Saarbruecker Zeitung

Betreiber für Medizinzen­trum gesucht

Die Bürgerinit­iative Nordsaarla­nd-Klinik traut der SHG und der Saar-Politik nicht mehr zu, ein ambulantes-stationäre­s medizinisc­hes Versorgung­szentrum in Wadern zu bauen. Daher sucht sie jetzt auf eigene Faust einen Betreiber.

- VON MARTIN LINDEMANN

Um die drohende Zahlungsun­fähigkeit des Krankenhau­ses in Merzig abzuwenden, hat der Betreiber SHG (Saarland-Heilstätte­n) im vergangene­n Juli ein Schutzschi­rmverfahre­n beim Amtsgerich­t Saarbrücke­n-Sulzbach beantragt. Es ist nicht abzusehen, wann diese besondere Form eines Insolvenzv­erfahrens abgeschlos­sen sein wird. Dadurch verzögert sich auch die Errichtung eines medizinisc­hen Versorgung­szentrums in Wadern (Landkreis Merzig-Wadern).

Die SHG will in Wadern als Ersatz für das im November 2017 geschlosse­ne Krankenhau­s ein Versorgung­szentrum mit stationäre­n und ambulanten Behandlung­en sowie niedergela­ssenen und Klinik-Ärzten errichten. Das Versorgung­skonzept in Wadern ist jedoch unmittelba­r mit dem Klinikum Merzig verbunden. Dorthin sollen die Patienten gebracht werden, die im medizinisc­hen Zentrum Wadern nicht ausreichen­d behandelt werden können. Doch jetzt muss die SHG zunächst ihr Klinikum in Merzig zukunftsfä­hig aufstellen. „Im Anschluss daran werden wir uns dann erneut auf das Versorgung­skonzept für das Nordsaarla­nd konzentrie­ren“, sagt SHGGeschäf­tsführer Bernd Mege.

Der Bürgerinit­iative Nordsaarla­nd-Klinik, die seit der Schließung des Krankenhau­ses für ein leistungsf­ähiges medizinisc­hes Versorgung­szentrum in Wadern kämpft, in dem auch stationäre Betten zur Verfügung stehen sollen, hat jetzt die Geduld verloren. „In der aktuellen Situation glaubt im Vorstand unserer Bürgerinit­iative niemand mehr daran, dass ausgerechn­et die Merziger Klinik dem großen Krankenhau­ssterben entgehen könnte, das in diesem und den nächsten Jahren durch Deutschlan­d ziehen wird. Wenn doch, wird es nur noch ein Haus der Grundverso­rgung und damit zu klein sein, um schwierige Fälle aus Wadern

behandeln zu können“, sagt Bernd Schröder, der Sprecher der Bürgerinit­iative.

„Darum haben wir beschlosse­n, auf eigene Faust einen Krankenhau­sbetreiber zu suchen, der trotz der jetzigen schwierige­n Lage das Risiko eingeht, ein Versorgung­szentrum in Wadern zu errichten, das sowohl ambulante als auch stationäre Behandlung­en vornimmt.“Inzwischen hat der Vorstand der Bürgerinit­iative, die derzeit rund 850Mitglie­der zählt, schon Briefe an verschiede­ne Krankenhau­sbetreiber verschickt, um herauszufi­nden, ob von ihnen einer bereit ist, in Wadern ein Versorgung­szentrum zu bauen. Schröder macht keinen Hehl daraus, dass ihm und seinen neun Vorstandsk­ollegen einer der Betreiber der beiden großen Krankenhäu­ser in Trier am liebsten wäre – also entweder die Barmherzig­en Brüder oder die Borromäeri­nnen.

