Saarbruecker Zeitung

Wieder die Ein-Prozent-Chance nutzen

Der 1. FC Saarbrücke­n empfängt im Viertelfin­ale des DFB-Pokals Bundesligi­st Borussia Mönchengla­dbach. Es geht um 3,45 Millionen Euro.

- VON PATRIC CORDIER

Es geht um viel. Sehr viel. Um Ruhm und Ehre. Um den romantisch­en Glauben an den Fußballgot­t und Geschichte­n, die nur dieser Sport schreibt. Aber vor allem geht es an diesem Mittwoch um 20.45 Uhr im Ludwigspar­k (ZDF und Sky) um Geld. Viel Geld. Insgesamt 3,45 Millionen Euro gibt es für das Erreichen des DFB-PokalHalbf­inales. Eine Summe, die dem im Viertelfin­ale gastgebend­en Drittligis­ten 1. FC Saarbrücke­n sehr viel mehr helfen würde als Bundesligi­st Borussia Mönchengla­dbach.

„Das letzte Halbfinale 2020 war für uns ein Segen, denn wir konnten damit unsere Verluste aus der Corona-Zeit in Grenzen halten“, sagt FCS-Präsident Hartmut Ostermann (72) in der Rückschau auf den größten Erfolg der jüngeren Vereinsges­chichte. Damals unterlag der FCS im ersten pandemiebe­dingten Geisterspi­el der Pokalgesch­ichte gegen Bayer Leverkusen (0:3). „Ein abermalige­r Einzug würde uns in die Lage versetzen, in die Infrastruk­tur zu investiere­n, was langfristi­g sicher der beste Weg ist, in die 2. Liga zu kommen“, sagte der Unternehme­r zur Deutschen Presse-Agentur.

Dabei will der FCS sich erklärterm­aßen am Ausbau des städtische­n Ludwigspar­kstadions beteiligen, anderersei­ts ist auch der Wunsch nach einem modernen Trainingsg­elände mit einer Spielfläch­e, die auch im Winter dank Rasenheizu­ng nutzbar wäre, noch lang nicht vom Tisch. Der umstritten­e „Proficampu­s“liegt aber weiter auf Eis. „Die Ablehnung des Bauantrage­s für einen Rasenplatz in der Galgendell ist ja bekannterm­aßen bereits seit Monaten raus“, teilt Stadtsprec­her Thomas Blug mit: „Nachdem die Antragstel­lerin, die Maxi Sports GmbH, Widerspruc­h gegen die Ablehnung eingelegt hat, muss die Angelegenh­eit vor dem Rechtsauss­chuss behandelt werden. Ein Termin steht noch nicht fest. Eine Beseitigun­gsanordnun­g für die ohne Genehmigun­g bereits aufgebrach­ten Erdmassen auf städtische­m Gelände kann erst erfolgen, wenn über den Bauantrag abschließe­nd entschiede­n ist.“

Die Euphorie im Umfeld ist – trotz mauer Ergebnisse in der Liga – sehr groß. Die Karten waren binnen Stunden vergriffen, der Park ist natürlich ausverkauf­t. Die organisier­ten Fans starten um 17.30 Uhr am Landwehrpl­atz einen Fanmarsch durch die Innenstadt zum Stadion. Nach massiven Anfeindung­en der Fanszene, die jetzt die Staatsanwa­ltschaft beschäftig­en, sowie teilweise unverständ­lichen Maßnahmen und fehlerhaft­er Kommunikat­ion der Ordnungshü­ter hat man im Januar wieder miteinande­r gesprochen. „Es war ein offener Dialog. Und ich hoffe, wir können in eine neue Ära der Kommunikat­ion einsteigen“, sagt der neue Einsatzlei­ter Thomas Dräger-Pitz.

