US-Grenzpolitik könnte wahlentscheidend werden
US-Präsident Biden ist in der Asylpolitik auf eine harte Linie umgeschwenkt – offenbar um das Feld nicht seinem mutmaßlichen Herausforderer Trump zu überlassen.
(ap) Schon im Wahlkampf 2020 hatte Joe Biden die Migrationspolitik von Donald Trump als unmenschlich angeprangert. Fast unmittelbar nach seinem Amtsantritt als US-Präsident fing er an, die Maßnahmen seines Vorgängers rückgängig zu machen. Seitdem hat sich viel geändert.
Heute klingt Biden zunehmend wie Trump, wenn er den Kongress zu Asylbeschränkungen auffordert, die vor drei Jahren noch undenkbar gewesen wären. Er agiert dabei unter Druck nicht nur von Republikanern, sondern auch von Demokraten. Unter diesen sind gewählte Amtsträger aus Städten, die Tausende Kilometer von der Grenze entfernt liegen. Doch auch sie bekommen die Auswirkungen der Asylsuchenden zu spüren, die in Rekordzahlen in den USA ankommen.
Während sich für die diesjährige Präsidentschaftswahl erneut ein Duell zwischen Biden und Trump anzubahnen scheint, rückt das Thema Einwanderung als eine der potenziell größten Bürden des Amtsinhabers in den Vordergrund. Im Bemühen, es zu entschärfen, setzt sich Biden für einen Gesetzentwurf ein, der ihm strikte neue Begrenzungen der Asylzahlen ermöglichen würde. „Wenn dieses Gesetz heute gelten würde, würde ich die Grenze sofort schließen und schnell eine Lösung finden“, sagte er Ende Januar.
Die Zukunft des Entwurfs ist unklar, da Trumps Anhänger ihn blockieren. Doch Bidens demokratische Verbündete drängen den Präsidenten zu handeln. Die Gouverneurin von Arizona, Katie Hobbs, forderte Biden kürzlich auf, die Nationalgarde an die Grenze ihres Staates zu schicken. Als der Präsident dies ablehnte, wurde Hobbs selbst aktiv. „Alle in Arizona sollten wissen, dass wir bedeutende Schritte für ihre Sicherheit ergreifen, selbst wenn die Bundesregierung dies verweigerte“, sagte die liberale Demokratin.
Die Migrationsbewegung belastet die sozialen Dienste in Städten wie New York, Chicago und Denver, die Mühe haben, Tausende Asylsuchende unterzubringen. Lokale Nachrichtensender zeigen Bilder von Migrantinnen und Migranten, die in der Öffentlichkeit kampieren müssen.
Neun demokratische Gouverneure aus dem gesamten Land riefen Biden und führende Vertreter des Kongresses vor Kurzem in einem Brief auf, eine Lösung für die „humanitäre Krise“zu finden. Staaten und Städte gäben Milliarden Dollar aus, könnten aber mit dem Tempo, in dem neue Migranten ankommen, nicht mehr mithalten, schrieben sie. Die Gouverneure baten um mehr finanzielle Unterstützung sowie eine Reform des Asylrechts: „Es ist klar, dass unser nationales Migrationssystem überholt ist und ungeeignet, um auf diese beispiellose globale Migration zu reagieren.“Trump indes brennt offenbar darauf, das Thema wieder so zu emotionalisieren wie bei seiner erfolgreichen Kampagne 2016. Sein Versprechen, an der Südgrenze zu Mexiko eine Mauer zu bauen, wurde zu seiner wohl bekanntesten Parole.
Trump beklagte kürzlich, dass seine migrationspolitische Botschaft bei seiner Kandidatur zur Wiederwahl 2020 nicht gezündet habe. Als Präsident hatte er an der US-mexikanischen Grenze Kinder von ihren Familien getrennt, um Menschen von der Einreise in die USA abzuschrecken. Dieses Vorgehen wurde von Staats- und Regierungschefs weltweit sowie von US-Abgeordneten und von Papst Franziskus als unmenschlich kritisiert.
Vor der dieses Jahr anstehenden Wahl gehört die Migration weiter zu den größten Sorgen der Wählerinnen und Wähler. In einer Umfrage von AP-NORC stieg die Zahl derjenigen, die Bedenken äußerten, nach 27 Prozent im Vorjahr auf 35 Prozent.
„Es ist klar, dass unser nationales Migrationssystem überholt ist und ungeeignet, um auf diese beispiellose globale Migration zu reagieren.“Auszug aus einem Schreiben von neun demokratischen Gouverneuren an US-Präsident Joe Biden (Demokrat)