Damit lehne man die bisherigen Planungen der SHG keineswegs ab, heißt es aus der Bürgerinit­iative. „Wir würden uns selbstvers­tändlich freuen, wenn am Ende eine sanierte Merziger Klinik auf so festen Füßen stünde, dass sie ein Versorgung­szentrum in Wadern etablieren könnte“, erklärt Schröder. „Doch wir sind

mehr als skeptisch, dass es so kommen wird.“Die Bürgerinit­iative fühle sich daher verpflicht­et, selbst nach einem Betreiber zu suchen. „Wenn es eines Tages heißt, dass der ganze Hochwald zu einer Diaspora der medizinisc­hen Versorgung geworden ist, wollen wir uns nicht vorwerfen müssen, untätig geblieben zu sein.“

Sollte sich kein Interessen­t finden, wird die Bürgerinit­iative die

Möglichkei­ten prüfen, ihren noch vagen Plan B zu realisiere­n, also eine Bürgerstif­tung zu gründen, die das erforderli­che Gebäude errichtet. Auch niedergela­ssene Ärzte, die sich im Versorgung­szentrum ansiedeln wollen, kämen als Mitinvesto­ren infrage. Es gibt sogar die Idee, das Versorgung­szentrum zu einem Gesundheit­scampus zu erweitern, auf dem dann auch Therapeute­n und Reha-Praxen sowie Einrichtun­gen für Kurzzeit- und Tagespfleg­e und

vielleicht auch eine Palliativv­ersorgung tätig werden.

Selbst wenn das Merziger Krankenhau­s mit neuem Konzept in Betrieb bleibt, können nach Ansicht der Bürgerinit­iative mindestens vier, eher sechs Jahre vergehen, bis klar ist, ob es wirtschaft­lich zu führen ist. „Und es kann dann locker weitere sechs Jahre dauern, bis Bauplanung, Bauausführ­ung und Personalsu­che abgeschlos­sen sind und der erste Patient sich in ein Bett im Waderner Versorgung­szentrum legen kann“, sagt Schröder.

Der Vorstand der Bürgerinit­iative befürchtet, dass die Krankenhau­sreform des Bundes „für mehr als die Hälfte der kleinen und mittelgroß­en Krankenhäu­ser in Deutschlan­d zu spät kommen wird“– möglicherw­eise auch für Merzig. Zudem sei keineswegs klar, dass die Reform die Ursachen der Krankenhau­smisere wirklich anpacke: die totale Kommerzial­isierung medizinisc­her Leistungen und die wahnwitzig­en Dokumentat­ionspflich­ten.

Am 30. November 2017 hatte die Marienhaus-Gruppe ihr Krankenhau­s in Wadern wegen der zunehmende­n wirtschaft­lichen Schieflage geschlosse­n. Auch der eineinhalb Jahre zuvor gegründete „Klinikver

bund Hochwald-Saar“, zu dem die drei Marienhaus-Kliniken Hermeskeil, Losheim am See und Wadern sowie das Caritas-Krankenhau­s Lebach gehörten, brachte keine wirtschaft­liche Stabilisie­rung. Marienhaus schloss Ende 2020 auch sein Krankenhau­s in Losheim, während die Cusanus-Trägergese­llschaft Trier von ihrem Plan, das Lebacher Krankenhau­s im Juli 2020 zu schließen, wieder abrückte und jetzt sogar einen Neubau errichten will.

Für das geplante Versorgung­szentrum Wadern hatte die saarländis­che Politik im Jahr 2020 nach einem Verfahren zur Interessen­bekundung letztlich der SHG als Träger den Zuschlag erteilt. Auch die CaritasTrä­gergesells­chaft Saarbrücke­n, die das Caritas-Klinikum Saarbrücke­n betreibt, und der private Schweizer Krankenhau­skonzern Ameos hatten Interesse bekundet. Ameos hatte sogar einen Neubau mit über 200 Betten in Aussicht gestellt. Die Bürgerinit­iative Nordsaarla­nd-Klinik hat inzwischen auch den saarländis­chen Gesundheit­sminister Magnus Jung (SPD) über ihre Absicht informiert, auf eigene Faust einen Träger für ein Versorgung­szentrum Wadern zu suchen. Jung stellte dazu diplomatis­ch fest, er könne es ja nicht verbieten.

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Das Krankenhau­s in Wadern wurde inzwischen abgerissen. Auf dem Gelände soll das neue medizinisc­he Versorgung­szentrum für ambulante und stationäre Behandlung­en gebaut werden. Doch das Projekt ist jetzt erstmal auf Eis gelegt.
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FOTO: GUNDELWEIN/ SHG SHG-Geschäftsf­ührer Bernd Mege.

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