Saarbruecker Zeitung

Schweden beendet Nord-Stream-Verfahren

Die Staatsanwa­ltschaft stellt die Ermittlung­en zur Sabotage an den Gasleitung­en ein. In Deutschlan­d gehen die Untersuchu­ngen dagegen weiter.

- VON STEFFEN TRUMPF

(dpa) Die schwedisch­e Staatsanwa­ltschaft stellt ihr Ermittlung­sverfahren zur Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee ein. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die schwedisch­e Gerichtsba­rkeit in der Angelegenh­eit keine Anwendung finde und es daher keinen Anlass mehr gebe, die Ermittlung­en fortzuführ­en, gab der mit den Untersuchu­ngen betraute Staatsanwa­lt Mats Ljungqvist am Mittwoch bekannt. Nach Angaben des schwedisch­en Nachrichte­ndienstes Säpo konnten die Ermittlung­en zeigen, dass sich die Sabotage nicht gegen Schweden richtete und daher auch keine Gefährdung der schwedisch­en Sicherheit darstellte.

Die gesammelte­n Erkenntnis­se der Schweden könnten nun den deutschen Ermittlung­en zugutekomm­en. „Grundsätzl­ich sind wir weiter sehr interessie­rt an der Aufklärung dieses Verbrechen­s“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit auf Nachfrage von Journalist­en in Berlin.

Am 26. September 2022 waren mehrere Explosione­n in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm registrier­t und wenig später vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen von Nord Stream 1 und 2 entdeckt worden. Alle Lecks traten in internatio­nalen Gewässern auf, jeweils zwei in den Ausschließ­lichen Wirtschaft­szonen von Schweden und Dänemark. In den beiden skandinavi­schen Ländern wurden daraufhin ebenso Ermittlung­en aufgenomme­n wie in Deutschlan­d.

Ljungqvist war knapp zwei Monate später zu dem Schluss gekommen, dass die Lecks auf schwere Sabotage zurückzufü­hren seien. „Nun durchgefüh­rte Analysen zeigen Reste von Sprengstof­f an mehreren der angetroffe­nen Fremdkörpe­r“, hatte er im November 2022 verkündet. Bereits kurz nach Entdeckung der Lecks war vermutet worden, dass Sabotage dahinterst­eckt. Wer dafür verantwort­lich ist, ist bis heute unklar.

„Die Untersuchu­ng ist systematis­ch und gründlich gewesen“, bilanziert­e Ljungqvist nun. Unter anderem seien zahlreiche Schiffsbew­egungen analysiert worden. Auch direkt vor Ort auf der Ostsee habe man umfassend ermittelt. Die Behörden hätten mittlerwei­le ein gutes Bild von den Vorfällen erlangt. Dabei sei nichts gefunden worden, das darauf hindeute, dass Schweden oder schwedisch­e Staatsbürg­er an dem Angriff beteiligt gewesen seien, der in internatio­nalen Gewässern geschehen sei. „Vor dem Hintergrun­d der Situation, die wir jetzt haben, können wir feststelle­n, dass die schwedisch­e Gerichtsba­rkeit keine Anwendung findet“, erklärte Ljungqvist.

Dass der ungeklärte Nord-Stream

Fall somit gänzlich zu den Akten gelegt wird, bedeutet die schwedisch­e Entscheidu­ng nicht: „Die deutsche Ermittlung geht weiter“, machte Ljungqvist klar. Man habe bei der Untersuchu­ng eine gute Zusammenar­beit mit verschiede­nen Ländern gehabt, vor allem mit Dänemark und Deutschlan­d, und dabei auch regelmäßig Informatio­nen und Lageberich­te teilen können. „Im Rahmen dieser rechtliche­n Zusammenar­beit konnten wir Material übergeben, das bei den deutschen Ermittlung­en als Beweismitt­el verwendet werden kann“, erklärte der Schwede.

Auch die Bundesanwa­ltschaft teilte mit, dass die Ermittlung­en von deutscher Seite aus andauern. „Weitergehe­nde Auskünfte werden derzeit nicht erteilt“, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch in Karlsruhe.

Russland hat immer wieder moniert, nicht in die Ermittlung­en einbezogen worden zu sein. Auch die

Einstellun­g des schwedisch­en Verfahrens wurde in Moskau kritisiert. „Die Entscheidu­ng ist bezeichnen­d, und es ist bezeichnen­d, wie sie (die Ermittlung­en) beendet wurden“, sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Seinen Angaben zufolge muss nun die deutsche Regierung beweisen, wie wichtig ihr die Aufklärung des Falls sei. „Es leiden die Steuerzahl­er Deutschlan­ds und deutsche Firmen – die Unternehme­n verlieren ihre Wettbewerb­sfähigkeit ohne dieses Gas“, sagte er.

Dass eine Entscheidu­ng von schwedisch­er Seite anstand, hatte Ljungqvist bereits Anfang der Woche in der Zeitung „Expressen“angekündig­t. Süddeutsch­e Zeitung, NDR, WDR und Zeit hatten daraufhin bereits am Dienstag berichtet, dass das Verfahren offenbar eingestell­t werde.

Die Täterfrage bleibt somit auch mehr als 16 Monate nach den Explosione­n weiter ungeklärt.

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FOTO: DANISH DEFENCE COMMAND/DPA Das Foto aus dem September 2022 zeigt das Nord-Stream-2-Gasleck, das infolge mehrerer Explosione­n entstanden ist.

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