Die Mainzer Hoffnung heißt Amiri
Der Winter-Neuzugang von Bayer Leverkusen will seine Mitspieler im Abstiegskampf mitreißen und gegen Union Berlin vorangehen.
Nadiem Amiri hat in neuer Umgebung nicht lange gebraucht, um ein Kardinalproblem zu identifizieren. „Man merkt, dass viele Blockaden drin haben. Ich habe mit den Jungs viel geredet“, erklärte der von Bayer Leverkusen verpflichtete Mittelfeldspieler, der beim ernüchternden 0:1 gegen Werder Bremen auf Anhieb als spielfreudiger Lichtblick auffiel. Anschließend richtete der Neuzugang sofort den Blick auf das so wichtige Heimspiel gegen den direkten Abstiegs-Konkurrenten Union Berlin an diesem Mittwoch (18.30 Uhr), in dem kurz vor dem närrischen Treiben der Stimmungsumschwung erfolgen soll.
Insbesondere Amiri will „die Mitspieler mit in mein Boot nehmen“. Denn: „Jeder muss jeden Tag positiv sein. Sonst wird das nichts.“Einfach gesagt für einen, der all die Rückschläge in dieser bislang von vorne bis hinten verkorksten Saison nicht mitgemacht hat. Aber deshalb haben sie ja den spielfreudigen Techniker geholt, für den der Tabellenführer keine Verwendung mehr hatte.
Weil sein Vertrag im Sommer ausgelaufen wäre, bezahlten die Rheinhessen angeblich nur 1,5 Millionen Euro Ablöse für den 27-Jährigen. Ein Schnäppchen für die hohe Veranlagung, die Amiri beim Heimdebüt sofort einbrachte. Fast jede gescheite Aktion lief über ihn, dazu riss er die Mannschaft und die Zuschauer mit vielen Gesten mit. Sportdirektor Martin Schmidt lobte anschließend: „Nadiem tut uns im Kreativspiel gut, weil er sich jeden Ball schnappt und durchs Mittelfeld dribbelt. Damit schafft er Räume und Überzahl.“Ein klassischer Zehner, der damit zur Konkurrenz für das zuletzt fehlende Toptalent Brajan Gruda wird.
„Ich glaube, ich konnte der Mannschaft viel mitgeben. Zum Ende war ich sehr platt“, sagte Amiri, der in der Schlussphase mit einem Wadenkrampf rausmusste. Doch schonen soll ihn Trainer Jan Siewert im Kellerduell gegen die Köpenicker bitte nicht: „Ich hatte jahrelang englische Wochen gehabt, das ist für mich kein Problem.“Für ihn war der jüngste Auftritt dennoch eine Art Neuanfang: „Wir können stolz sein, das Stadion hat gelebt, die Mannschaft hat gelebt.“
Setzt der in der Jugend bei Waldhof Mannheim und dem 1. FC Kaiserslautern ausgebildete und später bei der TSG Hoffenheim zu einem Bundesligaspieler entwickelte Wintereinkauf die ersten Eindrücke fort, dann könnte sich auch Vorstand Christian Heidel bestätigt fühlen, der den Transfer so begründet hatte: „Er hat uns davon überzeugt, dass er im Abstiegskampf sofort anpacken will und wird. Als gebürtiger Rheinland-Pfälzer ist es für Nadiem auch ein kleines Heimkommen.“
Geboren ist Amiri in Ludwigshafen. Seine Eltern waren bereits in den Achtzigern aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Sein mittlerweile für Hanauer SC 1960 spielender Cousin Zubayr Amiri wurde in seiner Zeit beim SC Hessen Dreieich sogar noch afghanischer Nationalspieler, während Nadiem Amiri fünf Mal für die deutsche Nationalelf auflief. Debütieren durfte er unter Joachim Löw im Herbst 2019 in einem rasanten Testspiel in Dortmund gegen Argentinien (2:2), sein letzter Einsatz erfolgte ein Jahr später in einem trostlosen Kick gegen Tschechien (1:0), als in Leipzig inmitten der Corona-Krise keine Zuschauer zugelassen waren.
Das Kapitel A-Nationalmannschaft war für ihn danach beendet, Stefan Kuntz nominierte ihn aber 2021 noch für die Olympia-Auswahl, die allerdings in Tokio in einem ebenfalls tristen Ambiente wegen der Pandemie in der Gruppenphase ausschied. Amiri stand immerhin in allen Partien in der Startelf. Nun will er sich voll und ganz dem Abstiegskampf in der Bundesliga widmen.
„Als gebürtiger Rheinland-Pfälzer ist es für Nadiem auch ein kleines Heimkommen.“Christian Heidel, Vorstand des FSV Mainz 05, über den Winter-Neuzugang aus Leverkusen