Saarbruecker Zeitung

Merz buhlt doch wieder um den „Hauptgegne­r“Grüne

In der Union herrscht Verwunderu­ng über die von CDU- Chef Friedrich Merz begonnene Koalitions­debatte mit Blick auf die Grünen. Die CSU ist verärgert.

- VON HAGEN STRAUSS Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Gerrit Dauelsberg

Die „Pizza-Connection“ist legendär. Sie war beginnend in den 1990er Jahren ein vertraulic­her Zirkel aus jungen Abgeordnet­en der Union und der Grünen bei einem Bonner Italiener. Über Jahre hielt die „Connection“, mal mehr, mal weniger. Das Ziel: Irgendwann einmal SchwarzGrü­n im Bund. Mit dabei damals: Peter Altmaier.

Wie viele der Unions-Teilnehmer machte er Karriere. Und einer wie der frühere Wirtschaft­sminister lobt daher nun Parteichef Friedrich Merz, weil der plötzlich die Debatte über eine schwarz-grüne Option nach der Bundestags­wahl neu entfacht hat. Sind die Grünen also nicht mehr der „Hauptgegne­r im Bund“, wie Merz einst meinte? Die CSU ist bereits auf der Palme.

Altmaier galt stets als Befürworte­r einer Öffnung der Union hin zu den Grünen, auch wenn er zuletzt die Industriep­olitik seines Nachfolger­s Robert Habeck kritisiert­e. Sein Urteil fällt nun so aus: „Friedrich Merz hat etwas ganz Selbstvers­tändliches gesagt: Die demokratis­chen Parteien CDU, FDP, Grüne und SPD müssen prinzipiel­l miteinande­r koalitions­fähig sein“, so der Saarländer zu unserer Redaktion. „Im Übrigen stellen Hendrik Wüst, Daniel Günther und Manuel Hagel jeden Tag in ihren Bundesländ­ern unter Beweis, dass auch mit Grünen erfolgreic­he Unionspoli­tik möglich ist.“Genau die Genannten waren seinerzeit nicht begeistert, als Merz sich auf die Grünen einschoss. Regiert man doch zusammen im Großen und Ganzen reibungslo­s in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und als Junior

partner in Baden-Württember­g. Die Verstimmun­gen von damals sollen aber ausgeräumt sein.

Ziel der CDU als große Volksparte­i der Mitte sei es, so Altmaier weiter, in Wahlen so stark zu sein, dass die Union danach mehrere Koalitions­partner zur Auswahl habe. Und auch Friedrich Merz kann ja rechnen – durchaus möglich ist, dass nach der Bundestags­wahl im Herbst 2025 an einem Bündnis der Union mit den Grünen, ob in einer Zweier- oder Dreierkons­tellation, kein Weg vorbeigeht. Insofern, wird geunkt, mache sich der Sauerlände­r jetzt wieder etwas geschmeidi­ger. Ohnehin soll er gute Kontakte zur Parteispit­ze Ricarda Lang und Omid Nouripour sowie zu Robert Habeck pflegen. Weniger zu den beiden Fraktionsv­orsitzende­n Britta Haßelmann und Katharina Dröge, die ihn im Plenum regelmäßig persönlich attackiere­n. Auffallend ist jedenfalls, dass Merz zuletzt vor allem die Ampel insgesamt oder die SPD angriff. Wie kürzlich in der Generaldeb­atte zum Kanzlereta­t.

Bis zur Bundestags­wahl sind es allerdings noch anderthalb Jahre.

Merz muss erst einmal die K-Frage für sich entscheide­n und die Union dann als klarer Sieger vom Platz gehen. Deswegen zeigten sich einige in der Partei verwundert über den Zeitpunkt der angestoßen­en Koalitions­debatte. Darüber hinaus franst das Parteiensp­ektrum durch AfD, BSW und eventuell Werteunion weiter aus, was eine Koalitions­findung nicht einfacher macht. In seiner E-Mail an seine Anhänger nannte Merz SPD und Grüne als mögliche Partner für den Fall, dass es für eine Koalition mit der FDP nicht reichen sollte. „Keine besonders verlockend­e Aussicht, aber eine regierungs­fähige Mehrheit muss es geben“, schrieb er. Merz nannte dabei das Beispiel Hessen. Dort habe Ministerpr­äsident Boris Rhein mit Grünen und SPD sondiert. Hätte er dies nicht getan, „die SPD wäre viel selbstbewu­sster aufgetrete­n“, so

Merz. Am Ende entschied sich Rhein für die Sozialdemo­kraten.

Schwarz-Grün wäre „auf jeden Fall eine Option“, meinte Grünen-Chefin Lang prompt. Von einer Kurskorrek­tur will man in der Union aber nichts wissen. Es heißt, es bleibe bei der klaren Abgrenzung, auch, weil die Basis dies erwarte. Pikiert reagierte die CSU auf die Diskussion. Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt, alles andere als ein Freund der Grünen, sagte unserer Redaktion: „Diese links-grüne Bevormundu­ngs- und Umerziehun­gspolitik muss beendet werden. Die Grünen werden dabei eher Gegner als Partner sein.“Eine klare Absage also an Schwarz-Grün – und an die Gedankensp­iele von Friedrich Merz.

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Für seinen Vorstoß erhält CDU-Chef Friedrich Merz auch Zustimmung aus der Partei.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Für seinen Vorstoß erhält CDU-Chef Friedrich Merz auch Zustimmung aus der Partei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany