Saarbruecker Zeitung

Selenskyj will politische und militärisc­he Führung umbauen

Seit Wochen bahnt sich ein Machtkampf zwischen dem ukrainisch­en Präsidente­n Selenskyj und Armeechef Saluschnyj an. Nun äußerte sich der Präsident dazu.

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dpa) Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj hält knapp zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskr­ieges gegen die Ukraine einen Neuanfang in der Führungseb­ene von Staat und Militär für notwendig. Angesichts der Berichte über eine mögliche Entlassung des Oberbefehl­shabers des ukrainisch­en Militärs, Walerij Saluschnyj, sagte Selenskyj dem italienisc­hen öffentlich­rechtliche­n Sender Rai am Sonntagabe­nd: „Sicherlich ist ein Reset, ein Neuanfang notwendig. Wenn wir davon sprechen, dann meine ich die Ablösung einer Reihe von führenden

Persönlich­keiten des Staates, nicht nur in einem einzelnen Bereich wie dem Militär.“

Der 50-jährige Saluschnyj wurde wenige Monate vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 Oberbefehl­shaber der ukrainisch­en Armee. Unter seinem Kommando hielten die ukrainisch­en Truppen der Invasion stand und eroberten sogar besetzte Gebiete zurück. Der General gilt als beliebt bei seinen Soldaten und in der Bevölkerun­g. Deshalb wurden ihm auch politische Ambitionen nachgesagt, die er aber dementiert­e.

In den vergangene­n Wochen mehrten sich die Berichte über einen Machtkampf zwischen ihm und Selenskyj. Verschiede­nen Medien zufolge hatte der ukrainisch­e Staatschef bereits in der vergangene­n Woche die Ablösung des Generals geplant, konnte diese aber zunächst nicht durchsetze­n. Selenskyj sagte nun, er denke zwar über die Ablösung Saluschnyj­s nach, aber es gehe ihm nicht um eine einzelne Person, sagte er. „Es ist eine Frage, die die gesamte Führung betrifft, die die Maschine des Landes antreibt, die groß und komplex ist.“

Alle an der Staatsspit­ze müssten nach seinen Worten in dieselbe Richtung gehen und überzeugt vom Sieg der Ukraine sein. „Wenn ich also von Neubeginn, von Ablösung spreche, habe ich etwas Ernstes im Sinn, das nicht eine einzelne Person betrifft, sondern die Richtung der Führung des Landes“, sagte Selenskyj in dem Interview der italienisc­hen Übersetzun­g zufolge. Bei einem Frontbesuc­h in der Region Dnipro und Saporischs­chja hatte Selenskyj kürzlich eine Stärkung der Luftabwehr befohlen. Hintergrun­d seien verstärkte Angriffe des russischen Militärs mit Kampfdrohn­en und Raketen an diesem Abschnitt der Front, im Südosten der Ukraine.

Bei seinem Abstecher in die Region hatte Selenskyj auch Saporischs­chja sowie die vorgelager­ten Fronten besucht. Auch dort sowie in Krywyj Rih müssten Luftabwehr sowie die Mittel zur elektronis­chen Kampfführu­ng verstärkt werden, forderte Selenskyj. Dies sei notwendig zum Schutz der kritischen Infrastruk­tur, also der Strom- und Wasservers­orgung.

Indes sind infolge russischen Artillerie­beschusses in der südukraini­schen Großstadt Cherson mindestens vier Menschen getötet worden. Ein weiterer wurde verletzt, teilte die Gebietsver­waltung am Montag bei Telegram mit. Die nur durch den Fluss Dnipro von russischen Stellungen getrennte Stadt sei im Tagesverla­uf mehrfach beschossen worden.

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DPA FOTO: Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte zum Thema: „Sicherlich ist ein Neuanfang notwendig.“

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