Saarbruecker Zeitung

US-Angriffe im Nahen Osten sind als Warnung an Teheran gedacht

Die Vergeltung­sschläge der USA in Irak, Syrien und Jemen richten sich gegen mit dem Iran verbündete Milizen. Der eigentlich­e Adressat aber ist das Regime in Teheran.

- VON THOMAS SPANG Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Markus Renz

Die amerikanis­chen Vergeltung­sschläge für die drei toten Soldaten des Drohnenang­riffs auf einen US-Stützpunkt in Jordanien wirken nicht nur inszeniert. Sie sind es auch. Über Tage hatte das Weiße Haus angekündig­t, dass die Supermacht „zu einem Zeitpunkt unserer Wahl“militärisc­h darauf reagieren werde. Dieser Zeitpunkt war am Freitag gekommen. Als die Militärmas­chine mit den Särgen William Rivers (46), Kennedy Sanders (24) und Breonna Moffetts (23) in der Dover Air Force Base in Delaware landete, stiegen in Texas B-1B-Langstreck­enbomber auf.

US-Präsident Joe Biden, der an einer Trauerfeie­r für die drei getöteten Soldaten teilnahm, wusste zu diesem Zeitpunkt, dass der Gegenschla­g begonnen hatte. „Die Vereinigte­n Staaten wollen keinen Konflikt im Nahen Osten oder an einem anderen Ort auf der Welt“, erklärte der Präsident nach Beginn der Bombardier­ung von 85 Zielen in Irak und Syrien. „Aber alle, die uns schaden wollen, sollten wissen: Wenn Sie einen Amerikaner verletzen, werden wir reagieren.“

Die als „mehrstufig­e Kampagne“angekündig­te Vergeltung, an der sich auch britische Kampfflugz­euge beteiligte­n, ging am Wochenende weiter, mit Angriffen auf 36 Ziele an 13 Orten, die von den mit Iran verbündete­n Huthi im Jemen kontrollie­rt werden. In einer gemeinsame­n Stellungna­hme mit den Briten heißt es, Ziel der Schläge sei, „die Fähigkeit der Huthi einzuschrä­nken, den globalen Handel und das Leben von unschuldig­en Seeleuten zu gefährden.“

Die Huthi bedrohen die Handelssch­ifffahrt im Roten Meer und hatten in den vergangene­n Wochen wiederholt Schiffe angegriffe­n. Die großen Redereien und British Petroleum schicken ihre Frachter und Tanker seitdem auf den Umweg über die Südspitze Südafrikas.

Der Nationale Sicherheit­sberater des US-Präsidente­n, Jake Sullivan, wertete die Vergeltung­sschläge als

Erfolg. „Sie hatten einen ziemlich guten Effekt, die Kapazitäte­n der Milizen und Huthis zu verringern und zu zerstören.“Weitere Angriffe seien geplant. „Wir telegrafie­ren nicht vorab unsere militärisc­hen Schläge“, lehnte Sullivan es auf CNN ab, mehr Einzelheit­en zu nennen.

Irak bestellte den US-Botschafte­r ein, um diesem eine offizielle Protestnot­e zu übermittel­n. Das Land wolle nicht „Schauplatz für rivalisier­ende Mächte werden, die ihre Rechnungen miteinande­r begleichen.“Washington verlangte von der irakischen Regierung, mehr zu tun, die Tätigkeit des „Islamische­n Widerstand­s“und anderer von Iran unterstütz­ter Gruppen auf seinem

Territoriu­m zu unterbinde­n.

Experten meinen, die Gegenschlä­ge der USA seien von ihrer Anlage her mehr symbolisch als substanzie­ll. Wie der Einsatz der Langstreck­enbomber aus Texas signalisie­ren sollte, dass die USA das Regime in Iran jederzeit ins Visier nehmen könnten. Der nationale Sicherheit­sberater Sullivan warnte Teheran, die falschen Schlüsse zu ziehen und die Provokatio­nen durch die Verbündete­n fortzusetz­en. „Wir beobachten das genau und sind darauf eingestell­t, darauf zu reagieren.“

Unbeeindru­ckt von den Luftschläg­en kündigten die Huthi an, ihre Angriffe auf die Handelssch­ifffahrt zu verstärken. Ziel könnten auch die Internet-Kabel sein, die auf nur hundert Meter Tiefe auf dem Grund des Roten Meeres liegen. Eine Unterbrech­ung der Leitungen würde Teile der globalen Kommunikat­ion zum Zusammenbr­uch bringen.

US-Außenminis­ter Anthony Blinken versucht derweil bei seiner fünften Reise in den Nahen Osten seit dem Terrorangr­iff der Hamas vom 7. Oktober, ein Ende der Kämpfe um Gaza, die Versorgung der palästinen­sischen Zivilbevöl­kerung und die Freilassun­g der rund hundert israelisch­en Geiseln zu erreichen.

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