Keine Lust mehr aufs Pendeln
Die Arbeitsqualität hat sich für viele Beschäftigte in Luxemburg seit zehn Jahren verschlechtert. Warum Grenzgänger lieber ins Homeoffice wollen.
Längere Arbeitszeiten durch längere Fahrwege und weniger Pausen: Die Beschäftigten in Luxemburg sind mit ihrem Job im Großherzogtum immer weniger zufrieden. Die Arbeitnehmerkammer des Großherzogtums (Chambre des salariés, CSL) schlägt in ihrer jüngsten Analyse zum sogenannten Quality-of-Work-Index Alarm: Seit zehn Jahren hat sich das Wohlbefinden am Arbeitsplatz in Luxemburg stetig verschlechtert. Und da auch die Grenzgängerinnen und Grenzgänger bei der Befragung stets mit im Boot sind, lassen sich daraus durchaus allgemeingültige und spezielle Grenzgängerthemen ableiten.
An der miesen Work-Life-Balance der Luxemburg-Beschäftigten hat nämlich auch die Ausweitung der Homeoffice-Regelung für Grenzgänger in den Nachbarländern Luxemburgs nichts geändert. Im
Gegenteil: Der Abwärtstrend hält seit Jahren an. Unterschiede der mehr als 2700 Studienteilnehmer bei mentaler Belastung, Zeitdruck, Mobbing, physischer Belastung, Gesundheitsrisiken, emotionalen Anforderungen und Schwierigkeiten, den Arbeitsplatz zu wechseln, gibt es je nach Funktion oder Position in den Unternehmen, Arbeitssektor, Alter, Familienstand – und Fahrtzeit zum Arbeitsplatz.
Und so liegt der Quality-ofWork-Index bei mageren 54,6 von 100 möglichen Punkten, wobei die Werte für Maschinenführer, Montagearbeiter, in der Hotellerie und Gastronomie sowie im Handel am schlechtesten abschneiden. „Lediglich in puncto Sicherheit am Arbeitsplatz zeigt die Kurve nach oben und ist seit 2021 mehr oder weniger konstant geblieben“, sagt die CSLPräsidentin Nora Back bei der Vorstellung der jüngsten Studie und verweist ebenso auf bessere Werte bei Partizipation und Arbeitsautonomie im Job.
Für alle Beschäftigten in Luxemburg gilt jedoch: „Es wird immer schwieriger, Privat- und Berufsleben miteinander zu vereinbaren“, sagt Back. Zwar ist wenig erstaunlich, dass Beschäftigte mit Homeoffice-Möglichkeit mehr Probleme haben, Arbeit und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Aber auch bei ihnen wird dies seit 2017 immer schwerer.
Woran das liegt? Immerhin 26 Prozent der Beschäftigten gaben an, dass sie oft oder manchmal ihre Arbeitspausen verkürzen oder unterbrechen müssen. Und 28 Prozent von ihnen sagten, dass sie außerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein müssten. Außerdem ändert sich für 14 Prozent der Beschäftigten mehrmals in der Woche die Arbeitszeit. „Auch beläuft sich im Durchschnitt
„Auch beläuft sich im Durchschnitt die faktische Arbeitszeit auf gut 41 Stunden pro Woche und liegt damit drei Stunden höher als vertraglich festgelegt“Quality-of-Work-Index Studie der Luxemburer Arbeitnehmerkammer (CSL)
die faktische Arbeitszeit auf gut 41 Stunden pro Woche und liegt damit drei Stunden höher als vertraglich festgelegt“, heißt es in der CSL-Studie. Auch kann ein Viertel der Beschäftigten mit unregelmäßigen Arbeitszeiten die Ruhetage zwischen zwei Arbeitstagen nicht planmäßig einhalten – bei regulären Bürozeiten liegt dieser Anteil bei den Beschäftigten bei zehn Prozent. Solche unregelmäßigen und atypischen Arbeitszeiten gibt es vor allem im Gesundheits- und Sozialsektor
und in der Industrie (18 Prozent).
Was auch auffällt: Auch wenn sich die Arbeitswege für den einzelnen Beschäftigten nicht grundsätzlich verlängern, so verweilen die Arbeitnehmer dennoch wegen der überlasteten Verkehrsinfrastruktur immer länger auf dem Weg zur Arbeit. Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin in Luxemburg fährt somit im Schnitt 44 Minuten pro Weg. 2014 hatten noch 56 Prozent der Befragten einen Arbeitsweg von weniger als einer halben Stunde, in
zwischen macht ihr Anteil nur noch 38 Prozent aus.
Die Folge: Die investierte Zeit für den Job steigt pro Woche an – auf durchschnittlich inzwischen 48,8 Stunden pro Woche. Bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern sind es laut der CSL-Studie sogar 53,3 Stunden im Durchschnitt. Das wirkt sich laut den Umfragewerten auch signifikant auf die persönliche Zufriedenheit der Beschäftigten aus: Nimmt die Fahrzeit zur Arbeit zu, sinkt die Zufriedenheit. So ist das
Burn-out-Risiko der Beschäftigten im Laufe der vergangenen zehn Jahre in den Umfragen um 33 Prozent gestiegen. „Die Umfrage“, sagt CSL-Präsidentin Nora Back, „zeigt, dass Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverkürzung brauchen. Die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer ist besorgniserregend, ebenso wie die Tatsache, dass wir so viel Zeit bei der Arbeit verbringen.“Das seien Diskussionen, die in nächster Zeit wieder aufkommen und geführt werden müssten.