Hitzige Debatte um AfD und „Remigration“
SPD und CDU nahmen am Dienstag die AfD-Fraktion im Landtag gemeinsam in die Zange. Einen CDU-Antrag lehnte die SPD-Mehrheit dann aber ab.
Lautstark hat der saarländische Landtag am Dienstag über die Bedeutung der Massendemonstrationen der letzten Wochen gegen die AfD und Rechtsextremismus und einen Antrag der AfD zur sogenannten „Remigration“gestritten. Letzteren hatte die SPD-Fraktion ursprünglich von der Tagesordnung streichen lassen wollen. Die Plenardebatte wurde dabei zu einer Befragung der AfD-Fraktion und besonders des saarländischen AfD-Vorsitzenden Carsten Becker durch Abgeordnete der SPD und CDU. Die wollten vor allem wissen, wie Becker und seine AfD zu den, durch Recherchen des Netzwerks Correctiv bekannt gewordenen, Plänen zur Ausweisung von Asylbewerbern und Deutschen mit Migrationshintergrund stehen.
„Herr Becker, wie ist Ihr Verhältnis zur rechtsextremen Identitäre Bewegung, von der Sie gerne mal T-Shirts tragen? Was sagen Sie zu den Plänen zur Ausweisung von Menschen mit deutschem Pass? Ist das Ihre Vorstellung des Begriffs Remigration?“fragt die SPD-Abgeordente Sevim Kaya-Karada und fügt hinzu, dass sie von Becker keine Antwort erwartet. „Weil Sie nämlich feige sind und lieber dort die Maske fallen lassen, wo Sie sich sicher fühlen“, sagt Kaya-Karada und meint damit rechtsextreme Medien, für die Becker Beiträge verfasste.
Becker und der Saar-AfD gehe es mit dem Begriff Remigration nicht um die Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer, sondern schlicht um die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund. „Die bekannt gewordenen Pläne sind eine Schande! Sie sind ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die maßgeblich zum Wohlstand unseres Landes beigetragen haben“, sagt die SPD-Abgeordnete.
AfD-Chef Carsten Becker gibt zu Protokoll, dass er und seine Fraktion „Remigration“gänzlich anders deuten. „Der Begriff Remigration ist für mich attraktiv, weil das bedeutet, etwas rückgängig zu machen“, so Becker. Er setzt Remigration mit der Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern gleich. Die Landes- und vor allem die Bundesregierung müsse sich dafür starkmachen, dass die aktuell 300 000 ausreisepflichtigen Ausländer (davon haben 248 000 den Status geduldet) abgeschoben werden. Gut integrierte Menschen mit Migrationshintergrund will man dagegen nicht ausweisen, sondern: „uns darum bemühen, dass wir die für die AfD begeistern können“, sagt Becker.
Alle Vorwürfe der SPD und CDU seien absurd und reine Polemik. Nicht die AfD schüre Hass und Hetze, das tue ausschließlich die SPD, so Becker. „Von Ihnen höre ich immer nur Nazi, Nazi, Nazi“, sagt Becker am Rednerpult. „Weil Sie einer sind!“, ruft der SPD-Abgeordnete Pascal Arweiler dazwischen, „Sie sind wirklich ein Nazi!“. Landtagsvizepräsidentin Dagmar Heib (CDU) ruft den SPD-Mann nicht zur Ordnung. Aber der Landtag gibt im Nachgang an, Heib habe den Zwischenruf nicht gehört. Das Landtagspräsidium wolle sich nachträglich noch einmal mit der Einlassung befassen.
„Sie sind wirklich ein Nazi!“Der SPD-Abgeordnete Pascal Arweiler zu Saar-AfD-Chef Carsten Becker
Zu seinen Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung ging Becker auf mehrfache Nachfrage ein. „Das ist eine patriotische Jugend. Wir stehen hier und da im Dialog. Sie hetzen nur den Verfassungsschutz auf diese jungen Menschen“, so Becker in Richtung der SPD-Fraktion.
Gewaltig gegen den Strich gehen der AfD die Massenproteste der vergangenen Wochen. Als „Demonstrationen gegen das Volk“bezeichnet sie der AfD-Vorsitzende Josef Dörr. Carsten Becker geht noch weiter
und spricht von einer Inszenierung. „Es ist ja nicht so, dass das alles unabhängige Leute sind“, sagt Becker über die Demonstranten. Vielmehr erinnerten die Anti-AfD-Demos an Proteste gegen Rechts in der DDR, zu denen regimetreue SEDler von der Regierung geschickt worden seien.
SPD und CDU loben dagegen die Demonstrationen. Er sei stolz auf die Demos „für Demokratie und einen starken Rechtsstaat“, sagt der CDU-Mann Raphael Schäfer, „wir erleben gerade Großartiges!“.
In einem eigenen Antrag spricht sich die CDU-Fraktion erneut für eine umfassende Reform des Asylrechts aus und findet dabei die Zustimmung der AfD.
Die SPD-Mehrheit im saarländischen Landtag lehnt das ab. Am Ende setzt sich ein Antrag der SPDFraktion durch. Darin fordern die Sozialdemokraten einen Beauftragten gegen Rassismus im Saarland, mehr Geld für politische Bildung, mehr Schutz für Synagogen sowie mehr Personal für den Verfassungsschutz im Saarland.