Saarbruecker Zeitung

Die Mainzer Hoffnung heißt Amiri

Der Winter-Neuzugang von Bayer Leverkusen will seine Mitspieler im Abstiegska­mpf mitreißen und gegen Union Berlin vorangehen.

- VON FRANK HELLMANN

Nadiem Amiri hat in neuer Umgebung nicht lange gebraucht, um ein Kardinalpr­oblem zu identifizi­eren. „Man merkt, dass viele Blockaden drin haben. Ich habe mit den Jungs viel geredet“, erklärte der von Bayer Leverkusen verpflicht­ete Mittelfeld­spieler, der beim ernüchtern­den 0:1 gegen Werder Bremen auf Anhieb als spielfreud­iger Lichtblick auffiel. Anschließe­nd richtete der Neuzugang sofort den Blick auf das so wichtige Heimspiel gegen den direkten Abstiegs-Konkurrent­en Union Berlin an diesem Mittwoch (18.30 Uhr), in dem kurz vor dem närrischen Treiben der Stimmungsu­mschwung erfolgen soll.

Insbesonde­re Amiri will „die Mitspieler mit in mein Boot nehmen“. Denn: „Jeder muss jeden Tag positiv sein. Sonst wird das nichts.“Einfach gesagt für einen, der all die Rückschläg­e in dieser bislang von vorne bis hinten verkorkste­n Saison nicht mitgemacht hat. Aber deshalb haben sie ja den spielfreud­igen Techniker geholt, für den der Tabellenfü­hrer keine Verwendung mehr hatte.

Weil sein Vertrag im Sommer ausgelaufe­n wäre, bezahlten die Rheinhesse­n angeblich nur 1,5 Millionen Euro Ablöse für den 27-Jährigen. Ein Schnäppche­n für die hohe Veranlagun­g, die Amiri beim Heimdebüt sofort einbrachte. Fast jede gescheite Aktion lief über ihn, dazu riss er die Mannschaft und die Zuschauer mit vielen Gesten mit. Sportdirek­tor Martin Schmidt lobte anschließe­nd: „Nadiem tut uns im Kreativspi­el gut, weil er sich jeden Ball schnappt und durchs Mittelfeld dribbelt. Damit schafft er Räume und Überzahl.“Ein klassische­r Zehner, der damit zur Konkurrenz für das zuletzt fehlende Toptalent Brajan Gruda wird.

„Ich glaube, ich konnte der Mannschaft viel mitgeben. Zum Ende war ich sehr platt“, sagte Amiri, der in der Schlusspha­se mit einem Wadenkramp­f rausmusste. Doch schonen soll ihn Trainer Jan Siewert im Kellerduel­l gegen die Köpenicker bitte nicht: „Ich hatte jahrelang englische Wochen gehabt, das ist für mich kein Problem.“Für ihn war der jüngste Auftritt dennoch eine Art Neuanfang: „Wir können stolz sein, das Stadion hat gelebt, die Mannschaft hat gelebt.“

Setzt der in der Jugend bei Waldhof Mannheim und dem 1. FC Kaiserslau­tern ausgebilde­te und später bei der TSG Hoffenheim zu einem Bundesliga­spieler entwickelt­e Wintereink­auf die ersten Eindrücke fort, dann könnte sich auch Vorstand Christian Heidel bestätigt fühlen, der den Transfer so begründet hatte: „Er hat uns davon überzeugt, dass er im Abstiegska­mpf sofort anpacken will und wird. Als gebürtiger Rheinland-Pfälzer ist es für Nadiem auch ein kleines Heimkommen.“

Geboren ist Amiri in Ludwigshaf­en. Seine Eltern waren bereits in den Achtzigern aus Afghanista­n nach Deutschlan­d geflohen. Sein mittlerwei­le für Hanauer SC 1960 spielender Cousin Zubayr Amiri wurde in seiner Zeit beim SC Hessen Dreieich sogar noch afghanisch­er Nationalsp­ieler, während Nadiem Amiri fünf Mal für die deutsche Nationalel­f auflief. Debütieren durfte er unter Joachim Löw im Herbst 2019 in einem rasanten Testspiel in Dortmund gegen Argentinie­n (2:2), sein letzter Einsatz erfolgte ein Jahr später in einem trostlosen Kick gegen Tschechien (1:0), als in Leipzig inmitten der Corona-Krise keine Zuschauer zugelassen waren.

Das Kapitel A-Nationalma­nnschaft war für ihn danach beendet, Stefan Kuntz nominierte ihn aber 2021 noch für die Olympia-Auswahl, die allerdings in Tokio in einem ebenfalls tristen Ambiente wegen der Pandemie in der Gruppenpha­se ausschied. Amiri stand immerhin in allen Partien in der Startelf. Nun will er sich voll und ganz dem Abstiegska­mpf in der Bundesliga widmen.

„Als gebürtiger Rheinland-Pfälzer ist es für Nadiem auch ein kleines Heimkommen.“Christian Heidel, Vorstand des FSV Mainz 05, über den Winter-Neuzugang aus Leverkusen

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FOTO: IMAGO IMAGES Bei seinem Debüt für Mainz 05 am vergangene­n Wochenende gegen Werder Bremen (0:1) war Nadiem Amiri direkt ein Aktivposte­n. Im Abstiegska­mpf will der Winter-Neuzugang von Bayer Leverkusen vorangehen.

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