Nur noch sechs Bereitschaftsdienstpraxen
Die Vertreterversammlung der Kassenärzte im Saarland billigt die Reduzierung von derzeit zwölf auf sechs Standorte ab Januar 2025.
Ab Januar 2025 wird die Kassenärztliche Vereinigung Saarland (KVS) die Zahl der Bereitschaftsdienstpraxen deutlich reduzieren. Die Praxis am Dillinger Krankenhaus ist bereits seit Ende vergangenen Jahres geschlossen. Von den derzeit zwölf Bereitschaftsdienstpraxen im Saarland, in denen niedergelassenen Ärzte außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten eine medizinische Notversorgung sicherstellen, werden Ende dieses Jahres sechs weitere geschlossen.
Dem entsprechenden Vorschlag des Vorstandes der KVS hat am Mittwoch Nachmittag die Vertreterversammlung der KVS, also das Parlament der Kassenärzte, zugestimmt.
Demnach ist geplant, die Bereitschaftsdienstpraxen in Losheim am See, Püttlingen, Sulzbach, Neunkirchen, St. Ingbert sowie im Saarbrücker Caritas-Klinikum Ende dieses Jahres zu schließen. Die KVS begründet die Reduzierung der Bereitschaftsdienststandorte vor allem mit dem weiter zunehmenden Personalmangel sowohl bei den Ärzten als auch bei den medizinischen Fachangestellten. Weiter betrieben werden die Bereitschaftsdienstpraxen in Merzig, Saarlouis, im Saarbrücker Winterberg-Klinikum, in Homburg, St. Wendel und Lebach.
Allerdings ist noch nicht klar, ob die verbleibenden Bereitschaftsdienstpraxen weiterhin nur außerhalb der Sprechstundenzeiten der Haus- und Fachärzte besetzt sein werden, also in den Abendstunden sowie an Wochenenden und Feiertagen, oder ob der Bereitschaftsdienst rund um die Uhr an allen Tagen des
Jahres zur Verfügung stehen muss. Das wird von der Krankenhausreform des Bundes abhängen, die sich weiter verzögert. Der Gesetzentwurf des Bundes sieht einen Betrieb nur außerhalb der normalen Sprechstundenzeiten und bis 21 Uhr an allen Tagen vor.
Es ist auch schon bekannt, dass die Krankenhausreform des Bundes zu einer engen Verzahnung der Bereitschaftsdienstpraxen und der Notaufnahmen der Krankenhäuser führen soll. Die Bereitschaftsdienste der niedergelassenen Ärzte sollen dann alle in Kliniken angesiedelt werden. Im Saarland ist das bereits heute der Fall.
Allerdings haben sich alle sechs saarländischen Krankenhäuser, in denen die niedergelassenen Ärzte weiterhin Bereitschaftsdienste anbieten wollen, in Gesprächen mit der KVS bereit erklärt, angemessene und teilweise neue Räume zur Verfügung zu stellen.
Zukünftig soll es für Bereitschaftsdienst und Notaufnahme auch eine gemeinsame Anmeldung für alle Patienten geben, ein sogenannter Tresen. Medizinisch geschultes Personal soll dort entscheiden, ob ein Patient zum Bereitschaftsdienst oder in die Notaufnahme geschickt wird.
Da sich die Patienten im Saarland ab Januar 2025 auf weniger Bereitschaftsdienstpraxen verteilen müssen, wird der Andrang an den verbliebenen Standorten deutlich steigen. Dieses Problem wird sich angesichts des demografischen Wandels weiter verschärfen – die Zahl der Menschen im jüngeren Alter sinkt, gleichzeitig steigt die Zahl der Älteren, die häufiger krank sind.
Daher überlegt die KVS, in den sechs verbleibenden Praxen das Personal zu verstärken. Derzeit arbeiten in den meisten Bereitschaftsdienstpraxen jeweils zwei Ärzte, von denen einer Hausbesuche macht.
Der Reformentwurf des Bundes sieht auch vor, dass Bereitschaftsärzte Videosprechstunden anbieten sollen. Zudem sollen Bereitschaftsärzte rund um die Uhr zu Hausbesuchen bei Patienten verpflichtet werden, die ihre Wohnungen nicht mehr verlassen können.
