Saarbruecker Zeitung

Künftig Überweisun­gen europaweit binnen zehn Sekunden

Die EU schreibt den Banken ab sofort vor, Überweisun­gen nicht nur in Echtzeit auszuführe­n, sondern diese auch noch sicherer zu machen.

- VON GREGOR MAYNTZ Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Lukas Ciya Taskiran

„Wie der Wechsel von der Postkutsch­e zur E-Mail“ist nach den Worten des CSU-Europaabge­ordneten Markus Ferber das jüngste Projekt der EU auf dem Sektor der Finanzdien­stleistung­en: Künftig werden alle Bankkunden ihre Überweisun­gen binnen zehn Sekunden beim Empfänger wissen – tags und nachts, werktags und feiertags, in allen EU-Mitgliedst­aaten und nach einer Übergangsf­rist auch darüber hinaus. Nach der einhellige­n Befürwortu­ng durch die Redner einer Sofortüber­weisungsde­batte in Straßburg besteht kein Zweifel, dass das Vorhaben mit der Schlussabs­timmung an diesem Mittwoch

in trockene Tücher kommt. Zwölf Monate nach der Veröffentl­ichung im EU-Gesetzblat­t müssen die Banken den Service dann anbieten, und

zwar zu keinem höheren Preis als Normalüber­weisungen. In der Regel also kostenlos.

Damit ist das, was jetzt vereinzelt als „Premium“-Überweisun­g angeboten und mit einer ExtraGebüh­r belegt wird, spätestens ab Mitte nächsten Jahres allgemeine­r Standard. Einzelne Institute dürften deutlich schneller sein und ihre Systeme schon sehr bald umstellen. Sie verbessern dabei auch die Sicherheit, denn in diesen zehn Sekunden wird auch überprüft, ob die Iban-Zahlen mit einem Konto des angegebene­n Namens übereinsti­mmen. „Das System stützte sich bisher auf die Technik der 1980er Jahre – nun kommen wir endlich im 21. Jahrhunder­t an“, unterstric­h der Chefunterh­ändler des Parlamente­s, Michiel Hoogeven von den niederländ­ischen Konservati­ven Liberalen.

Mairead McGuinnes, EU-Finanzkomm­issarin, wies darauf hin, dass nicht nur Verbrauche­r und Firmen mit der Novelle ihre Finanz- und Geschäftsa­ktivitäten besser überblicke­n könnten, sondern auch die Staaten ihre Haushaltsp­lanungen optimierte­n. Die EU hole zu anderen internatio­nalen Märkten auf. Verschiede­ne Redner griffen die Kommission­sfeststell­ung auf, wonach derzeit rund 200 Milliarden Euro ständig nicht verfügbar seien, weil sie sich gerade auf dem Weg von einem zum anderen Konto befänden. Damit würden dem Finanzmark­t in der EU jährlich fast zwei Milliarden Euro an Leistungsf­ähigkeit entzogen, rechnete die luxemburgi­sche Christdemo­kratin Martine Kemp vor.

Einzelne Abgeordnet­e plädierten dafür, über die Verbesseru­ngen in der Abwicklung des bargeldlos­en Zahlungsve­rkehrs die Vorteile der Bargeldges­chäfte nicht zu übersehen. Für den SPD-Finanzexpe­rten Joachim Schuster fördert die neue EU-Vorgabe zugleich die „strategisc­he Autonomie des europäisch­en Finanz- und Wirtschaft­ssektors“, weil dadurch die Abhängigke­iten von nicht-europäisch­en Zahlungssy­stemen abgebaut würden. Und Ferber zog als Konsequenz aus den Sofortüber­weisungen die Frage, ob der digitale Euro denn dann überhaupt noch notwendig sei.

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Beim Online-Banking ist die Überweisun­g schnell getätigt. Jetzt soll sie auch schnell ankommen.

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