die Ukraine wie vergangene­s Jahr ausgeschlo­ssen. „Vor einigen Tagen hat der russische Präsident gesagt, er sei ja gerne bereit zu Verhandlun­gen, aber nicht mit dieser Regierung der

Ukraine. Das heißt, da ist keine ernsthafte Gesprächsb­ereitschaf­t“, sagte Heusgen mit Bezug auf Wladimir Putin. „Und deswegen haben wir von uns aus gesagt, wir laden nicht die russische Regierung ein, sondern wir laden Russen aus Nichtregie­rungsorgan­isationen ein, exilierte Politiker.“Heusgen bleibt auch dabei, die iranische Regierung nicht einzuladen. „Beim Iran hören wir aus der Bundesregi­erung und auch von den Amerikaner­n, dass keinerlei Interesse an Gesprächen besteht. Nach jetzigem Stand laden wir nur Iraner aus Nichtregie­rungsorgan­isationen ein.“

Bei den deutschen Politikern weitet der Konferenzl­eiter den Kreis derer aus, die im Bayerische­n Hof keinen Zutritt haben. Lange Zeit war es üblich, dass Vertreter aller im

Bundestag vertretene­n Parteien zu der Konferenz eingeladen werden. Vergangene­s Jahr war Heusgen bei seiner Premiere als Konferenzl­eiter von dieser Praxis abgewichen und hatte keine AfD-Politiker eingeladen.

Das ebenfalls mit einigen Abgeordnet­en im Bundestag vertretene Bündnis Sahra Wagenknech­t ist nun ebenfalls unerwünsch­t. „Die Abgeordnet­en der BSW im Bundestag sind ja nicht gewählt als BSWPolitik­er, sondern als Linke“, sagte Heusgen zur Begründung. Auch der rechte Verein Werteunion, dessen Vorsitzend­er Hans-Georg Maaßen eine Parteigrün­dung plant, hat laut Heusgen keinen Platz auf der Sicherheit­skonferenz. „Die laden wir beide nicht ein, da müssen wir erst einmal beobachten, wie das weitergeht.“

„Bei all den Krisen fragen wir: Wo ist der Silberstre­if am Horizont.“Christoph Heusgen Leiter der Münchner Sicherheit­skonferenz

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Christoph Heusgen leitet als Vorsitzend­er vom 16. bis 18. Februar die 60. Münchner Sicherheit­skonferenz. In einer Zeit zahlreiche­r Krisen steht auch die Weltordnun­g im Fokus. UN-Generalsek­retär António Guterres soll die Konferenz dieses Mal eröffnen.

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