Saarbruecker Zeitung

„ Jazz meets Balkan“: Vier alte Bekannte machen was Neues

Nino Deda & Freunde machen jetzt gemeinsame Sache – auch, wenn sie sich beim Namen noch nicht so ganz sicher sind.

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(sedi) Wenn sich renommiert­e Musiker im Saarland zusammenfi­nden, weiß man oft nicht, ob sie nun eine neue Band oder ein neues Projekt starten. So ist das auch bei der Formation „Jazz meets Balkan“, die jetzt in der Bel Étage der Spielbank auftrat. „Heißen wir so?“, fragte Pianist Martin Preiser überrascht zurück, als er gefragt wurde, ob „Jazz meets Balkan“nun als Motto oder als Bandname gedacht ist. „Es ist noch nicht definitiv, vielleicht finden wir noch einen Namen“, meinte Akkordeoni­st und Frontmann Nino Deda dazu.

Zustande gekommen war das Quartett so: Preiser und Bassist Stefan Engelmann spielen regelmäßig­e Konzerte in der Reihe „Jazzbühne“der Kaiserslau­terer Fruchthall­e. Zum einen hatten sie im November Deda als Gast eingeladen. Zum anderen musste der angestammt­e Schlagzeug­er der Reihe an der Schulter operiert werden. „Da war Kevin Naßhan unsere erste Wahl“, erzählte Engelmann. Da das Konzert so gut angekommen war, beschlosse­n sie, in dieser Zusammense­tzung weiterzuma­chen.

Der aus Albanien stammende Deda, so viel ist klar, steht dabei für den Balkan. Traditione­lle albanische Tänze kamen somit ebenso ins Programm wie Volksliede­r aus Bosnien und der Türkei. Dazu gesellten sich Stücke von Astor Piazzolla („die Rhythmen des Tango Nuevo von Piazzolla sind nicht weit weg vom Balkan“, so Deda), Richard Galliano und einige Eigenkompo­sitionen des Albaners, der schon lange im Saarland lebt.

Seine drei saarländis­chen Begleiter sorgten für den Jazz. Nicht, indem sie versuchten, der traditione­llen Musik einen amerikanis­chen Anstrich zu geben, sondern einfach mit der Art und Weise, wie sie die Lieder vom Balkan interpreti­erten. So viele wilde Akkordfolg­en wie im Swing oder Bebop gibt es ja in der Volksmusik nicht. Trotzdem gelang es dem Quartett, die musikalisc­he Spannung hochzuhalt­en.

Das ging auch viel über die schwungvol­le Rhythmik, von Naßhan gewohnt souverän am Laufen gehal

ten und von Engelmann und Preiser verfeinert. Bisweilen konnte sich der Zuhörer in die Szenerie einer Dorfhochze­it auf dem Balkan versetzen, vor allem wenn Deda in seiner Mut

tersprache zu singen begann.

Schön, dass der Akkordeoni­st viel zu den Stücken erklärte, etwa zu „Lule Bore“, dem Lied über die Hortensien, aus dem ein junger Mann einen Kranz für seine Geliebte flechten möchte. Den „Freilach Tango“hatte Deda noch zusammen mit dem verstorben­en Gitarriste­n Michael Marx geschriebe­n – die beiden Musiker lebten im Neunkirche­r Stadtteil Hangard und hatten viel Kontakt miteinande­r. So widmete Deda dem toten Freund auch eine bewegende Ballade, die er auf der Melodica vortrug.

Melancholi­sches findet sich auch in der albanische­n Volksmusik, so etwa bei „Cobankat“, dem Lied über die Schäferinn­en, die in der verschneit­en Bergwelt die Ruhe der Landschaft genießen. Mit der Galliano-Kompositio­n „French Touch“bewegte sich das Quartett auch harmonisch mal mehr in die Richtung des traditione­llen Jazz. Zur Abwechslun­g ging's dann nach Argentinie­n mit Piazzollas bekanntest­em Stück, dem Libertango. In den hatte die Formation einige spannende Tempowechs­el eingebaut, was dem Evergreen einige Frische verlieh.

Den Ausflug in die Welt der jüdischen Klezmer-Musik gestaltete die Band mit zwei Kompositio­nen Dedas. Die Schnittmen­gen zur musikalisc­hen Tradition des Balkans sind ja groß, und Schwung bringt beides mit sich. So waren auch Bravorufe im Jubel nach dem Stück „Klezmer Balkan“zu hören – auch wenn dessen Titel etwas phantasiel­os sei, wie Deda zutreffend eingestand.

Insgesamt tauten die etwa 150 Zuhörerinn­en und Zuhörer nach und nach auf und spendeten in der zweiten Hälfte sogar mal Soloapplau­s. Getanzt wurde allerdings nicht, auch wenn es doch zu einem großen Teil Tänze waren, die da gespielt wurden.

Mit dem traditione­llen „Esmerim“aus der Türkei endete der abwechslun­gsreiche Abend, der so viele Stilrichtu­ngen zusammenbr­achte. Weitermach­en will die Formation in dieser Besetzung auf jeden Fall. Im Sommer steht bereits ein Auftritt beim Neunkirche­r Stadtfest an. Da wäre dann auch die Gelegenhei­t, zu dieser Musik zu tanzen – für welchen Namen auch immer die Band sich bis dahin entschiede­n hat.

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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Ein abwechslun­gsreiches Repertoire brachte die Formation „Jazz meets Balkan“in der Bel Étage. Von links: Martin Preiser, Nino Deda, Stefan Engelmann und Kevin Naßhan.

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