Saar-Narren zwischen Pfalz und Las Vegas
Mit vielen neuen Gesichtern im Programm ging in der Saarlandhalle am Wochenende die Fernsehsitzung der Saarbrücker Karnevalsgesellschaft „ M’r sin nit so“über die Bühne.
SAARBRÜCKEN „Zwei pubertierende Eierköpp“sorgten für Lacher, Jens Gabler feierte in der Bütt sein umjubeltes Debüt als Knauber und die Minigarde ging auf große Fahrt – bei der traditionsreichen Fernsehsitzung der Großen Saarbrücker Karnevalsgesellschaft (KG) „M'r sin nit so“in der Saarlandhalle hieß es: (Narren-)Schiff ahoi für junge und neue Akteure.
Nachdem Urgestein Schorsch Seitz 2023 nach vielen Jahren überraschend seinen Abschied von der Bühne der KG verkündet hatte und auch Ewald Blum aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in die Rolle der Elfriede Grimmelwiedisch schlüpfen konnte, war es an der Zeit für Veränderungen im Programm. Dieses Mal kam hinzu, dass weitere Akteure, die schon lange fester Bestandteil der Sitzungen waren, wie „De Hausmeischda“, die „Revo Boys“und auch „Till“Marek Winter, der für seine Attacken auf die saarländische Politik bekannt ist, nicht dabei waren.
Dafür sollten zwei Sieger ihrer Kategorie vom „Vorstellabend der Narren“für frischen Schwung sorgen. Und so starteten Jadon Wappner (14) und Liam Mergen (14) mit Hip-HopBeats in ihre Rede als „Zwei pubertierende Eierköpp“. Die beiden hatten mit den typischen Themen ihrer Generation zu kämpfen. Als Liam seinen Papa fragte, ob er ihm für sein Date eine Taschenlampe ausleihen könnte, habe ihm dieser entgegnet, dass er die früher nicht gebraucht habe. Und der Sohn konterte: „So sieht die Mama auch aus.“
Nach ihrer erfolgreichen Teilnahme beim „Vorstellabend der Narren“feierte auch Annemarie Maus als Bauersfrau Elfriede Schlau ihre „M'r sin nit so“-Premiere: „Ich bin noch ledig“, stellte sie klar und plauderte von ihrer Suche nach „Mr. Right“. Doch mit ihren bisherigen Verehrern hatte sie nur wenig Glück. So erfuhr sie über Karl von einer Wahrsagerin, dass er in einem halben Jahr weg sei: „Werde ich wenigstens freigesprochen?“, wollte Elfriede daraufhin wissen.
„Brauche mir jetzt schon Pfälzer, um Spaß zu han?“, scherzte ein Besucher beim Auftritt von Jens Gabler. Was viele jedoch nicht wissen: Der Redner, der seit Jahren in der Pfälzer Fastnacht eine bekannte Figur ist, wurde in Ottweiler geboren. Und als Saarländer schlüpfte er passenderweise in die Rolle des Knaubers, also einem „typischen Do-It-Yourself-Handwerker, der zu allem bereit, aber zu nichts fähig ist“, so Sitzungspräsident Ramon Gechnizdjani.
Viele erinnerte Gabler an Heinz Becker. Auf diesen bezog sich auch Helene Rauber in ihrer Figur der Jolanda Jochnachel. Ihre neue Freundin Vanessa Backes (Alice Hoffmann) sei ja mal mit einem Bexbacher verheiratet gewesen. Sie könne dazu nur sagen: „Geh fort“. Die beiden sind auch außerhalb der Fastnacht als „Saarladies“auf den Bühnen unterwegs. „Anke, Du bist zwar nicht so bekannt wie wir, aber wir nehmen Dich gerne mit“, integrierte Jochnachel die SPD-Ministerpräsidentin spontan in ihr Programm.
