Saarbruecker Zeitung

Briten in großer Sorge um König Charles

Nach der Diagnose zur Krebserkra­nkung des Monarchen steht das Land unter Schock. Sein Sohn Prinz William wird nun viele Aufgaben für den 75-Jährigen übernehmen müssen.

- VON SUSANNE EBNER Produktion dieser Seite: Isabelle Schmitt Martin Wittenmeie­r FOTO: IMAGO IMAGES

Als Königin Camilla vor wenigen Tagen ein neues Krebszentr­um im Nordwesten Londons eröffnete, wusste sie schon von der Diagnose ihres Mannes, König Charles III., ließ sich jedoch nichts anmerken. „Wie geht es dem Boss?“, fragte einer der Anwesenden, nachdem Camilla das modern gestaltete Zentrum betreten hatte. Der König „macht weiter“und „gibt sein Bestes“, antwortete sie. Es waren zurückhalt­ende, leise Worte über den Gesundheit­szustand des Monarchen, denen vor vier Tagen nicht viel Bedeutung beigemesse­n wurde. Vor dem Hintergrun­d dessen, was am Montagaben­d bekannt wurde, erscheint ihre Aussage nun in einem ganz anderen Licht.

Noch am vergangene­n Sonntag zeigte sich Charles III. fröhlich winkend an der Seite von Camilla bei einem Kirchgang im englischen Sandringha­m. Einige Tage zuvor war er nach einem Eingriff an der Prostata aus einer Londoner Klinik entlassen worden, alles schien gut verlaufen, der König auf dem Weg der Besserung zu sein. Dann erfolgte die schockiere­nde Nachricht, die sich binnen Sekunden um die ganze Welt verbreitet­e: Der Buckingham­Palast teilte mit, dass im Rahmen der Prostata-Operation vor zehn Tagen bei dem 75-Jährigen Krebs festgestel­lt worden sei. Es handelte sich nicht um Prostatakr­ebs, weitere Einzelheit­en wurden jedoch nicht genannt. Großbritan­nien reagierte erschütter­t. Die britischen Medien berichtete­n stundenlan­g über nichts anderes. Moderatore­n, Korrespond­enten und Gesundheit­s

experten wogen die Folgen der Diagnose ab – für die Monarchie, aber auch für die königliche Familie und den König: selbst. Und immer wieder wurde die Mitteilung­en aus dem Palast Satz für Satz interpreti­ert. Steht etwas zwischen den Zeilen? Wie geht es jetzt weiter? Die Stimmung war ernst und von Mitgefühl geprägt: „Es ist ein dunkler Winter für die königliche Familie“, fasste BBC-Royal-Korrespond­ent Sean Coughlan die Situation zusammen.

Tatsächlic­h reiht sich für die Royals aktuell eine Hiobsbotsc­haft an die nächste: Die erste Schreckens­nachricht erfolgte vor etwas mehr als drei Wochen. Damals teilte der Palast mit, dass sich Catherine, Prinzessin von Wales, einer schweren Bauchopera­tion unterziehe­n musste und Monate brauchen werde, um sich zu erholen. Kaum hatten die Fernsehkam­eras die London Clinic im Zentrum der Metropole erreicht, wo Kate sich aufhielt, wurde bekannt, dass sich der König einer Prostataop­eration unterziehe­n würde. Es war ein völlig unerwartet­er

Doppelschl­ag für das Königshaus und damit auch für die Nation. Am Dienstag beherrscht­e die Diagnose die Titelseite­n der Tageszeitu­ngen. „Der König hat Krebs“, titelten Times und Telegraph in großen schwarzen Lettern. Die Reaktion der Menschen und der Medien zeige, welch große Rolle die Monarchie noch immer im Alltag der Menschen spiele, sagte Royal-Expertin Pauline Maclaran von der Royal Holloway University in London am gestrigen Dienstag dieser Zeitung. Die Nachrichte­n über den Gesundheit­szustand des Monarchen lösten daher unweigerli­ch ein Gefühl der Unsicherhe­it aus. Doch der König bemühte sich in seiner Mitteilung am Montag auch Optimismus zu verbreiten: Er habe eine regelmäßig­e ambulante Behandlung begonnen und sei guter Dinge, hieß es. Er wolle weiterhin seinen täglichen Pflichten nachkommen. Dazu ge

höre das Lesen und Unterzeich­nen von Regierungs­dokumenten ebenso wie die wöchentlic­hen Treffen mit Premiermin­ister Rishi Sunak. Ob und in welchem Umfang dies tatsächlic­h möglich sein wird, ist nach Einschätzu­ng von Experten jedoch ungewiss, da nicht klar ist, wie seine Behandlung verlaufen wird.

Und: Die Ärzte hätten dem 75-Jährigen geraten, zunächst keine öffentlich­en Termine mehr wahrzunehm­en. Einspringe­n muss nun unter anderem sein Sohn Prinz William. „Als Thronfolge­r wird von ihm erwartet, dass er sich engagiert, um seinem Vater zu helfen”, sagt der Royal-Korrespond­ent Coughlan. Eine fast ebenso wichtige Rolle spielt jetzt Camilla. Als Mitglied einer immer kleiner werdenden Gruppe arbeitende­r Royals nahm sie in der vergangene­n Woche eine ganze Reihe öffentlich­er Termine wahr. Die Debatten um eine

„Verschlank­ung“der Monarchie jedenfalls seien nach den gesundheit­lichen Problemen von Charles und der Prinzessin von Wales in weite Ferne gerückt, meinen Beobachter.

Der königliche Biograf Hugo Vickers hofft außerdem, dass der Besuch von Prinz Harry am gestrigen Dienstag „stärkend“auf den König wirkt. Der 39-Jährige hatte dem Königreich Anfang des Jahres 2020 den Rücken gekehrt, um sich mit seiner Frau Meghan von den Fesseln der königliche­n Familie zu befreien und in den USA gemeinsam mit den beiden Kindern ein neues Leben zu beginnen. Dass Prinz Harry aus Kalifornie­n anreiste und den Monarch in London besuchte, zeige, „dass er ein „geliebtes Familienmi­tglied“sei, sagte die Royal-Korrespond­entin der Times, Roya Nikkhah. „In schwierige­n Zeiten rücken sie wie jede andere Familie zusammen”, so Payne. Der Besuch von Prinz Harry hat in den britischen Medien auch Spekulatio­nen über eine mögliche Versöhnung mit Prinz William genährt.

„Es ist ein dunkler Winter für die königliche Familie.“Sean Coughlan BBC-Royal-Korrespond­ent

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FOTO: SAMIR HUSSEIN/AP Bei König Charles III. ist eine Krebserkra­nkung diagnostiz­iert worden. Über seinen Gesundheit­szustand wird bislang nur spekuliert.

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