Sorge um die Fußball-EM – gelingt das Sommermärchen 2.0?
Die Union äußert Zweifel an den Vorbereitungen und sorgt sich um die Stimmung im Land. Die SPD betont hingegen, die Organisation laufe auf Hochtouren.
Auch wenn der Ball erst in vier Monaten rollt – das erste Tor fällt schneller, als man denkt. Am 14. Juni trifft Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft im Eröffnungsspiel in München auf Schottland. Das Turnier soll laut Bundesregierung „zu einem Heimspiel für Europa und so zu einem Erlebnis für ganz Deutschland und darüber hinaus“werden. Sozusagen zum Sommermärchen 2.0. Doch wird das auch gelingen?
Die Union im Bundestag schaut jetzt mit Sorge auf die Vorbereitungen. Sie fordert von der Regierung mehr Engagement. Der Bundestag wird sich daher in seiner nächsten Sitzungswoche Ende Februar mit einem Antrag der Fraktion von CDU/ CSU zur EM beschäftigen. Damit die Europameisterschaft ein Erfolg werde, heißt es darin, „müssen alle Bedingungen erfüllt sein, die neben den Leistungen der Spieler auf dem Fußballplatz für ein vollständiges Gelingen des Fußballfestes erforderlich sind“. Das sieht die Union als noch nicht gegeben an.
Hintergrund sind Äußerungen aus der Geschäftsführung des EMOrganisationskomitees (OK) von Ende letzten Jahres. Die Regierung habe mit Blick auf das Turnier „keine Vision“, hieß es seinerzeit. Was sie liefere, reiche nicht. Mittlerweile liegen jedoch mehrere Konzepte auf dem Tisch – unter anderem eins, das die Anreise der vielen Fans zu den Spielen sichern soll. Geplant sind verbilligte Tickets für die Bahn und Sonderzüge, die Möglichkeit für die Länder, Nachtflugverbote aufzuheben und ein anderes Baustellenmanagement. Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) stellte unlängst ein umfassendes Sicherheitskonzept vor. Faeser sagte: „Wir wollen die Fußball-Europameisterschaft zu einem sicheren Turnier machen.“Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern würden sich intensiv vorbereiten. „Unser Fokus reicht vom Schutz vor Hooligans und vor Kriminalität und extremistischen Bedrohungen bis hin zur Cybersicherheit und der Vorbereitung auf Unwetter oder andere Ereignisse.“
Die Union bleibt allerdings skeptisch. Der sportpolitische Sprecher der Fraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte unserer Redaktion: „Die Europameisterschaft 2024 im eigenen Land bietet die große Chance, ein zweites Sommermärchen zu schaffen.“Dazu gehöre auch, die seitens der Organisatoren geäußerten Kritikpunkte aufzugreifen. „Noch ist Zeit, auf organisatorische Schwachstellen zu reagieren. Diese Zeit verstreichen zu lassen, wäre fahrlässig, denn wir alle wollen ein fabelhaftes Turnier erleben – und dazu gehört auch eine tadellose Organisation.“
In ihrem Antrag fordert die Union die Regierung auf, zusammen mit dem OK Defizite zu identifizieren und zu beheben. Genannt werden Bereiche wie Mobilität, Tourismus und Kultur. Auch müssten Lagebilder „zu allen denkbaren Bedrohungsszenarien innerhalb und außerhalb der Stadien erstellt“und die von den Sicherheitsbehörden vermuteten Szenarien „beübt“werden.
Und: Die Bundesregierung müsse auf den DFB einwirken, „dass die Nationalmannschaft wieder stärker die Nähe zu den Fans in Deutschland sucht“. So könne dem Ansehensverlust entgegengewirkt werden, „der durch die Leistungen der deutschen Nationalmannschaft eingetreten ist und der Entwicklung einer positiven Grundstimmung vor der Euro 2024 entgegensteht“.
Aus Regierungskreisen verlautete, es habe mehrere Sitzungen des Nationalen Koordinierungsausschusses gegeben. Ihm gehören Bundesressorts, die Uefa, die Euro 2024 GmbH, die zehn Austragungsstädte, die Bundesländer sowie Projektbeteiligte wie etwa die Deutsche Bahn an. Die letzten Treffen seien harmonisch und für alle zur Zufriedenheit verlaufen. In der SPD ist man daher überrascht von der Kritik der Union. „Dass mehrere Monate vor Turnierstart noch an der ein oder anderen Stellschraube gedreht werden muss, ist nicht ungewöhnlich“, erläuterte die sportpolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Poschmann, unserer Redaktion. „Die Vorbereitungen für die Euro 2024 laufen auf Hochtouren.“Anders als bei der WM 2006 habe die Bundesregierung keine eigene Rolle bei der Organisation des Turniers, unterstütze aber den Ausrichter DFB und den Veranstalter Uefa. „Unsere internationalen Gäste werden ein gut organisiertes und nachhaltiges Turnier erleben, begleitet von einem bunten Kulturprogramm“, zeigte sich Poschmann überzeugt.
Klar sei freilich, dass die Stimmung während des Turniers maßgeblich vom sportlichen Auftreten der Nationalmannschaft abhänge. „Wir alle hoffen auf ein großartiges Sportfest. Doch ein erneutes Sommermärchen lässt sich nicht politisch anordnen“, betonte die Expertin.