Wird der Plan zur Reduzierung der Bereitschaftsdienstpraxen im Saarland wirklich umgesetzt, werden einige Patienten längere Anfahrtswege haben. Die KVS hat die Standorte der verbleibenden Bereitschaftsdienste so ausgewählt, dass
„Jeder Patient im Saarland soll nach höchsten 30 Minuten Fahrzeit die nächstgelegene Bereitschaftsdienstpraxis erreichen können.“Thomas Rehlinger Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland
jeder Bürger im Saarland nach rund 30 Minuten Fahrzeit im Auto eine dieser Praxen erreichen kann. Diese Überlegungen haben dazu geführt, dass es im Kreis Neunkirchen keine Bereitschaftsdienstpraxis mehr geben wird. Allerdings wird dort im Marienhaus-Klinikum weiterhin ein Bereitschaftsdienst für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen.
Im Bundesvergleich hat das Saarland derzeit eine überdurchschnittlich hohe Dichte an Bereitschaftsdienstpraxen. Viele Ärzte haben den Eindruck, dass dieses große Angebot Patienten auch ohne Not dazu verleitet, den Bereitschaftsdienst aufzusuchen – einige aus Bequemlichkeit, weil sie sich wochentags und tagsüber nicht in überfüllte Wartezimmer setzen wollen. Derzeit kommen immer wieder Patienten mit banalen Beschwerden, für die die Bereitschaftsdienste gar nicht gedacht sind. Eine fachärztliche Überprüfung in der Notaufnahme des Saarbrücker Caritas-Klinikums am vergangenen Wochenende, geleitet vom Vorstand der Vertreterversammlung, hat das bestätigt.
Möglicherweise muss die geplante Reform der Bereitschaftsdienste im Saarland nochmals überarbeitet werden. Das hat mit einem Urteil des Bundessozialgerichts zu tun. Es geht darin um sogenannte Poolärzte, die freiwillig Bereitschaftsdienste übernehmen. Niedergelassene Ärzte mit einer Kassenzulassung sind grundsätzlich verpflichtet, Bereitschaftsdienste in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen zu übernehmen und persönlich durchzuführen.
Die Bereitschaftsdienstordnung im Saarland gesteht den Ärzten jedoch zu, sich im Bereitschaftsdienst vertreten zu lassen. Diese Vertretung können Ärzte übernehmen, die im Saarland nicht niedergelassen sind, weil sie beispielsweise bereits in Rente sind oder aus anderen Gründen nicht mehr regelmäßig arbeiten. Diese Vertretungsärzte werden als Poolärzte bezeichnet.
Wurden die Dienste der Poolärzte bislang als selbstständige Tätigkeit eingestuft, weswegen keine Sozialversicherungspflicht mit entsprechenden Sozialabgaben bestand, hat das Bundessozialgericht vor Kurzem im Fall eines in BadenWürttemberg tätigen Zahnarztes entschieden, dass Poolärzte nicht automatisch selbstständig sind.
Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Da die Kassenärztlichen Vereinigungen den Bereitschaftsdienst organisieren, geben sie die Rahmenbedingungen und Handlungsabläufe in den Praxen vor und verantworten als Betreiber die Qualitätssicherung. Damit sind die Poolärzte bei ihrer Tätigkeit im Bereitschaftsdienst in die Betriebsorganisation der Kassenärztlichen Vereinigungen eingegliedert. Damit seien sie nicht selbstständig, sondern als abhängig Beschäftigte tätig und unterlägen somit der Sozialversicherungspflicht.
Die KVS erklärt, durch die Sozialversicherungspflicht kämen auf die Kassenärztlichen Vereinigungen finanziell und logistisch nicht zu stemmende Mehrbelastungen zu. Daher müssten die Poolärzte möglicherweise aus der Versorgung genommen werden. Auf die zum Bereitschaftsdienst verpflichteten niedergelassenen Ärzte und Medizinischen Versorgungszentren könnten dann erhebliche Mehrbelastungen zukommen.