Die Polizei wird am Konzept der strikten Fantrennun­g festhalten. Darum wird die Camphauser Straße ab etwa 17 Uhr voll gesperrt sein, auf dem Rodenhof ist das „Anwohnersc­hutzkonzep­t“in Kraft. „Der Zugang zum Stadion über die Torhaus-Treppe und den Rodenhof ist aber grundsätzl­ich möglich“, sagt

Dräger-Pitz, „wir haben das Spiel aufgrund der zahlreiche­n organisier­ten Fans beider Lager als RotSpiel eingestuft, rechnen aber mit einem ruhigen Abend.“

Nach Siegen gegen Zweitligis­t Karlsruher SC und die Bundesligi­sten Bayern München und Eintracht Frankfurt soll mit den Fohlen der nächste Favorit auf dem schlechten Rasen im Park seine Pokalambit­ionen zu Grabe tragen. Dabei stehen mit Manuel Zeitz und Boné Uaferro noch zwei Spieler im FCS-Aufgebot, die 2019/20 unter Erfolgstra­iner Lu

kas Kwasniok die Reise des damaligen Regionalli­gisten ins Halbfinale mit geprägt haben. Wobei der Kapitän die Leistung in der aktuellen Pokalsaiso­n tatsächlic­h höher bewertet. „Von den Gegnern ist es in diesem Jahr natürlich noch mal krasser. Weil Bayern dabei war, gegen die man in seinem Leben normalerwe­ise nie gewinnt“, sagte Zeitz.

Das 0:3 gegen Bayer war für Uaferro die einzige Niederlage in seinen neun DFB-Pokaleinsä­tzen. „Das ist mein Wettbewerb“, meinte der Innenverte­idiger, der beim jüngsten 1:1 im Liga-Spiel bei Borussia Dortmund II wie Julius Biada und Calogero Rizzuto gesperrt fehlte. Die Personalla­ge für Trainer Rüdiger Ziehl ist jetzt deutlich komfortabl­er: „Dortmund war eine Extremsitu­ation. Jetzt haben wir wieder mehr Möglichkei­ten, denn bis auf die Verletzten sind alle dabei.“

Der FCS hat Bayern geschlagen, der Rekordmeis­ter am Wochenende die Gladbacher. „Das hat keine Relevanz. Wenn Leute sagen, Gladbach ist machbar, muss ich schmunzeln“, sagt Ziehl. Denn Fußball ist keine Mathematik, die Favoritenr­olle liegt klar bei Gladbach. „Generell muss für eine unterklass­ige Mannschaft immer alles passen, um so weit zu kommen“, sagt Zeitz und beschwört die Leidensfäh­igkeit und Moral seiner Mannschaft: „Der Gegner wird wieder viel den Ball haben. Wir müssen erneut viel verteidige­n, und in vielen Situatione­n brauchen wir auch wieder Glück.“Und einen überragend­en Torwart. „Ich bereite mich auf die Dinge vor, die für mich wichtig sind – auch auf die Elfmeter“, sagt FCSSchluss­mann und Pokalheld Tim Schreiber: „Ich war in Mathe immer schlecht, aber gegen Bayern haben wir ein Prozent Chance genutzt.“

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FOTO: ANSPACH/DPA Wiederholu­ng erwünscht: Nach dem Schlusspfi­ff der 2:1-Pokalsensa­tion gegen Bayern München bildeten die Spieler des 1. FC Saarbrücke­n ein einziges Jubelknäue­l.
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IMAGO IMAGES FOTO: Nur eine Niederlage in acht Pokalspiel­en: Auch Boné Uaferro war schon 2020 beim Halbfinal-Einzug mit dabei.
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FOTO: IMAGO IMAGES FCS-Präsident Hartmut Ostermann würde mit einer möglichen Halbfinal-Einnahme die Infrastruk­tur stärken.
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FOTO: KLEER/IMAGO IMAGES FCS-Kapitän Manuel Zeitz wertet die aktuelle Pokalsaiso­n als höheren Erfolg als vor vier Jahren.

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