Wieder die Ein-Prozent-Chance nutzen
Der 1. FC Saarbrücken empfängt im Viertelfinale des DFB-Pokals Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Es geht um 3,45 Millionen Euro.
Es geht um viel. Sehr viel. Um Ruhm und Ehre. Um den romantischen Glauben an den Fußballgott und Geschichten, die nur dieser Sport schreibt. Aber vor allem geht es an diesem Mittwoch um 20.45 Uhr im Ludwigspark (ZDF und Sky) um Geld. Viel Geld. Insgesamt 3,45 Millionen Euro gibt es für das Erreichen des DFB-PokalHalbfinales. Eine Summe, die dem im Viertelfinale gastgebenden Drittligisten 1. FC Saarbrücken sehr viel mehr helfen würde als Bundesligist Borussia Mönchengladbach.
„Das letzte Halbfinale 2020 war für uns ein Segen, denn wir konnten damit unsere Verluste aus der Corona-Zeit in Grenzen halten“, sagt FCS-Präsident Hartmut Ostermann (72) in der Rückschau auf den größten Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte. Damals unterlag der FCS im ersten pandemiebedingten Geisterspiel der Pokalgeschichte gegen Bayer Leverkusen (0:3). „Ein abermaliger Einzug würde uns in die Lage versetzen, in die Infrastruktur zu investieren, was langfristig sicher der beste Weg ist, in die 2. Liga zu kommen“, sagte der Unternehmer zur Deutschen Presse-Agentur.
Dabei will der FCS sich erklärtermaßen am Ausbau des städtischen Ludwigsparkstadions beteiligen, andererseits ist auch der Wunsch nach einem modernen Trainingsgelände mit einer Spielfläche, die auch im Winter dank Rasenheizung nutzbar wäre, noch lang nicht vom Tisch. Der umstrittene „Proficampus“liegt aber weiter auf Eis. „Die Ablehnung des Bauantrages für einen Rasenplatz in der Galgendell ist ja bekanntermaßen bereits seit Monaten raus“, teilt Stadtsprecher Thomas Blug mit: „Nachdem die Antragstellerin, die Maxi Sports GmbH, Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt hat, muss die Angelegenheit vor dem Rechtsausschuss behandelt werden. Ein Termin steht noch nicht fest. Eine Beseitigungsanordnung für die ohne Genehmigung bereits aufgebrachten Erdmassen auf städtischem Gelände kann erst erfolgen, wenn über den Bauantrag abschließend entschieden ist.“
Die Euphorie im Umfeld ist – trotz mauer Ergebnisse in der Liga – sehr groß. Die Karten waren binnen Stunden vergriffen, der Park ist natürlich ausverkauft. Die organisierten Fans starten um 17.30 Uhr am Landwehrplatz einen Fanmarsch durch die Innenstadt zum Stadion. Nach massiven Anfeindungen der Fanszene, die jetzt die Staatsanwaltschaft beschäftigen, sowie teilweise unverständlichen Maßnahmen und fehlerhafter Kommunikation der Ordnungshüter hat man im Januar wieder miteinander gesprochen. „Es war ein offener Dialog. Und ich hoffe, wir können in eine neue Ära der Kommunikation einsteigen“, sagt der neue Einsatzleiter Thomas Dräger-Pitz.
Die Polizei wird am Konzept der strikten Fantrennung festhalten. Darum wird die Camphauser Straße ab etwa 17 Uhr voll gesperrt sein, auf dem Rodenhof ist das „Anwohnerschutzkonzept“in Kraft. „Der Zugang zum Stadion über die Torhaus-Treppe und den Rodenhof ist aber grundsätzlich möglich“, sagt
Dräger-Pitz, „wir haben das Spiel aufgrund der zahlreichen organisierten Fans beider Lager als RotSpiel eingestuft, rechnen aber mit einem ruhigen Abend.“
Nach Siegen gegen Zweitligist Karlsruher SC und die Bundesligisten Bayern München und Eintracht Frankfurt soll mit den Fohlen der nächste Favorit auf dem schlechten Rasen im Park seine Pokalambitionen zu Grabe tragen. Dabei stehen mit Manuel Zeitz und Boné Uaferro noch zwei Spieler im FCS-Aufgebot, die 2019/20 unter Erfolgstrainer Lu
kas Kwasniok die Reise des damaligen Regionalligisten ins Halbfinale mit geprägt haben. Wobei der Kapitän die Leistung in der aktuellen Pokalsaison tatsächlich höher bewertet. „Von den Gegnern ist es in diesem Jahr natürlich noch mal krasser. Weil Bayern dabei war, gegen die man in seinem Leben normalerweise nie gewinnt“, sagte Zeitz.
Das 0:3 gegen Bayer war für Uaferro die einzige Niederlage in seinen neun DFB-Pokaleinsätzen. „Das ist mein Wettbewerb“, meinte der Innenverteidiger, der beim jüngsten 1:1 im Liga-Spiel bei Borussia Dortmund II wie Julius Biada und Calogero Rizzuto gesperrt fehlte. Die Personallage für Trainer Rüdiger Ziehl ist jetzt deutlich komfortabler: „Dortmund war eine Extremsituation. Jetzt haben wir wieder mehr Möglichkeiten, denn bis auf die Verletzten sind alle dabei.“
Der FCS hat Bayern geschlagen, der Rekordmeister am Wochenende die Gladbacher. „Das hat keine Relevanz. Wenn Leute sagen, Gladbach ist machbar, muss ich schmunzeln“, sagt Ziehl. Denn Fußball ist keine Mathematik, die Favoritenrolle liegt klar bei Gladbach. „Generell muss für eine unterklassige Mannschaft immer alles passen, um so weit zu kommen“, sagt Zeitz und beschwört die Leidensfähigkeit und Moral seiner Mannschaft: „Der Gegner wird wieder viel den Ball haben. Wir müssen erneut viel verteidigen, und in vielen Situationen brauchen wir auch wieder Glück.“Und einen überragenden Torwart. „Ich bereite mich auf die Dinge vor, die für mich wichtig sind – auch auf die Elfmeter“, sagt FCSSchlussmann und Pokalheld Tim Schreiber: „Ich war in Mathe immer schlecht, aber gegen Bayern haben wir ein Prozent Chance genutzt.“