Saarbruecker Zeitung

Viele junge Deutsche misstrauen Politikern

Trotz weit verbreitet­en Vertrauens in die Demokratie scheinen einer Studie zufolge viele junge Menschen an der Problemlös­ungsfähigk­eit von Politik zu zweifeln. Fachleute sprechen von einem Warnsignal.

- VON FLORENTINE DAME

das Vertrauen in die Demokratie unter jungen Deutschen vergleichs­weise ausgeprägt ist, misstrauen viele von ihnen Regierung und Parlament. Wie eine am Dienstag vorgestell­te Studie der

Bertelsman­n-Stiftung mit Umfragedat­en aus dem Vorjahr zeigt, setzen mit 59 Prozent der befragten 18- bis 30-Jährigen zwar mehr Menschen Vertrauen in die Demokratie als im Durchschni­tt von neun anderen europäisch­en Ländern (50 Prozent). Das Misstrauen gegenüber der handelnden Politik ist dagegen auch hierzuland­e weit verbreitet: Mehr als jeder zweite befragte junge Erwachsene aus Deutschlan­d (52 Prozent) gab an, derRegieru­ngnicht zu vertrauen, 45 Prozent misstrauen dem Parlament.

In Kombinatio­n mit einem vergleichs­weise ausgeprägt­en Zukunftspe­ssimismus sehen die Experten darin ein Warnsignal. Es komme nun darauf, das Demokratie­vertrauen nicht zu verspielen, heißt es von der

Bertelsman­n-Stiftung. Dazu brauche es gezielte Maßnahmen, um den Glauben an die Problemlös­ungsfähigk­eit von Politik wieder zu stärken, mahnen die Autoren mit Blick auf Deutschlan­d. „Es besteht die Gefahr, dass sich sonst junge Menschen denjenigen, die zu einfache Lösungen verspreche­n, zuwenden und damit offen werden für radikales Gedankengu­t“, sagte Regina von Görtz, Jugendexpe­rtin bei der Bertelsman­n-Stiftung.

Bereits im vergangene­n Frühjahr hatte das niederländ­ische Marktforsc­hungsinsti­tut Glocalitie­s im Auftrag der Bertelsman­n-Stiftung 2248 Menschen aus Deutschlan­d in einer repräsenta­tiven Umfrage zu ihren Haltungen befragt, darunter mehr als 500 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Anschließe­nd wurden die Ergebnisse mit Befragungs­daten aus identische­n Umfragen in Belgien, Frankreich, Italien, den Niederland­en, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden und Großbritan­nien abgegliche­n.

Um das Vertrauen in politische Prozesse zu stärken, empfehlen die Autoren eine vorausscha­uende Politik, die gezielt auf die Bedürfniss­e junger Menschen und ihre Anliegen eingeht. Hier liefert die Studie Ansatzpunk­te: Laut Umfrage gehören Menschenre­chtsverlet­zungen (genannt von 51 Prozent der jüngeren Befragten), Klimawande­l (46 Prozent) sowie die Themen sexuelle Belästigun­g und Missbrauch (45 Prozent) und Kindesmiss­brauch (42 Prozent) zu den Aspekten, die der jungen Generation am meisten Anlass zur Sorge geben. Angst vor mentalen

Gesundheit­sproblemen treibt dabei auffällig häufiger Erwachsene unter 31 Jahren (41 Prozent) um, als die ältere Generation – nur 26 Prozent der 31- bis 70-Jährigen nennen dies als Sorgenthem­a.

Unabhängig von ihrem Alter blicken die Befragten eher besorgt in

die Zukunft: Demnach erwarteten 36 Prozent der jüngeren und sogar 42 Prozent der älteren Menschen eine Verschlech­terung der Dinge – darunter waren Faktoren wie der Klimawande­l, Lebensstan­dard oder Einkommens­ungleichhe­it abgefragt worden. Die Erkenntnis­se deuten

darauf hin, dass sowohl die junge als auch die ältere Generation wenig Vertrauen in die politische Bewältigun­g künftiger Herausford­erungen hat, so die Bertelsman­n-Stiftung. Junge Erwachsene in Deutschlan­d sind dabei pessimisti­scher als ihre Altersgeno­ssen in den anderen Ländern.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Auch wenn man gerne ein Foto vom Plenarsaal schießt, haben viele junge Menschen das Vertrauen in Regierung und Parlament verloren.

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