Betreiber für Medizinzentrum gesucht
Die Bürgerinitiative Nordsaarland-Klinik traut der SHG und der Saar-Politik nicht mehr zu, ein ambulantes-stationäres medizinisches Versorgungszentrum in Wadern zu bauen. Daher sucht sie jetzt auf eigene Faust einen Betreiber.
Um die drohende Zahlungsunfähigkeit des Krankenhauses in Merzig abzuwenden, hat der Betreiber SHG (Saarland-Heilstätten) im vergangenen Juli ein Schutzschirmverfahren beim Amtsgericht Saarbrücken-Sulzbach beantragt. Es ist nicht abzusehen, wann diese besondere Form eines Insolvenzverfahrens abgeschlossen sein wird. Dadurch verzögert sich auch die Errichtung eines medizinischen Versorgungszentrums in Wadern (Landkreis Merzig-Wadern).
Die SHG will in Wadern als Ersatz für das im November 2017 geschlossene Krankenhaus ein Versorgungszentrum mit stationären und ambulanten Behandlungen sowie niedergelassenen und Klinik-Ärzten errichten. Das Versorgungskonzept in Wadern ist jedoch unmittelbar mit dem Klinikum Merzig verbunden. Dorthin sollen die Patienten gebracht werden, die im medizinischen Zentrum Wadern nicht ausreichend behandelt werden können. Doch jetzt muss die SHG zunächst ihr Klinikum in Merzig zukunftsfähig aufstellen. „Im Anschluss daran werden wir uns dann erneut auf das Versorgungskonzept für das Nordsaarland konzentrieren“, sagt SHGGeschäftsführer Bernd Mege.
Der Bürgerinitiative Nordsaarland-Klinik, die seit der Schließung des Krankenhauses für ein leistungsfähiges medizinisches Versorgungszentrum in Wadern kämpft, in dem auch stationäre Betten zur Verfügung stehen sollen, hat jetzt die Geduld verloren. „In der aktuellen Situation glaubt im Vorstand unserer Bürgerinitiative niemand mehr daran, dass ausgerechnet die Merziger Klinik dem großen Krankenhaussterben entgehen könnte, das in diesem und den nächsten Jahren durch Deutschland ziehen wird. Wenn doch, wird es nur noch ein Haus der Grundversorgung und damit zu klein sein, um schwierige Fälle aus Wadern
behandeln zu können“, sagt Bernd Schröder, der Sprecher der Bürgerinitiative.
„Darum haben wir beschlossen, auf eigene Faust einen Krankenhausbetreiber zu suchen, der trotz der jetzigen schwierigen Lage das Risiko eingeht, ein Versorgungszentrum in Wadern zu errichten, das sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen vornimmt.“Inzwischen hat der Vorstand der Bürgerinitiative, die derzeit rund 850Mitglieder zählt, schon Briefe an verschiedene Krankenhausbetreiber verschickt, um herauszufinden, ob von ihnen einer bereit ist, in Wadern ein Versorgungszentrum zu bauen. Schröder macht keinen Hehl daraus, dass ihm und seinen neun Vorstandskollegen einer der Betreiber der beiden großen Krankenhäuser in Trier am liebsten wäre – also entweder die Barmherzigen Brüder oder die Borromäerinnen.
Damit lehne man die bisherigen Planungen der SHG keineswegs ab, heißt es aus der Bürgerinitiative. „Wir würden uns selbstverständlich freuen, wenn am Ende eine sanierte Merziger Klinik auf so festen Füßen stünde, dass sie ein Versorgungszentrum in Wadern etablieren könnte“, erklärt Schröder. „Doch wir sind
mehr als skeptisch, dass es so kommen wird.“Die Bürgerinitiative fühle sich daher verpflichtet, selbst nach einem Betreiber zu suchen. „Wenn es eines Tages heißt, dass der ganze Hochwald zu einer Diaspora der medizinischen Versorgung geworden ist, wollen wir uns nicht vorwerfen müssen, untätig geblieben zu sein.“
Sollte sich kein Interessent finden, wird die Bürgerinitiative die
Möglichkeiten prüfen, ihren noch vagen Plan B zu realisieren, also eine Bürgerstiftung zu gründen, die das erforderliche Gebäude errichtet. Auch niedergelassene Ärzte, die sich im Versorgungszentrum ansiedeln wollen, kämen als Mitinvestoren infrage. Es gibt sogar die Idee, das Versorgungszentrum zu einem Gesundheitscampus zu erweitern, auf dem dann auch Therapeuten und Reha-Praxen sowie Einrichtungen für Kurzzeit- und Tagespflege und
vielleicht auch eine Palliativversorgung tätig werden.
Selbst wenn das Merziger Krankenhaus mit neuem Konzept in Betrieb bleibt, können nach Ansicht der Bürgerinitiative mindestens vier, eher sechs Jahre vergehen, bis klar ist, ob es wirtschaftlich zu führen ist. „Und es kann dann locker weitere sechs Jahre dauern, bis Bauplanung, Bauausführung und Personalsuche abgeschlossen sind und der erste Patient sich in ein Bett im Waderner Versorgungszentrum legen kann“, sagt Schröder.
Der Vorstand der Bürgerinitiative befürchtet, dass die Krankenhausreform des Bundes „für mehr als die Hälfte der kleinen und mittelgroßen Krankenhäuser in Deutschland zu spät kommen wird“– möglicherweise auch für Merzig. Zudem sei keineswegs klar, dass die Reform die Ursachen der Krankenhausmisere wirklich anpacke: die totale Kommerzialisierung medizinischer Leistungen und die wahnwitzigen Dokumentationspflichten.
Am 30. November 2017 hatte die Marienhaus-Gruppe ihr Krankenhaus in Wadern wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Schieflage geschlossen. Auch der eineinhalb Jahre zuvor gegründete „Klinikver
bund Hochwald-Saar“, zu dem die drei Marienhaus-Kliniken Hermeskeil, Losheim am See und Wadern sowie das Caritas-Krankenhaus Lebach gehörten, brachte keine wirtschaftliche Stabilisierung. Marienhaus schloss Ende 2020 auch sein Krankenhaus in Losheim, während die Cusanus-Trägergesellschaft Trier von ihrem Plan, das Lebacher Krankenhaus im Juli 2020 zu schließen, wieder abrückte und jetzt sogar einen Neubau errichten will.
Für das geplante Versorgungszentrum Wadern hatte die saarländische Politik im Jahr 2020 nach einem Verfahren zur Interessenbekundung letztlich der SHG als Träger den Zuschlag erteilt. Auch die CaritasTrägergesellschaft Saarbrücken, die das Caritas-Klinikum Saarbrücken betreibt, und der private Schweizer Krankenhauskonzern Ameos hatten Interesse bekundet. Ameos hatte sogar einen Neubau mit über 200 Betten in Aussicht gestellt. Die Bürgerinitiative Nordsaarland-Klinik hat inzwischen auch den saarländischen Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD) über ihre Absicht informiert, auf eigene Faust einen Träger für ein Versorgungszentrum Wadern zu suchen. Jung stellte dazu diplomatisch fest, er könne es ja nicht verbieten.