Bundesregierung einigt sich auf Strategie für neue Kraftwerke
20 neue mit Wasserstoff betriebene Gaskraftwerke sollen gebaut werden, um die Versorgung zu sichern, wenn kein Strom aus Öko-Energien gewonnen werden kann.
Schon am vergangenen Montag hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Kraftwerksstrategie für „entscheidungsreif“erklärt. Die Entscheidung ließ doch noch eine Woche auf sich warten. Am Montag erzielten Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Habeck schließlich den Durchbruch und legten eine Einigung vor, auf die die Energiebranche seit Monaten wartet.
Was hat es mit der Kraftwerksstrategie auf sich?
Die Strategie soll Klarheit über den Bau neuer Gaskraftwerke schaffen, die in Zukunft mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Klarheit erwartet die Energiebranche sowohl was die Finanzierung als auch die Kapazitäten der neuen Kraftwerke angeht. Diese sollen Versorgungssicherheit in sogenannten Dunkelflauten schaffen, also in Phasen, in denen kein Strom aus Solar- oder Windkraft gewonnen werden kann. Die Kohlekraftwerke, die diese Aufgabe bisher übernommen haben, sollen nach dem Willen der AmpelKoalition „idealerweise“bis 2030 abgeschaltet werden. Die neue Strategie soll damit auch den Kohleausstieg absichern.
Welche Kapazitäten der Kraftwerke wurden festgelegt?
Scholz, Habeck und Lindner haben sich darauf geeinigt, dass Kapazitäten im Umfang von bis zu viermal 2,5 Gigawatt als wasserstofffähige Gaskraftwerke kurzfristig ausgeschrieben werden. In Summe sind das bis zu 10 Gigawatt, was rund 20 großen Anlagen entspricht. Diese sollen ab einem Umstiegsdatum zwischen 2035 und 2040 komplett auf Wasserstoff umgestellt werden. Das genaue Umstiegsdatum soll bis 2032 festgelegt werden.
Wo sollen die neuen Kraftwerke entstehen?
Die Einigung der Bundesregierung ist in diesem Punkt vage formuliert. „Diese Kraftwerke sollen an systemdienlichen Standorten stehen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Es ist davon auszugehen, dass die großen Industriezentren im Westen und Süden des Landes gemeint sind. Ob neue Kraftwerke auch im Osten gebaut werden sollen, wo der Kohleausstieg einen großen Strukturwandel mit sich bringt, bleibt offen. Die Leag als großer Kraftwerksbetreiber im Osten forderte, dass wasserstofffähige Kraftwerke an Standorten mit vorhandener Infrastruktur errichtet werden, und drang auf eine „faire Verteilung der Standorte“ohne Bevorzugung bestimmter Regionen. „Wichtig ist vor allem, dass die weiteren Schritte in der Umsetzung der Kraftwerksstrategie sowohl die Klima- und Versorgungssicherheitsziele als auch die wirtschaftlichen Anforderungen der Leag als Investor angemessen berücksichtigen“, sagte Leag-Chef Thorsten Kramer unserer Redaktion.
Wie soll das Ganze finanziert werden?
Die Kraftwerksbetreiber verlangen staatliche Unterstützung, da sich die Anlagen alleine nicht rechnen. Sie sollen schließlich nur dann einspringen, wenn keine Sonne scheint und kein Wind bläst. Die Bundesregierung sagt nun Förderungen zu. Diese sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, wie es in der gemeinsamen Erklärung heißt. Die Höhe dieser Förderung wird allerdings nicht genauer benannt. Die Kosten für die Fördermaßnahmen würden von sehr vielen Faktoren abhängen, etwa von Konzeption und Ausgang der Ausschreibungen für die Kraftwerke sowie die Kostenentwicklung beim Wasserstoff, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Montag. In Koalitionskreisen war am Montag von 15 bis 20 Milliarden Euro für die nächsten rund 20 Jahre die Rede. BDEW-Chefin Kerstin Andreae forderte, es müsse „dringend Klarheit für die Investoren“geschaffen werden. Die Finanzierungsfrage müsse schnell geklärt werden.
Wie passen neue Gaskraftwerke zum Ziel der Klimaneutralität?
Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, das Land bis 2045 klimaneutral umzubauen. Man fördere neue, wasserstofffähige Kraftwerkstypen, „damit das Energiesystem insgesamt klimaneutral wird“, sagte Wirtschaftsminister Habeck am Montag in einem Video auf dem Nachrichtendienst X. Dennoch, vorerst werden die neuen Kraftwerke mit Gas betrieben – und Gas ist ein fossiler Energieträger. Die Bundesregierung betont zwar, dass die neuen Kraftwerke wasserstofffähig, also H2-ready sein sollen. Dennoch ist für den Umstieg auf Wasserstoff noch ein Zeitkorridor von 2035 bis 2040 vorgesehen.
Was hat der Klimaaspekt mit der Finanzierung zu tun?
Die EU muss der staatlichen Unterstützung für die neuen Kraftwerke noch zustimmen, dafür ist der grüne Umstieg eine Bedingung. Die Einigung werde nun mit der EU-Kommission beraten, teilte die Bundesregierung am Montag mit. Man gibt sich zuversichtlich. „Mit der EU-Kommission können wir an die konstruktiven Gespräche aus dem Sommer letzten Jahres anknüpfen“, hieß es am Montag.