Rehlinger kam als Miss Europa, ihr Minister Jürgen Barke verkleidete sich als Zirkusdirektor, sein Amtskollege Jakob von Weizsäcker (SPD) als Pirat. Der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (SPD) ging dagegen unter die Hutmacher. Die Vertreter der Politik waren nicht nur stark in der Saarlandhalle vertreten, sondern erwiesen sich auch als feierfest, schunkelten und klatschten bis zum Ende der Fernsehsitzung mit. Bereits vor deren Beginn wurde die saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb als neue Ehrensenatorin der „M'r sin nit so“ausgezeichnet. Eigentlich habe sie ja aus Berlin einen Witz von Bundeskanzler Olaf Scholz mitbringen wollen, erklärte sie und ergänzte lächelnd: „Aber der konnte sich nicht mehr daran erinnern.“
Im Gegensatz zu den Vorjahren blieben die zahlreichen Politiker weitestgehend von Narren-Attacken und zum Teil sogar persönlichen verbalen Angriffen in den Reden verschont. Auch Gabler, der im Hauptberuf Apotheker ist, wetterte nur kurz gegen die Cannabis-Legalisierung: „Da bekommt der Satz: Soll ich es in ein Tütchen machen, gleich eine andere Bedeutung“.
„Fidelius“Christoph Lesch feierte sein 30. Bühnen-Jubiläum und wurde dafür von der „M'r sin nit so“mit einer Torte überrascht. In dieser Zeit habe sich viel getan, blickte er zurück. So hieße Pipi jetzt nicht mehr Lang-, sondern Stützstrumpf. Mit seinen saarländischen Versionen bekannter Hits und Imitationen von Promis wie Dieter Bohlen war er auch dieses Mal für viele wieder ein Höhepunkt der Sitzung. Ein Wiedersehen gab es zudem mit „De Neffe“
Yves Schokie sowie Ralf Ramm. Er übernahm den schwierigen Part als Eisbrecher in der Bütt und erzählte von seinen Versuchen als Schauspieler. Und Sarah Jost machte sich über ihre „krumm buggelische Verwandtschaft“lustig.
Quasi direkt aus Las Vegas kam Elvis in die Saarlandhalle. Sigi Oster heizte mit den Klassikern seines Vorbildes wie „Teddybear“die Stimmung an. „Die Krätzjer“nahmen sich dagegen das Saarland musikalisch vor, sangen zum Saarvenir-Flop Herbert Grönemeyers Hit „Was soll das?“sowie Hymnen auf die Erfolge der Fußball-Vereine SVE und FCS.
Von „In München steht ein Hofbräuhaus“über ein Medley der Kölner Band Höhner bis zu „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ging es mit der Band „Beavers“einmal quer durch die Stimmungshit-Klassiker. Lautstark wurde mitgesungen, geschunkelt und getanzt. Die zahlreichen tänzerischen Darbietungen luden dagegen unter anderem zu Abstechern nach Bollywood, zu „Schneewittchen und den ChaosZwergen“sowie ins pinke Universum von Barbie ein.
Aber nicht nur die neuen Akteure sorgten für Veränderungen. Auch Stimmungsgarant Markus Becker zeigte sich (zunächst) von einer besinnlichen Seite: Bei seinem neuen Song „Wir waren alle einmal Kinder“verwandelten die Besucher die Saarlandhalle mit ihren Handys in ein Lichtermeer. Zum Finale der über fünfstündigen Sitzung brachte Becker dann aber nicht nur seinen Party-Hit „Das rote Pferd“mit, sondern ließ dies in Form einer übergroßen Plüschfigur auch über die Bühne galoppieren. Im Publikum herrschte noch einmal Top-Stimmung. Kurz vor 1 Uhr zog – von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger angeführt – eine Polonaise durch die Halle.
Die Fernsehsitzung der „M’r sin nit so“wird am Samstag, 10. Februar, 20.15 Uhr, im SR-Fernsehen ausgestrahlt.